Make Sandalenschinken great again
"Troja" spaltet die Gemüter und ist ein weiterer meinen absoluten "Lieblinge, die genug Leute hassen". Irgendwo im tonal schwer einzuordnenden Niemandsland zwischen den Extremen "300" und "Spartacus", kann "Troy" nicht als historisch gute oder gar glaubhafte Wiedergabe der Ilias gelten - in Sachen Entertainment, Starpower und Massenschlachten, werden hier jedoch die Grenzen neu gesteckt. Es geht um die klassische Geschichte des Falls von Troja - inklusive Hector, hölzernes Pferdchen, Achilles und der berühmten Ferse. Nur diesmal nicht trocken, zäh oder verkopft, sondern actionreich, shiny und fast im MTV-Look. So bringt man Geschichte einer neuen Generation bei! Und wer hatte schon ernsthaft eine historiengetreue Verfilmung erwartet oder gewollt? Ich jedenfalls nicht. Sieht man es geschichtlich lockerer, fällt ein mächtiger Kritikpunkt weg.
"Troja" ist kitschig, theatralisch und unrealistisch - das stimmt. "Troja" ist aber ebenfalls wunderschön, sexy, brutal und mitreissend. Keiner ist ein besserer Übermensch wie Achilles und Eric Banas Hector als menschlicher, bodenständiger ist das perfeket Gegenstück. Deren Kampf ist ein Höhepunkt der Fightchoreo und fast noch packender als die massiven Massenschlachten. Mittlerweile sind die Computereffekte zwar schon wieder etwas überholt, sehen lassen kann sich die altgriechische Show trotzdem. Einen unterhaltsameren Petersen-Film wird man kaum finden. Und emotionsleer oder zu oberflächlich ist dieses Schlachtenepos ebenfalls nicht, gerade im ausführlicheren Director's Cut. Spektakel steht aber natürlich an erster Stelle. Und hier zieht der deutsche Regisseur alle Register. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob ich für das schnulzige und etwas einschläfernde Paar Krueger/Bloom Ähnliches riskieren würde, doch das ist eine andere Sache ;-).
Bei wenigen Filmen bekomme ich mehr Gänsehaut - selbst wenn er an "Braveheart" oder "Gladiator" dann doch nicht ganz herankommt. Die gehen einfach tiefer. Trotzdem kann man "Troja" lieben und sich in der blutig-sandigen Collage verlieren. Dieser Teil der Ilias hätte so viel trockener und lahmer erzählt werden können. Da war qualitativ definitiv mehr Spielraum nach unten als nach oben. Danach kam Petersen an diese Qualität nicht mehr heran. Von Fremdschäm-Filmen wie dem aktuellen "Vier gegen die Bank" mal ganz zu schweigen. "Troja" ist der ambitionierteste "Gladiator"-Nachzögling und eine meiner schönsten Kino-Jugend-Sünden. Kein Film, den ich jedes Jahr sehen muss, aber wenn, dann liebe ich ihn.
Fazit: vielleicht kein ganz ernst zu nehmendes Meisterwerk ala "Das Boot", aber in Sachen Unterhaltung und Schauwerte einer der größten "Historienfilme" aller Zeiten. Ein Actionfest, dass ich einfach nur genieße und das meinen Kopf leer fegt. Und zwar nicht wie der neunzehnte Transformers, sondern mit Klasse und Stil und goldenem Wumms!