Review

Wolfgang Petersen verfilmt die „Ilias“ und will sich damit ganz in die Tradition von „Braveheart“ und „Gladiator“ einreihen. Stoff für ein gewaltiges Epos liefert die Sage genug, leider reichte es dafür nicht ganz.
Für das Scheitern am großen Wurf will ich gar nicht einmal die Einsparung göttlicher Einflussnahme auf den Handlungsverlauf oder diverse Umdichtungen im Sinne der filmischen Umsetzung verantwortlich machen, sondern viele Kleinigkeiten, die sich aber dann doch summieren und den ein oder anderen enttäuscht im Kinosaal zurückgelassen haben.

Die visuelle Kraft wird dem Stoff zumindest an den entscheidenden Stellen gerecht, manche herausragende Szene kannte man leider schon aus den Trailern in- und auswendig, z.B. das Eintreffen der Schiffe in Troja. Ansonsten hätte man sich vielleicht etwas detailreichere Sets gewünscht, denn die Landschaft um Troja sieht doch recht karg aus. Die Schlachten sind, was Anzahl der Kämpfer angeht, eine Augenweide, kranken aber leider an der so oft unangebrachten Videoclip-Ästhetik, die einen übersichtlichen Kampfverlauf verhindert, dafür schön laut und hektisch daherkommt. Warum bei der finalen Erstürmung Trojas soundmäßig nicht aus dem Vollen geschöpft wird (klirrende Schwerter, etc.), sondern ein dreist an Hans Zimmer erinnernder Score über die Szene läuft, der dazu gar nicht passt, bleibt allerdings Petersens Geheimnis.

Inhaltlich gibt es sicherlich auch genug zu bemängeln, am schlimmsten ist die Tatsache, dass Petersen keine Partei sympathisiert, sondern anscheinend einen objektiven Blick auf das Schlachtengemälde garantieren will. Zwar gibt es auf griechischer Seite einen hassenswerten Agamemnon und die Trojaner tun einem irgendwie leid, weil sie so einer Übermacht gegenüberstehen, aber richtig mit ihnen mitfiebern kann man mangels heldenhafter Charaktere nicht. Hector ist noch der sympathischste von allen, dagegen scheitert Paris an seinen viel zu weichen Zügen, was ich nicht Bloom, sondern den Autoren und Kostümdesignern ankreide. Auf der Gegenseite ist natürlich Achilles der Überkämpfer schlechthin, der nicht immer gute Eigenschaften offenbart, sondern häufig von Rachedurst zu seinen Bluttaten angestachelt wird. Pitt spielt diese Figur überraschend charismatisch und hat so die besten Szenen des gesamten Films inne, obwohl er nicht selten arrogant wirkt.

Bisweilen scheint die Geschichte mit Eintreffen der Griechen in Troja zu stagnieren, Szenen wiederholen sich. Immer wieder gibt es kleine Scharmützel, immer wieder müssen sich entscheidende Charaktere beider Seiten im Zweikampf profilieren, wobei diese Sequenzen trotz ihrer hohen Anzahl jedes Mal ein echtes Highlight sind.

Größtes Ärgernis ist die vielfach angesprochene Diane Krueger, die wahrscheinlich ihre erste und letzte Hauptrolle in einem großen Hollywoodfilm bekommen hat. Mit der Ausstrahlung eines Schluck Wassers und einer grausam akzentuierten Selbstsynchronisation kommt man halt einfach nicht weiter.

Bleibt unterm Strich ein durchschnittlicher bis ordentlicher Unterhaltungsfilm, der emotional kaum berührt, aber zumindest beim ersten Durchgang ganz gut bei Laune hält. Trotzdem hätte der Stoff zweifellos mehr hergegeben, sodass der Ärger über die verschenkten Möglichkeiten fast größer ist als die Freude über das Gesehene.

Details
Ähnliche Filme