Leider ist es mal wieder soweit gewesen. Wesley Snipes („Demolition Man“, „Blade“) heuert in einem Low-Budget-Movie an, um die Zeit bis zum nächsten Kinoauftritt zu überbrücken. Hoffentlich bestätigt sich diese Aussage, denn nach Abschluss der „Blade“ – Trilogie, die für ihn nun mal die Rolle seines Lebens war, sieht es mit Rollenangeboten mau aus. Snipes mag kein besonders guter Schauspieler sein, doch er verfügt über enorm beeindruckende Martial-Arts-Fähigkeiten und Coolness – eben das was ein moderner Actionheld braucht. Leider kommt weder der eine noch der andere seiner Vorzüge in „Unstoppable“ zum Tragen. Der mit knappen 15 Millionen Dollar von Nu Images seriöserem Ableger Millennium Films finanzierte Streifen ist nach „Blade: Trinity“ eine herbe Ernüchterung. Millennium Films zeigte sich in der Vergangenheit unter anderem auch für Walter Hills „Undisputed“ (dank namhaften Casts sogar Kinoauswertung) oder den beiden jüngeren Jean-Claude Van Damme-Kloppern „Derailed“ und „In Hell“ verantwortlich und folgte dabei meist einem simplen Prinzip, das Nu Image schon mal mit „Ticker“ ausprobierte. Verlegene namhafte Darsteller, die in ihrer Verzweiflung nach Rollenangeboten rangen, wurden als Zugpferde verpflichtet, woraufhin der Film selbst dann zu maximal mittelprächtiger Unterhaltung verkam. Irgendwo musste ja gespart werden.
Nun ist Wesley Snipes Lage seit dem Tohuwabohu während der Dreharbeiten zu „Blade: Trinity“ allseits bekannt und da verwundert es auch nicht, dass er sich plötzlich in einem B-Thriller wiederfindet.
Mit „Star Trek“ – Dino Davic Carson wurde immerhin ein gestandener TV-Regisseur verpflichtet, der einmal mit „Star Trek: Generations“ international auf sich aufmerksam machen konnte, ansonsten aber ein Auftragsregisseur mit solidem Ruf blieb. Von daher will ich ihm auch nicht die ganze Schuld in die Schuhe schieben, dass „Unstoppable“ zu so einer uninspirierten Schlaftablette verkommt. Den Vorwurf, Snipes nicht gemäß seines Talents in Szene zu setzen und ihn zumindest mal ein paar Minuten zu gönnen, in denen er seine Entführer zusammenfaltet, muss er sich allerdings gefallen lassen.
„Unstoppable“ ist während seiner knapp 90 Minuten von Anfang bis Ende stinklangweilig und da dran ist weniger der Plot Schuld. Wesley Snipes schleppt als Kriegsveteran Dean Cage seit einem missglückten Einsatz in Bosnien ein Trauma mit sich herum, das ihn nicht loslässt. Selbst mit seiner Frau Amy (Jacqueline Obradors, „Soldier Boyz“, „N.Y.P.D. Blue“) kann er nicht über die schrecklichen Ereignisse sprechen. Als der Besuch bei einer Selbsthilfegruppe dann doch die Blockade löst und er darauf seine Frau anruft, um sich mit ihr in einem Diner zu treffen, wird er von Gangstern, angeführt von Peterson (Kim Coates, „Xchange“, „Open Range“), aufgrund einer Verwechslung unter Drogen gesetzt – ein Halluzinogen, das für das Opfer alles real aussehen lässt, was dieses zu hören bekommt.
Um dem Zuschauer das Gefühl nahe zu bringen, überzieht Carson ausgiebig die folgende Dauerflucht mit Schlieren, Verfremdungseffekten und Unschärfe. Leider macht das den Film auch nicht besser, denn er steuert ohne Höhepunkte, nennenswerte Actionlagen oder überraschende Erkenntnisse auf das ebenso enttäuschende Ende zu. Das Wechseln zwischen den beiden Bewusstseinsebenen Cages (Realität und Halluzination) wird zudem völlig überreizt.
Optisch kommt „Unstoppable“ zwar solide weg, aber die Inszenierung ist so schrecklich altbacken und unspektakulär. Die in Nebenrollen zu sehenden, nicht unbekannten, Stuart Wilson („No Escape“, „The Mask of Zorro“) oder Adewale Akinnuoye-Agbaje („Legionnaire“, „The Bourne Identity“) sieht man die Unlust genau wie Carsons Arbeit an. Die Dauerflucht, die eigentlich ziemlich zügig vonstatten gehen müsste, weil ab der Injektion Cages Lebenszeit auf wenige Stunden zurückgeschraubt wurde, hat nur einfallslose Stunts zu bieten und nervt zudem durch das unlogische Vorgehen der bösen Mannen. Insbesondere Peterson stellt sich dabei mehrmals extrem bekloppt an. Warum erzählt man Cage auf seiner Flucht nicht einfach, dass er müde ist? Schon hat man ihn...
Dem aufgebauschten Plot werden während dieser ohnehin langweiligen Flucht das F.B.I, die C.I.A. und Amy (praktischerweise Polizistin) hinzugemengt. Besser macht das „Unstoppable“ aber auch nicht – ganz im Gegenteil das Tempo wird noch gemächlicher. Höhepunkte, wenn man sie denn so nennen darf, sind mittelprächtige CGI-Explosionen (immerhin ein Fortschritt zu „Derailed“) eines Tanklastwagens und der wohl verhunzteste Einsatz einer Gatling, die ich je gesehen habe. Meine Güte, was kann man mit so einer eindrucksvollen Waffe alles anstellen...
Visuell setzt sich „Unstoppable“ aus viel nächtlichem Geflüchte, düsteren Trauma-Kerkern in Bosnien und kargen Räumen zusammen. Der einmalige Einsatz von Split-Screen bleibt dabei etwas unverständlich, weil nur einmal genutzt. Bis zum Showdown, den man so eigentlich gar nicht bezeichnen kann, ist keine Besserung in Sicht. Da fragt man sich hinterher wirklich, ob Produzent Avi Lerner und Co. letztlich die Verkäufer nur mit Zugpferd Wesley Snipes verarschen wollten, denn „Unstoppable“ kann in keiner Richtung unterhalten. Weder baut sich hier Spannung auf, noch ist großartige Action (ein bisschen Blechschaden zu beginn geht i.O., aber mehr auch nicht) zu sehen oder dominiert gar unfreiwillige Komik. Der Film ist ein schwarzes Loch und keine Unterhaltung.
Fazit:
Wesley Snipes auf hoffnungslosem Posten. Im Rahmen seiner Fähigkeiten schlägt er sich zwar ganz ordentlich, aber wenn alles von der Inszenierung, über den Plot bis hin zu den weiteren Darstellern gegen seine Bemühungen, hier einen ordentlichen Film abzudrehen, kämpft, muss auch er einfach irgendwann resignieren. Von daher ein aufmunternder Aufruf:
Im nächsten Film will ich jetzt aber wieder massig Capoeira von dir sehen! Also krieg’ deinen Arsch hoch und sieh zu, dass du wieder an die richtigen Rollen kommst! „Unstoppable“ war nicht nur unter deiner Würde, sondern auch eine Verschwendung deiner Talente...