Griechische Literatur für Dummies
Der Trojanische Prinz Paris (Orlando Bloom) und die Spartanische Königin Helena (Diane Kruger) verlieben sich. Dumm nur, dass Helena bereits verheiratet ist. Mit Menelaus (Brendan Gleeson) nämlich. Das kümmert Paris nicht. Er entführt Helena kurzerhand. Das findet Menelaus gar nicht nett. Er beklagt sich bei seinem Bruder Agamemnon (Brian Cox). Der findet das interessant. Denn er wollte Troja schon länger platt machen. Die perfekte Gelegenheit. Allerdings braucht er die Hilfe des unbezwingbaren Achilles (Brad Pitt). Seine Anwesenheit in Troja droht den Krieg aus den Fugen zu bringen.
Ojemine, was soll man zu diesem Hollywood-Aufguss eines der wichtigsten Stücke der Weltliteratur noch gross sagen? Dass man von dieser Chose keine originalgetreue Adaption des Homer-Stoffes »Die Ilias« erwarten durfte, ist klar. Klar auch, dass sich der Drehbuchautor auf die kriegerische Auseinandersetzung konzentriert und auch gleich Brad Pitt zum muskulösen Supermacho Achilles macht. Dass sich das Dargebotene derart läppisch und langweilig ausnimmt, das ist nun aber doch eine Überraschung.
Troy (2014) von Wolfgang Petersen ist schlicht ein Reinfall, was vor allem an den Charakteren liegt. Genauer: Charaktere gibt es in dieser Geschichte eigentlich nicht. Alle Figuren fallen entweder in die Kategorie »eigenschaftslos« oder »völlig belämmert«. Da ist zunächst der arme Brad Pitt, der mit Achilles einen der unberechenbarsten Typen der Kinogeschichte spielt. Von einer Szene zur nächsten verwandelt er sich in einen ehrenvollen Helden, in einen netten Idioten, in einen noblen Liebhaber und in einen gewissenlosen Kriegsverbrecher. Völlig irre! Erklärt werden die gefühlt hundert Sinneswandlungen Achilles’ nirgends. Pitt gibt sich redliche Mühe, die Handlungen seines Charakters wenigstens etwas nachvollziehbar zu machen, aber diese Mühe ist vergebens. Zu eng knüpft das Drehbuch Achilles an ausgelutschte Klischees.
Da wäre dann noch Paris, gespielt von Orlando Bloom; weinerlich, ehrlos und schlicht unsympathisch. Alles wälzt Paris auf seinen grossen Bruder Hektor (Eric Bana), den Helden in der strahlenden Rüstung, der immer alles richtig macht. Ich schlaf gleich ein … Ärgerlich auch der Auftritt von Diane Kruger als Helena; zwar sehr schön, aber ausdrucksstark wie ein Ziegelstein. Dazwischen gibt es ein paar Gemetzel, ein paar Liebesszenen, ein paar pathetische Beerdigungen, pi pa po. Herausragend einzig das Duell zwischen Achilles und Hektor, wuchtig und doch schlicht inszeniert.
Das sprichwörtliche Trojanische Pferd taucht nur deshalb auf, weil es halt auftauchen muss. Und weil Petersen nicht so recht weiss, wie er die Tragik des Krieges darstellen soll, legt er dramatische Musik über stumm gestellte Brandschatzungsszenen. Das Ende ist schlicht überhastet. Von einer Sekunde zur nächsten kommt es zur Beerdigung der Hauptfigur. Es folgen ein paar bedeutungsschwangere Worte und ein kitschiger Schlusssong. Ein bisschen mehr Zeit hätte man sich da schon nehmen sollen, nach zwei Stunden und vierzig Minuten kommt’s auch nicht mehr drauf an. Von einem Grossteil der Figuren weiss man gar nicht, wie es mit ihnen ausgegangen ist. Andererseits: Wen interessiert’s?
Kurz und gut: Troy ist ein Ärgernis, dadurch verstärk, dass es sich hierbei nicht um einen x-beliebigen Stoff handelt, sondern um einen der wichtigsten überhaupt. Langweilig ist der Film durchaus nicht, aber die Dramaturgie ist schlicht stümperhaft.
3/10