Mit „The Day After Tomorrow“ bringt Roland Emmerich mal wieder Weltuntergang und Zerstörung auf die Leinwand – aber in erwachsenerer Form als früher.
Jack Hall (Dennis Quaid) ist Klimatologe, der eine globale Erwärmung in der Vergangenheit mittels Bohrungen im ewigen Eis erforscht. Doch bei einer dieser Bohrungen wird es für ihn und seine Kollegen ausgesprochen brenzlig, denn die Eisscholle bricht auseinander. Dennoch rettet Jack entschlossen nicht nur sich, sondern auch die Forschungsergebnisse. Auch wenn Emmerich sich in „The Day After Tomorrow“ erwachsener gibt: Der Actionappetizer darf nicht fehlen, denn eine andere Bedeutung hat die Anfangsszene eigentlich nicht.
Jack stellt fest, dass damals die Polarkappen aufgrund einer globalen Erwärmung schmolzen – so wie man es heutzutage beobachten kann. Dies veränderte damals die Temperatur eines wichtigen Meeresstromes, was wiederum gewaltige Unwetter und eine Eiszeit zur Folge hatte. Doch als er diese Ergebnisse vorstellt, wollen ihm viele nicht zuhören; der US-Vizepräsident reagiert sogar ausgesprochen feindselig. Überraschenderweise wirft Emmerich hier seinen gewohnten Pathos über Bord und attackiert hier das sehr umweltfeindliche Verhalten der USA.
Jacks Warnungen, dass sich diese Katastrophe wiederholen könnte, werden schneller wahr, als er je geglaubt hatte: Es beginnen Unwetter von Rekordausmaßen überall auf der Welt. Während Jack die Regierung zur Einsicht zwingen will, hat er noch ganz andere Sorgen: Sein 17jähriger Sohn Sam (Jake Gyllenhaal) befindet sich mit Freunden in New York, um an einer Wissensolympiade teilzunehmen, doch die Stadt wird zu einem Unwetterzentrum...
Mit „The Day After Tomorrow“ hat Roland Emmerich ein Katastrophenszenario geschaffen, das überraschend realistisch ist. Damit ist nicht die unglaubwürdige Erklärung für die Unwetter gemeint oder die unglaubwürdige Schnelle des Ausbruchs, sondern wie die Charaktere auf den Untergang reagieren. Weder mit Sozialpädagogengelaber á la „Deep Impact“ noch mit markigen Sprüchen á la „Armageddon“, sondern so wie es wohl wirklich laufen würde: Ratlos. Mit ihrem Wissen versuchen sich die Figuren so gut durchzuschlagen wie es geht. Zwar gibt es auch ein paar ironische Stellen (z.B. die Szenen mit der mexikanischen Grenze), aber wirklich Gags sind dies nicht. Erfreulich ist der Verzicht auf Patriotismus und die Kritik am Verhalten vieler Amerikaner (vor allem durch die Figur des Vizepräsidenten vertreten).
Ebenfalls recht erwachsen ist die Einsatz der Spezialeffekte: Immer wieder schlägt die Natur in spektakulärer Form zu (Tornados, Flutwellen, Eiszeit usw.), aber dies wirkt nie aufdringlich oder übertrieben, sondern fügt sich gut über den Film verteilt in die Handlung ein. Zudem sind die Effekte wirklich absolute Oberklasse und wirken ziemlich realistisch (z.B. die Wölfe), woran sich viele andere Blockbuster mal eine Scheibe abschneiden könnten.
Die Handlung konzentriert sich in erster Linie auf Jacks Arbeit sowie die Versuche seinem zu helfen und Sams Überlebenskampf in New York. Hinzu kommt noch eine Anzahl von Subplots, aber diese beiden Handlungsstränge sind klar die wichtigsten. Dabei ist der Film vielleicht ab und zu etwas zu gemächlich, aber dafür kann Emmerich die Spannung immer wieder anheizen. Vor allem seine Cliffhanger sind brillant gesetzt (z.B. das Abblenden in gewissen Szenen), so dass man oft mitfiebert, wie es den Charakteren wohl ergangen ist. Andererseits kann er einige nerventreibende Einzelszenen fabrizieren (z.B. die mit den Wölfen). Nur ab und zu wirken diese Szenen gekünstelt (z.B. die mit der Tasche und dem Taxi).
Sehr positiv im Gegensatz zu anderen Emmerich-Werken fällt die sehr gute Darstellung im zwischenmenschlichen Bereich auf. Denn der Film ist auch hier interessant, wenn es gerade mal keine Zerstörungsorgie zu bestaunen gibt (im Gegensatz zu „Godzilla“). Man fühlt wirklich mit den Charakteren mit und Emmerich vermeidet überraschenderweise jeden Kitsch. So wirkt das Zeigen von Gefühlen immer realistisch und nie übertrieben, auch in dramatischen Momenten, wo die Kitschgefahr sehr groß ist.
Dennis Quaid spielt nach langer Zeit in der Versenkung mal wieder sehr gut auf und Nachwuchsdarsteller Jake Gyllenhaal steht ihm in nichts nach. Ian Holm macht seine Sache ebenfalls ordentlich und auch die Riege der Nebendarsteller agiert auch gehobenem Blockbusterniveau.
Auch wenn die Erklärung für die Klimakatastrophe unglaubwürdig ist und der Film ab und zu etwas behäbig ist, so erweist sich „The Day After Tomorrow“ dennoch als großer Blockbuster, der nicht nur mit atemberaubenden Effekten, sondern auch mit überzeugenden Charakteren und einer guten Storyline aufwarten kann.