Review

Eins vorweg: Meine Bewertung des Films ist in diesem Fall alles andere als objektiv, da „Troja“ auf mich leider gar keine Wirkung hatte. Fragt mich nicht warum, aber nach dem Film war ich so schlau wie vorher. Keine Szene die mich wirklich mitriss. 2,5 Stunden lang kam nichts rüber, keine Spannung, keine Atmosphäre, rein gar nichts. Gerade so als würde ich mir den Film im Vollsuff angucken und abgestumpft der Dinge harren, die da kommen mögen. Habe so eine eigenartige Erfahrung noch nie im Kino gemacht, aber meinem Nachbar ging es merkwürdigerweise genau so. Lag es an der Technik (ein paar Szenen hatten asynchronen Ton), war der Sound zu leise? Man weiß es nicht. Nun aber zum Film!

„Troy“ will und soll der erste Monumentalstreifen sein, der nach Peter Jacksons „Herr der Ringe“ – Trilogie für volle Kinosäle sorgen soll. Zwei „Alexander“ – Verfilmungen und ein „Hannibal“ befinden sich ebenfalls in der Produktion. Man darf gespannt sein, was Oliver Stone Ende des Jahres mit Colin Farrell entfachen wird. Die Geschichte „Ilias“ von Homer sollte hinlänglich bekannt sein, daher erspare ich mir Spoilerwarnungen. Wolfgang Petersen hat sich von hier aber nur inspirieren lassen und wirft daher alle Götter aus dem Skript, um sich auf die menschlichen Schicksale zu konzentrieren: Achilles, Hector, Odysseus und wie sie alle heißen, man kennt ihre Geschichten von Kindesbeinen an. „Ilias“ ist eine der ältesten Dramen, die maßgeblich zur Bildung der heutigen Heldenepen und Liebesromanzen beitrug.

Leider wird man während der opulenten 160 Minuten nie das Gefühl los, dass hier ein Ridley Scott oder Michael Mann den Stoff wesentlich interessanter umgesetzt hätte. Deren Stile unterscheiden sich zwar stark voneinander, aber sie können solche Geschichten erzählen und das scheint Wolfgang Petersen inzwischen völlig verlernt zu haben. „Air Force One“ und „The Perfect Storm“ waren straightes Action- und Effektkino, hatten aber auch schon dieses Problem. Sein neustes Werk hat enorme Startschwierigkeiten die Vorgeschichte wiederzugeben und kommt dann immer noch nicht auf Touren.

„Troy“ wirkt wie ungelenkes Patchwork, als würde hier alles zusammen geschmiedet, ohne auf die angepeilte Form zu achten. Hier das Bild, dort die Musik und jetzt noch die Dialoge. Komponist James Horner, der immerhin für den Score von „Braveheart“ verantwortlich ist, ist hier eher auf leise Töne aus und musste in letzter Sekunde einen Score auf die Beine stellen. Dabei wurden ihm von Petersen die Hände gebunden, denn der wollte eine eher einfühlsame Begleitung, doch zumindest in den Schlachten hätten einmal die Fanfaren erklingen dürfen.
Die Bauten sind umwerfend, keine Frage. Besonders das digitale Troja sieht klasse aus, nur warum der Film auf ein R-Rating produziert wurde bleibt etwas unverständlich. Die sich ewig wiederholenden und sehr emotionslosen CGI-Schlachten haben nie die Klasse von „Herr der Ringe“, sind hektisch und unübersichtlich eingefangen und extrem schnell geschnitten, so dass man schnell die Übersicht verliert und Details vorenthalten werden. Dafür gibt es zwischendurch einen saftigen Kehlenschnitt oder ein explizit bohrendes Schwert. Etwas unnötig.
Das Schlimmste am Film sind die Dialoge, die man der Fülle an Charakteren erstmal zuordnen muss. Im Nachhinein kann ich mich an kein wichtiges Gespräch erinnern. Ständig wird von Liebe, Drama, Schicksal, Ehre und Krieg palavert. Irgendwie erzählen alle das Gleiche und trotzdem wird kein Schuh daraus. Alles wiederholt sich und auf die Dauer wird es einem schnuppe – sie langweilen.

