Schon in der ersten, in der Arktis stattfindenden Sequenz von „The Day after Tomorrow“ werden drei Dinge offenbar:
1. Auch dieser Emmerich-Film kommt nicht ohne Großaufnahme der US-Flagge aus.
2. Der von Dennis Quaid verkörperte Filmheld Jack Hall ist nicht nur der klügste Mensch des Planeten (er wird nämlich als Einziger während der Katastrophe den vollen Durchblick haben), er ist dazu noch extrem mutig und erfüllt auch locker die physischen Voraussetzungen, die an den Kinohelden von heute gestellt werden.
3. Die in vielen Kritiken unverständlicherweise gelobten CGI-Effekte sind weit davon entfernt, state of the art zu sein. (Im weiteren Verlauf werden miserabel animierte Wölfe das noch deutlicher zeigen)
Nach dieser Einführung hält Quaid auf einer UN-Klimakonferenz einen Vortrag über die globale Erwärmung und wird von Arabern in voller Montur und von Delegierten eines nordafrikanischen Staates, die selbstverständlich alle einen Fez auf dem Kopf haben, befragt. Ob dieser Zurschaustellung infantilster Stereotype rechnete ich schon mit der nächsten Zwischenfrage des französischen Vertreters, der sicherlich stilecht mit Baskenmütze, Querstreifen-Shirt und Baguette unterm Arm in der Konferenz sitzen würde, wurde aber leider enttäuscht, denn es kam nur noch der Vizepräsident der USA zu Wort, ein Dick-Cheney-lookalike, der auch dessen Überzeugungen in puncto Umweltschutz teilt. In der folgenden Auseinandersetzung wird dann klar, dass Hall nicht nur superschlau, topfit und mutig (siehe Punkt 2.), sondern auch noch megaspontan ist. Sollte man jetzt glauben, eine derartige Anhäufung von Tugenden bei einer Person sei vielleicht ein bisschen unrealistisch, muss man schnell feststellen, dass im Emmerich-Universum sogar noch Platz für ein weiteres Universal-Genie ist. Natürlich handelt es sich dabei um Halls Sohnemann, der dazu noch zwei beinahe ebenso schlaue Mitschüler hat, mit denen er an einem Wissenswettbewerb in New York teilnimmt. Dieser Handlungsstrang ist fortan auch der amüsanteste, sorgen die Intelligenzbestien mit einigen Bonmots doch für Komik, wenn dies auch von Emmerich so nicht beabsichtigt war. So ist es doch etwas merkwürdig, dass hyperintelligente US-amerikanische Elite-Schüler nicht mal wissen, wieso eine Gutenberg-Bibel eventuell etwas Besonderes sein könnte… Und ihr Wissen über Friedrich Nietzsche beschränkt sich darauf, dass dieser ein chauvinistisches, in seine Schwester verliebtes Arschloch gewesen sei. (Welch bahnbrechende Theorie Dr. Emmerich hier der Geisteswissenschaft präsentiert! Mit der Beweisführung dürfte er allerdings Schwierigkeiten bekommen…)
Da der halbwegs intelligente Zuschauer das Ganze nach kurzer Zeit nicht mehr Ernst nimmt und sich über die unfreiwillige Komik amüsiert, muss man dem Film einen gewissen Unterhaltungswert aufgrund seines Trash-Faktors zugestehen. Da es allerdings mit Sicherheit nicht Emmerichs Intention war, einen Trash-Film zu machen, sind mehr als drei Punkte nicht drin.
PS: Ich frage mich immer noch, wie lange es wohl dauert, die 120 Kilometer von Philadelphia nach New York zu Fuß durch meterhohen Schnee hinter sich zu bringen…