Emmerich und die Blockbuster made in America - das war bisher meistens unterhaltsam, aber garantiert hirnfrei und voller Patriotengesülze. Mit “Day After Tomorrow” wollte er sich nun auf neues Terrain begeben, ein momentan recht brisantes Thema, nämlich die globale Erderwärmung, integrieren, sodass er unterhalten und den warnenden Zeigefinger gleichzeitig heben konnte. Heraus kam wieder ein Popcornfilm, wie man ihn erwarten durfte, enttäuscht kann man deshalb nicht sein.
Der amerikanische Schwabe lässt sein Szenario einer weltweiten Klimaveränderung viel unmittelbarer auf die Menschheit hereinbrechen, als dies in der Realität wohl jemals geschehen wird. Von einem Tag auf den anderen fallen steinsgroße Hagelkörner vom Himmel, gewaltige Tornados und Flutwellen legen ganze Metropolen lahm, die Temperatur sinkt unter -100° Celsius und die nächste Eiszeit ist nur 8-10 Tage entfernt, was zur Folge hat, dass fast die komplette nördliche Erdhalbkugel unter einer Schneedecke begraben liegt. Dass Emmerich mit dem unmittelbaren Hereinbrechen der Ereignisse übertreibt, sollte klar sein, doch dafür befinden wir und ja in einem angekündigten Sommerblockbuster mit ernster Botschaft, da kann man das schon einmal verzeihen.
Inszenatorisch hat man alles getan, um die ernsthafte Bedrohung für die Menschheit so furchteinflößend wie nur irgend möglich aussehen zu lassen. Sobald sich der Himmel verdunkelt, mehrere Tornados Los Angeles verwüsten und eine Flutwelle über die New York hereinbricht, herrscht im Kinosaal durchaus apokalyptische und unheilvolle Stimmung. Wenn man weiß, dass uns das in Zukunft auch blühen kann, wenn auch wohl nur in wenig leidvollerem Maße, kann einem schon Angst und Bange werden.
Emmerich nutzt das Medium Film nebenbei zum ersten Mal für politische Kritik, vor allem die amerikanische Regierung - man höre und staune - hat er im Visier, wo wehende Stars and Stripes doch bisher Markenzeichen eines Emmerich-Films waren. Hier allerdings stellt sich besonders der Vizepräsident als ignorantes Arschloch heraus, der auf die frühen Warnungen des Klimaexperten Jack Hall nicht hören will, später aber immerhin seinen Fehler einsieht. Die Erwähnung des Kyoto-Protokolls, das von der Regierung Bush bekanntlich nicht unterzeichnet wurde sowie das ironische Szenario, dass plötzlich die Amis über den Rio Grande nach Mexiko fliehen, weil das für den Moment der einzige sichere Ort ist, sind weitere Seitenhiebe auf die USA.
Durchaus mutig von Emmerich, leider hat er ansonsten alles ziemlich nach Schema F konstruiert. Die Einzelschicksale gehen nicht wirklich zu Herzen, was auch daran liegt, dass die Charaktere viel zu schablonenhaft sind. Tiefgründiges auf diesen Sektor sollte man also nicht erwarten, was auch gar nicht so einfach ist, wenn man so viele Figuren in einem Film unterbringen muss, in dem eigentlich sowieso die Effekte der Star sind. Bekannte Gesichter sind lediglich Jake Gyllenhaal, der jedoch völlig unterfordert bleibt, sowie Dennis Quaid, den Arne Elsholz aber viel zu emotionslos und gelangweilt synchronisiert.
Glaubwürdig ist das Verhalten der Figuren nicht immer, beispielsweise schließen sich Hall ohne weiteres Leute aus seinem Forschungsteam an, einen aussichtslosen Marsch nach New York zu wagen, wo Halls Sohn in einer Bibliothek festsitzt. Schließlich fallen zwei Wissenschaftler aus der Gruppe den Witterungen zum Opfer, nur um einen Jungen zu retten, von dem nicht einmal sicher ist, dass er noch lebt. In solchen Situationen Fingerspitzengefühl zu beweisen, ist nicht Emmerichs Stärke, sodass manchmal trotz aller Ernsthaftigkeit unfreiwillige Komik mit im Spiel ist. Vielleicht sollte er das Drehbuch das nächste Mal Leuten überlassen, die davon Ahnung haben.
Nichtsdestotrotz ist “The Day After Tomorrow” ein recht gelungener Katastrophenfilm, der zumindest ansatzweise versucht, eine drohende Zukunft realistisch in Szene zu setzen. Dass das nicht immer gelingt, liegt natürlich auch daran, dass Kassenmagneten wie dieser in erster Linie zur Unterhaltung gedacht sind, was Emmerich wieder einmal geschafft hat. Nebenbei sind die Computereffekte wohl die beeindruckendsten, die man dieses Jahr im Kino bestaunen darf, da wird wohl keiner mehr dran vorbeiziehen.