Bitte, bitte, verschwendet eure Zeit nicht an diesen Mist!
Also, dieser Film hätte ja vielleicht sogar ganz nett werden können, wenn man nicht so unverfroren gewesen wäre, das ganze als Verfilmung der Sage vom Trojanischen Krieg bzw. der Ilias auszugeben. Was mich einfach sauer macht, ist, daß Millionen von Zuschauern aus den Kinos rausgehen und denken, jetzt hätten sie Homer gesehen. Dabei pervertiert der Film den Trojamythos bis zur Unkenntlichkeit, nur um aus ihm kommerziell so viel wie möglich rausschinden zu können.
Im ganzen tritt der Film unverkennbar die Nachfolge von "Gladiator" und nicht etwa von "Herr der Ringe" an, denn während Peter Jackson vor Tolkiens Werk so etwas wie eine heilige Ehrfurcht hatte, wird in diesem Machwerk aus den griechischen Sagen wie aus einem Selbstbedienungsladen das rausgeholt, was in die gängigen Hollywoodklischees paßt.
Mal ein paar Beispiele dafür, was nicht mit der Ilias bzw. der griechischen Sage übereinstimmt:
1. Die Götter, vor allem Zeus, Here, Pallas Athene, Apollon und Aphrodite, greifen bei Homer ständig in die Handlung ein, und ohne sie hat die ganze Handlung schon mal keinen Sinn mehr.
2. Weder Menelaos noch Aias werden in der Ilias von Hektor getötet.
3. Einer der wichtigsten griechischen Helden, Diomedes, fehlt im Film ganz.
4. Die Belagerung von Troja dauert 10 Jahre und nicht ein paar Tage wie bei Wolfgang Petersen.
5. Agamemnon ist in der Ilias weder ein lüsterner, machtgieriger Säufer wie im Film, noch tötet er am Ende den Priamos.
6. Helena beschimpft in der Ilias Paris als Feigling, nachdem er vor Menelaos geflohen ist. Paris flieht in der griechischen Sage natürlich nicht mit Helena wie in dem unsäglich armseligen Ende des Films, sondern stirbt durch einen Pfeilschuß, und Helena fährt mit Menelaos zurück nach Hause, wo es hier (wie vorher auch!) recht gut gefällt.
Ein Film kann sich gerne künstlerische Freiheiten herausnehmen und die zugrundeliegenden Texte im Sinne eines neuartigen Konzepts interpretieren. Hier sind die Änderungen aber nicht aus künstlerischen, sondern nur aus kommerziellen Gründen erfolgt: 1. Die komplexe Charakterschilderung der Ilias wird durch plumpe Schwarzweiß-Klischees ersetzt, 2. es wurde eine vollkommen unsinnige, unpassende Liebesgeschichte erfunden (Achilles-Briseis).
An "Gladiator" erinnert etwa die unerträgliche Filmmusik. Bei diesen Ethnovocals kommt es mir echt hoch. Man möchte der Sängerin eigentlich zurufen: "Ist ja gut, kriegst deinen Schnuller ja gleich wieder!" Die Computeranimationen, vor allem die Massensimulationen kommen irgendwie reichlich plump und offensichtlich herüber. Die Kampfszenen sind zu sauber, zu choreografiert, zu unrealistisch und wirken dennoch ganz schön bieder und uninteressant. Gut, der Kampf Hektor gegen Achilles geht in Ordnung. Auch sonst gibt es zwei nicht ganz so schlechte Szenen: 1. Nachdem Paris feige vor ihm geflohen ist, ruft Menelaos donnernd zu den Mauern Trojas hinauf, wo Helena steht: "Dafür hast du mich verlassen???" Das hat seine Wirkung 2. Odysseus sieht am Lagerfeuer, wie ein Krieger ein kleines Spielzeugpferd aus Holz schnitzt (Zaunpfahl läßt grüßen...).
Zu den Schauspielerinnen der Andromache und vor allem der Helena kann man lediglich sagen, daß sie keine Schauspielerinnen sind, sondern vermutlich direkt vom Laufsteg weggecastet wurden. Díe Stimme der Helena ist von der Aussprache und Akzentuierung her auf unterstem Niveau. Bei dem Hektor-Schauspieler Eric Bana (oder war es Banana?) muß man dem Namen nur ein L anhängen, um Bescheid zu wissen. Agamemnon ist gut gespielt, aber hier wurde auf dummdreiste Weise ein Hollywood-erforderlicher Bösewicht geschaffen, wie es ihn bei Homer gar nicht gibt. Ansonsten teilen sich die Helden in verweichlichte Modeltypen (Achilles, Paris, Patroklos) und muskelbeladene Kampfmaschinen (Menelaos, Aias) auf. Peter O'Toole gibt jetzt zum x-ten Mal den antiken Herrscher, wie immer überzeugend, aber kann der Mann eigentlich noch was anderes? Eine optimale Besetzung ist Sean Bean als Odysseus, mit dem man sich ohne weiteres eine Odysseeverfilmung vorstellen könnte. Am besten von Peter Jackson.