Schon unerträglich, was man sich beim Lesen der hiesigen Reviews für ein erbärmliches Gejammer anhören muss. „Der Film hat nichts mehr mit Homers Original zu tun.“ Ja, hat das denn wirklich jemand im vorhinein von einer 180 Millionen US Dollar teuren Hollywood – Produktion erwartet? Na klar. Wir alle schauen uns immer ein amerikanisches Monumentalepos an und haben die Erwartungshaltung, originalgetreue Literaturverfilmungen zu sehen, besonders von frühgeschichtlichen Autoren mit hochkomplizierter, philosophisch geprägten Schreibe. Wie naiv kann man denn bitte sein? Dann gibt es hier Leute, von denen man eigentlich kaum schlechtes liest, die dem Film unter aller Kanone bewerten und als Hauptgrund Diane Kruger aufzählen – ähm, hat die im Film wirklich so viel zu melden? Die sieht man doch kaum...wie kann man sich an so etwas stören? Ist mir unerklärlich.
Logisch ist der Film weit von der Literaturvorlage entfernt. Aber warum den Film deswegen mies bewerten? Verstehe ich nicht. Mein Geschmack dreht sich grundsätzlich um andere Genres, und Monumentalfilmen (made in Amerika) stehe ich spätestens nach dem unsäglich parteiischen und selbst-fokussierten „Braveheart“ besonders skeptisch gegenüber, aber „Troy“ ist einer von den Streifen, die ich mir andauernd wieder in den DVD Player legen könnte, weil er eben so verdammt unterhaltsam ist. Und auch spannend, wie ich finde. Auch wenn man vieles aufgrund des Bücherwissens durchaus schon im Vorfeld bestimmen kann, wartet der Film mit vielen Szenen auf, bei denen der Ausgang ungewiss ist. Finde es übrigens sehr stilvoll, die Schlachten durch Einzelkämpfe zu portraitieren.
Dann wären da die (teilweise) sehr starken Schauspielerleistungen. Klar, die paar Männchen, die eine enorme Abneigungen gegen glatt rasierte Weicheier im Pupen – Look haben, kommen weder mit Orlando „Legolas“ Bloom klar noch mit Brad Pitt. Letzterer hat mich aber spätestens seit Se7en und Fight Club definitiv auf seiner Seite, und mit einem Achilles fiebere ich bedeutend lieber mit als mit einem William Wallace – sofern er von Mel Gibson gespielt wird. Anmerkung – Pitts, springender Schwertschwinger sieht aber spätestens nach dem zweiten Ausführen arg deppert aus... Peter O´ Toole kann sich ebenfalls sehen lassen, der Mann hat es eben drauf, schließlich war er in Arabien mal der Größte, und auch Brendan Gleeson, der auch schon im Schottenrock geglänzt hat, kann hier durchaus punkten.
Und was ist mit dem Soundtrack von James Horner? Der ist zwar unbestritten genial, aber wenn wir schon am Dauerquängeln sind, dann schlucken wir die guten Dinge eben runter, damit man ja die 1/10 – Wertung nachvollziehen und verfechten kann.
Sicher, es gibt einige Dinge, die mich am Film nerven.
Beispielsweise diese Schwarz/Weiß – Malerei 1. in puncto guten und schlechten Entscheidungen oder 2. den Charakterbildern.
1. Scheinbar sind hinter beiden Fronten diejenigen, die die Befehlsgewalt haben auch gleichzeitig die größten Idioten. Priamos hört ständig auf seinen bescheuerten Apollon – Diener (auch wenn sich hinter dem Vollbart der ehrenwerte, britische Theaterschauspieler Nigel Terry verbirgt, der schon als König Arthur in John Boormans „Excalibur“ überzeugen konnte), während Söhnchen Hector stets das Richtige im Sinn hat, jedoch immer abgewimmelt wird. Genauso Agamemnon, der von Gier besessen eigentlich nur Scheißdreck verzapft und man sich fragt, wie er denn bisher so erfolgreich sein konnte, und Borumi-, äh, Odysseus Sean Bean stets von ihm abgeschmettert wird. Dahingegen gefällt mir die Figur des Beraters von Agamemnon besonders gut.
2. Die Heldenbilder...da gibt’s grob gesehen nur zwei verschiedene Grundmuster – die strahlenden Models und die hässlichen, vollbärtigen Trolle. Klar ist es für letztere enorm schwer, Sympathie einzuheimsen, da die polierten Laufsteg-Muskeln automatisch die Augen auf sich lenken. Allerdings bin ich nach wie vor der Meinung, dass Eric Bana als Hector die absolute Gurke ist und sowohl gegen Brad Pitt als auch gegen Ajas mit seinem ´riesigen Hammer mal nicht das Geringste zu melden hat.
Wie dem auch sei, für mich, der eigentlich eine extreme Aversion gegen Mainstream hat, ist Troja echt eine Bombe gewesen. Auch wenn viel von der Historie nicht stimmt (was mir aber volle Kanne am Arsch vorbei geht), schafft es der Film dennoch, eine enorme Dramatik aufzubauen, deren Intention der von Homer nämlich durchaus ähnlich ist: die drastische Botschaft der Sinnlosigkeit des Krieges um Troja, der nur durch die Verkettung unglücklicher Ereignisse und die Habgier des Einzelnen zustande kam und ausschließlich anhand falscher Entscheidungen und fatalem Verlass auf die Götter zu Ende gebracht wurde. Klar hätte ich gerne zwischendrin mal einen Gott gesehen, der via noch teurerer Special Effects mal richtig Zunder auf dem Schlachtfeld macht, so wie Sauron zu Beginn der HdR – Saga, aber dennoch bin ich mit dem Gesamtergebnis mehr als zufrieden. Würde dem Film eigentlich nicht die Höchstnote geben – das tue ich an dieser Stelle nur, um mal dem Gros der Reviews ein wenig entgegenzusteuern.
Schiebt mir meinetwegen den Schwarzen Peter(sen) zu, ist mir egal – ich bleibe dabei: der Film ist herausragend und steckt auf jeden Fall den ein oder anderen Schinken in die Tasche. Braveheart kann da heimgehen, genauso wie Last Samurai oder Alexander. Und King Arthur sowieso. So, Schluss jetzt.