Review

Die Ilias von Homer habe ich bereits in frühen Jahren mit großer Freude gelesen. Und auch später schmökerte ich immer wieder gerne in diesem Werk, das so facettenreich ist und mehr darstellt als einen bloßen Heldenepos.

Umso größer war meine Enttäuschung, als ich mir nun den Film ansah.
Ich hatte sicherlich keine vollständige Umsetzung des gesamten Stoffes erwartet, und mir war auch klar, daß Hollywood sich gewisse Freiheiten herausnehmen würde. Aber daß im Endeffekt so ziemlich alles falsch oder verzehrt dargestellt wurde, daß viele so wichtige Dinge fehlen, führte dazu, daß mir recht schnell der Spaß am Film verging.

Das fing bereits mit der Anfangsszene an, Statt klassisch mit dem Schiedsspruch des Paris anzufangen, wer denn nun die schönste Göttin sei, erfand man irgendeinen Kampf in Thessalien, der weder bei Homer zu finden ist noch als historisch glaubwürdig betrachtet werden kann. Auch im weiteren Verlauf des Films tauchen die Götter nicht auf, wobei deren Darstellung in filmischer Hinsicht keine Probleme hätte bereiten dürfen. Schließlich wurden die griechischen Götter immer als Wesen mit menschlichem Aussehen und Charakter dargestellt.
Aber das war bei weitem nicht das Einzige: Schlichtweg falsch ist der Tod der beiden Könige Menelaos und Agamemnon, beide kehrten nach siegreicher Schlacht in die Heimat zurück. Falsch dargestellt ist auch der Tod des Ajas, der nicht im Zweikampf mit Hektor, sondern durch das eigene Schwert starb. Und so ging es immer munter weiter: Können sie sich erinnern, daß Achilleus noch die Eroberung Trojas erlebte oder sogar selbst dem Pferd entstieg? Nein? Ist auch kaum möglich, da er bereits geraume Zeit davor durch einen vergifteten Pfeil des Paris getötet worden war. Und während der Streit zwischen Achill und Agamemnon um die Sklavin und die anschließende Liebesgeschichte zwischen dieser und Achill extrem in die Länge gezogen wurde, fehlen dafür weit wichtigere Passagen und Charaktere aus Homers Illas. Und der wahrscheinlich größte Schwachsinn dieses Films war die Dauer des trojanischen Krieges. Statt 10 Jahren brauchten die Griechen hier nur gut zwei Wochen!
Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn man ein solches Werk als Vorlage nimmt (bzw. sich davon inspirieren läßt, wie es ja im Abspann stand), dann sollte man dieses nicht so verstümmeln und verfälschen, wie es hier geschieht.

Aber um wenigstens auch mal etwas Positives über den Film zu sagen: Sowohl die Kostüme und die Bauten als auch die Schlachtenszenen und die Zweikämpfe zwischen Hektor und Ajas/Patroklos/Achilleus waren wirklich sehenswert. Gerade das war es, was den Eintrittspreis zumindest halbwegs rechtfertigte.

Ebenfalls ein Lob verdient die Besetzung von "Troja". Man kann über Brad Pitt ja denken und sagen, was man will, aber ein guter Schauspieler ist er auf jeden Fall. Auch Orlando Bloom paßt sehr gut in die Rolle des mutlosen Frauenhelden Paris, der immer hinter dem "großen" Hektor zurücksteht. Die Rollen des Odysseus, des Hektors, der beiden Griechenkönige Menelaos und Agamemnon und des Priamos (eine perfekte Rolle für Peter O'Toole) sind ebenfalls gut besetzt. Lediglich die Helena wirkt etwas blaß neben den anderen guten Schauspielern, was aber auch an ihrer Synchronstimme gelegen haben könnte.

Doch das war es dann leider auch schon an positiven Aspekten zu diesem Film. Denn eines hat mir vielleicht noch mehr als die ganzen Abweichungen von Homers Ilias die Laune verdorben: Die wirklich miesen weil völlig nichtssagenden Dialoge. Da können die Darsteller noch so gut sein, wenn immer wieder die gleichen inhaltsfreien Phrasen gedroschen werden, die einfach eines großen Hollywoodfilmes nicht würdig sind, und die vor allem einen Homer sich im Grabe umdrehen lassen, dann ist ein Film schlicht und einfach mies.

Fazit: Gute Schauspieler, großartige Bauten und grandiose Schlachten machen alleine leider keinen guten Film. Zumindest wenn das Drehbuch so schlecht ist wie hier.
Aber zumindest konnte man an manchen Stellen lachen. Wenn es wohl auch nicht als Gag gedacht war, so kommt einem doch das große Grinsen, wenn man sieht, wie Hektor mit einem Schwert eine Holzfigur schnitzt...

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