Wer angesichts des Alternativtitels, unter dem auch die kürzlich erschienene amerikanische DVD verkauft wird, an Sergio Martinos klassischen Giallo "Der Schwanz des Skorpions" denkt und möglicherweise sogar einen angemessenen Nachfolger erwartet, wird mit diesem 1982er Grusel eine Enttäuschung erleben. Die ursprünglich fürs Fernsehen angelegte Produktion kann mit den Filmen, die Martino seinen großen Namen unter Kennern des italienischen Genrefilms verschafft haben, in keiner Hinsicht mithalten. Zugegeben, eine verhältnismäßig originelle Mordmethode beherrscht der Killer, der in diesem Filmchen umgeht: Er dreht seinen Opfern buchstäblich den Hals um und sorgt so für einige grotesk aussehende Leichen. Zu seinem Treiben gesellt sich eine gelungene und zum Glück 80er-untypische Filmmusik, die dankenswerterweise eher akustisch denn elektronisch ausgefallen ist.
Diese Schau- bzw. Hörwerte lassen den Film nicht so tief sinken, wie es einige kapitale Schwächen ansonsten bewirken würden. Mit Elvire Audray in der Hauptrolle wurde ein Missgriff sondergleichen getan. Die kaum Mimik anwendende Schauspielerin sieht zwar leidlich hübsch aus, spielt aber wie ein Stück Holz. Ob sie gerade nach John Saxon schmachtet, ein Mordopfer entdeckt oder sich hypnotisch in die Rolle einer etruskischen Hohepriesterin versetzt fühlt: es scheint einerlei zu sein. Und dieses Einerlei überträgt sich schnell auf den Zuschauer. Zumal die Handlung des Films aus den Machenschaften einer Drogenbande und der Suche nach geheimnisvollen etruskischen Kunstschätzen sowie Audrays seltsamen Visionen wenig überzeugend zusammengeflickt scheint. John Saxon ist natürlich eine willkommene Dreingabe, auch Claudio Cassinelli agiert ganz ansprechend, leider hat insbesondere Saxon nur eine Kleinrolle abbekommen. Wenn man da an seine ebenfalls recht kleine Rolle in "Tenebre" (ebenfalls 1982) denkt, wird einem wieder mal klar, was für Möglichkeiten das Medium Film doch hat - und dass die meisten Regisseure sie leider nicht annähernd so nutzen wie Dario Argento...
Wer sich im Giallo ein wenig auskennt, wird nicht nur an Martinos "Coda dello scorpione" denken, sondern auch an einen anderen italienischen Thriller, der nahe einer etruskischen Ausgrabungsstätte spielt: "Il Etrusco uccide ancora" von Armando Crispino, der hierzulande in der Filmreihe "(Bryan-)Edgar-Wallace-Das-Geheimnis-der/des-[Farbe]-[xy]"als "Das Geheimnis des gelben Grabes" veröffentlicht wurde. Crispino macht jedoch damals kein überragendes, aber sehenswertes Giallokino und gestaltete die Morde teils recht drastisch. Martinos etwas fader Grusel kann da nicht recht mithalten. Interessant ist die Vorstellung der etruskischen Kultur als verborgene Schicht der italienischen Kulturhistorie - wie eine verdrängte, archaisch-triebhafte Bewusstseinsschicht - jedoch allemal. Martino macht nur leider nicht viel daraus.
Schade, dass die kürzlich erschienene DVD von "MYA Entertainment" lieblos ausgefallen ist. Zum italienischen Ton gibt es keine Untertitel, die englische Sprachfassung ist ein Pandämonium akzentlastig-mühsam und langweilig gesprochener Dialoge. Zudem wird ein matschiges, detailarmes Bild geliefert, mit dem man für den Film kaum Anhänger gewinnen dürfte.