In diesem 200 Millionen Dollar Mammutwerk steckt eine ganze Schar namhafter Darsteller, die zum Teil nur in Nebenrollen zu sehen sind. Deshalb hier die Beschränkung auf die Wichtigsten. Brad Pitt (leider mit unglücklicher Synchronstimme) ist als Achilles das Zugpferd des Films und in seiner Arroganz, dem Streben nach unsterblichen Ruhm und seiner puren Virilität wirklich ein Krieger der Götter. Sein Wandel ist etwas unglaubwürdig, sein Charisma aber klasse. Allein schon die Szene, in der er mit erhobenem Schwert den Jubel der griechischen Armee in sich aufnimmt spricht für ihn. Zusammen mit Eric Bana als Hector ist er die wohl schillerndste Gestalt des Films. Kein Wunder, dass ausgerechnet der schick choreographierte, aber zu kurze und emotionslose Zweikampf der beiden den Höhepunkt des Films darstellt. Bana spielt auf Seiten der Trojaner vor allem den fehlbesetzten Orlando Bloom an die Wand. Kaum zu glauben, dass dieser Mann mal als Legolas den Bogen zückte. Hier ist er ein totales Weichei, ein Milchbubi, ohne irgendwelche Attribute. Selbst der alte Peter O’Toole kann in seinen wenigen Szenen mehr bewerkstelligen als er. Neben bekannten Namen wie Brian Cox kann „Herr der Ringe“ – Veteran Sean Bean als Odysseus überzeugen. Den nehme ich dann auch als meine Lieblingsfigur mit. Diane Kruger, um die sich hier alles dreht, sieht nebenher bemerkt zwar verteufelt gut aus, besitzt aber scheinbar kaum schauspielerische Klasse und hat mit einer emotionslosen Synchronstimme zu kämpfen. Hoffentlich hat sie sich hier nicht selbst synchronisiert.

Doch da ist noch mehr. Es gibt viele kleinere Szenen, in denen „Troy“ einfach zu pathetisch und einfallslos rüberkommt. Ein Beispiel? Allein die Verabschiedung Helenas von Hector, bevor dieser aus den Stadttoren marschiert, schreit nur so nach „Das musste ja kommen“. Es gibt viele solcher Szenen, bei denen man sich zu oft an bekannte Vorbilder erinnert.
Der Film hat, wie oben schon erwähnt einen ganzen Haufen wichtiger Pro- und Antagonisten und zumindest einen hätte Petersen fokussieren müssen, um eine Identifikationsfigur für den Zuschauer zu schaffen. Ich zumindest brauche so einen Typen wie Russel Crowe, mit dem man mitgehen kann und um den man weint. Hier gehen sie mir alle am Arsch vorbei.


Fazit:
Wolfgang Petersen gelang mit „Troy“, auch wenn die Einspielergebnisse eine andere Sprache sprechen, sicher nicht der erhoffte große Wurf. Die Kostüme sind klasse, die Bauten opulent und schauspielerisch wird man zum großen Teil auch zufrieden gestellt. Und doch bleibt ein fader Nachgeschmack. Der Film kann nicht fesseln oder den Zuschauer mit einbinden. Neben einer packenden Erzählung mangelt es ihm an Emotionen. In den Schlachten schmeckt der Zuschauer weder Blut noch Schweiß, sondern blickt eigenartig distanziert auf das Geschehen.
Die Dialoge um die immer selben Themen wie Liebe, Ehre und Krieg repetieren sich immer wieder, ohne auch nur einmal eine kernige Aussage zu besitzen oder entscheidende Folgen zu haben. Schlussendlich wirkt der Film wie nach Plan zusammengedreht, um Anspruch und Unterhaltung zu kombinieren. Nur funktioniert das nie. Aus irgendeinem Grund (Der war vielleicht Petersen) lief inszenatorisch zu viel schief und das ist bei dem Stoff schade. Dabei ist die Uminterpretierung ohne Götter, auch wenn die Motive (Gier, Habsucht) nun arg banal sind, dabei noch gelungen.

Oder um es auf den Punkt zu bringen:

„Gute Filme hinterlassen bei einem immer Spuren, aber Troja ist wie ein Schatten“ (by A. Eckstein)

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