Da der Inhalt von Troja weithin bekannt und auf dieser Seite auch ein weites Spektrum grundsätzlicher Meinungen dazu vertreten ist, werde ich mich hier auf den neu erschienen Director's Cut konzentrieren, der eine eigene Rezension klar verdient hat.
Die Kinofassung des Films bot zwar eine gewisse Unterhaltung und erfüllte meiner Meinung nach auch die Anforderungen an einen gelungenen Sandalenfilm, jedoch nur mit Ach und Krach: Dass nur gut aussehende und blitzend weiß lächelnde Schauspieler vor die Kamera treten und sich in besten Posen verewigen, passt zum Stil des bombastischen, gewaltigen Epos und störte mich keineswegs. Dass aber damit eine weitgehend glatte Inszenierung einherging, war ein großer Makel Trojas. Dabei ließ doch einiges hoffen: Denn in der Charakterzeichnung (deren Motivation, deren Handeln) liegt durchaus ein Ansatz von Tiefe; der starre Heldenkodex wird zwar einerseits glanzvoll inszeniert, jedoch durch seine stets tödliche Konsequenz und das unendliche Leid, das er hervorbringt, in Frage gestellt. Auch wenn in diesem Film einiges an Schwarzweißmalerei vorhanden ist (s. Agamemnon und Menelaos), so werden doch zum Beispiel Odysseus, Hector und auch Achilles von verschiedenen Seiten porträtiert.
Auch die oft gerügte historische Inkorrektheit und Mythenverfremdung Petersens empfinde ich nicht als störend, da das mit der nötigen Unabhängigkeit geschaffene Konzept den Film wunderbar trägt und ein abgeschlossenes Ganzes bildet, das durch eine Ausweitung auf den (originalgetreuen) Zeitraum von zehn Jahren nur verwässert worden wäre (schließlich heißt der Film auch nicht "Ilias", sondern Troja). Nein, die wirkliche Schwäche des Films ist lediglich die Inkonsequenz, die eigentlich in ihm angelegte Härte und Mehrschichtigkeit durch unnötige Schnitte und Straffung abzuflachen.
Im Director's Cut nun wird ein guter Teil der unnatürlichen Glätte, die die gelungene Charakterzeichnung herabzog, aufgerauht, indem die Kampfszenen härter gestaltet, den Personen noch mehr Platz zur Entfaltung eingeräumt werden und die Schleifung Trojas in deutlich konsequenterer Grausamkeit beschrieben wird. Der erhöhte Gewaltpegel ist die auffälligste Neuerung und unternimmt einiges gegen die familientaugliche Abrundung des eigentlich gar nicht so simpel konzipierten Epos. Dass am Ende das Schicksal Trojas mit Kindsmord und Vergewaltigung besiegelt wird (zwar nicht sehr explizit, aber für Hollywoodverhältnisse doch ungewohnt brutal), unterstreicht nur die Kritik am Handeln der Charaktere und tut dem Ganzen somit sehr gut.
Eric Bana, Peter O'Toole und vor allem Sean Bean bekommen mehr Screen Time - das ist lobenswert, denn vor allem letzterer kommt in seinen Filmrollen beständig zu kurz, obwohl er seine Rollen stets mit markanter Präsenz ausfüllt. Auch die anderen Schauspieler, vor allem der hervorragende O'Toole, profitieren klar von den zusätzlichen Szenen, genau wie die nun besser motivierte Geschichte. Lediglich Diane Kr(u/ü)ger stört wegen ebenfalls erhöhter Bildschirmpräsenz noch deutlicher, als sie es schon in der Kinofassung tat. Dafür gibt's zwar mehr nackte Haut, was leider für ihre sichtlich bemühte, aber gerade deswegen miserable Schauspielleistung nicht entschuldigen kann.
Der Director's Cut ist insgesamt die klar bessere Fassung, die Troja mehr Tiefe und Glaubwürdigkeit beschert und somit der Kinofassung eindeutig vorgezogen werden sollte. Aus einem gerade noch gelungenen Film ist durch den erneuten Eingriff des Regisseurs ein rundum guter geworden, was in Zeiten der "unrated extended edition" geradezu eine Wohltat für die durch verlogene Fassungsversprechen geschundene Seele ist.