„Troja“ – für mich die größte Enttäuschung im bisherigen Filmjahr 2004.
Der Film beschreibt die antike Sage von der Belagerung Trojas durch die Griechen und dem allbekannten hohlem Holzpferd. Was sich laut dem Dichter Homer über Jahre hinzog, verwurstelt Wolfgang Petersen in einem Machwerk, das seine vielen Open-Air und Filmnacht-Vorführungen nicht verdient.
Oberflächlichkeit ist Trumpf in „Troja“: Klischeehafte Rollen finden sich zuhauf, lediglich auf Achilles, den griechischen Helden (von Brad Pitt lustlos dargestellt), hat man sich konzentriert. Für eine Charakterisierung der anderen Rollen war wohl keine Zeit, so verlässt man sich etwa bei den griechischen Königen einfach darauf, sie per Make-up hässlich und damit böse darzustellen. Auch die weiteren Rollen bleiben blass, nur Sean Bean vermag als listiger Odysseus einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Bei Diane Krüger, die die Rolle der schönen Helena spielt, hilft auch das Oben-Ohne-Pushing der Bildzeitung nichts mehr: Ihre schauspielerische Leistung unterbietet jedes soap-Niveau. Obendrein synchronisiert sie sich in der deutschen Version selber, man mag sich die Ohren zuhalten. Ob sich Orlando „Legolas“ Bloom mit der Rolle des Paris einen großen Gefallen getan hat, kann bezweifelt werden. Sein Charakter bleibt von Anfang bis Ende unsympathisch: Erst ein Frauenheld, unfähig zu kämpfen, dann ein Heckenschütze, der den Feinden in den Rücken (oder in die Ferse) schießt. Bleibt also nur Achilles. Zugegeben, bei ihm hat man sich um Charakterbildung bemüht, doch zum Preis von vielen, sehr lang(weilig)en 4-Augen-Gesprächen, die zum Einschlafen animieren. Ehrlich, selbst in der HdR-Triple-Feature-Nacht war ich nie so müde wie bei „Troja“.
Zwischen Phasen der Langeweile platzt mit schöner Regelmäßigkeit ein neues CGI-Kampfgetümmel. Mal greifen die Griechen an, dann wieder die Trojaner, Spannung kommt jedenfalls keine auf. Weder vom Aufbau noch von der F/X-Qualität kann „Troja“ mit dem offensichtlichen Vorbild Herr der Ringe mithalten. Dafür ist die Mischung von Figuren in Grau gegen Figuren in braun einfach zu fade und nicht rasant genug. Weniger Wackelkamera, dafür etwas härter und eine FSK 16 hätten dem Film gut getan. Die wenigen Lichtblicke sind die 2, 5 Zweikämpfe, die gut gestaltet und choreographiert wurden. Leider setzte hier die Zensurschere an, beim Ableben des Menelaos (?) war der Schnitt deutlich durch einen Tonsprung zu erkennen. Für eine FSK 12 ist Troja dennoch sehr hart, es schöpft den Bonus, den viele historisch angehauchte und teure Produktionen bei der FSK genießen, vollends aus.
Die allseits bekannte Lösung mit dem hohlen Pferd ist so dümmlich wie eh und je, man kann sie dem Film also nicht wirklich anhängen, dennoch muss man sich immer wieder an den Kopf fassen, wieso die das Ding in die Stadt holen. Mit dieser Handlungsschwäche und der Tatsache, dass die meisten Menschen die zugrunde liegende Sage schon kennen, vermag „Troja“ keine Spannung zu erzeugen, im Gegenteil, der Film wirkt phasenweise zu langatmig und einschläfernd. Frauen dürften noch an Brad Pitt einen Pluspunkt verbuchen, doch selbst er hat seine besten Jahre weit hinter sich und spielt sein Charisma nur teilweise aus. So kann der Film die hohen Erwartungen, die die Presse, Trailer und Vorberichte geschürt haben, nicht erfüllen. Selbst oberflächlichste Menschen dürften die Kämpfe kalt lassen, Anspruch kann man bei einer Mainstream-Veranstaltung von Wolfgang Petersen sowieso vergessen. Die träge Handlung, Charaktere, die als Identifikationsfiguren dienen sollen und dabei nur unsympathisch sind, sowie das ungute Gefühl, dass hier jemand im Fahrwasser von Herr der Ringe abzocken will, dafür gibt’s von mir nicht mehr als
3 Punkte.