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Sie verkaufen den Tod - Version: 1. Synchro (Kino 1972)

Du hängst wohl sehr am Leben. Ich nicht.

Eine Mischung aus den Spaghettiwestern und dem Söldnerabenteuer Marke Das Dreckige Dutzend, Geheimauftrag Dubrovnik oder Die Teufelsbrigade schien Regisseur Tonino Valerii vorgeschwebt zu haben, die Übertragung eines Subgenre in das Andere und zurück, eine Komplettierung, die auf drei Akte setzt, in der zwei davon sogar verzichtbar, wenn auch nicht gleichzeitig, also nicht unabhängig voneinander sind. In verschiedenen Fassungen existiert der Film, mal fehlt der Beginn, mal ein Großteil der Mitte, zuweilen ist das feurige, zwanzigminütige Ende, der Massen-Showdown zwar vorhanden, aber auch beschnitten, anders aufgelöst auch, anders deutbar, was auch jeweils und dies zusätzlich zu unterschiedlichen Sprachversionen jeweils einen (etwas) anderen Film ergibt:

Um vor dem sicheren Tod wegen diverser Vergehen gerettet zu werden, stimmt Eli Sampson [ Bud Spencer ] zusammen mit anderen Leidensgenossen wie Ted Wendel [ Ugo Fangareggi ], Donald MacIvers [ Guy Mairesse ], Piggott [ Benito Stefanelli ] oder Will Caulder [ Adolfo Lastretti ] und dem Mischling Jeremy [ Joseph Patrick Persaud ] 'freiwillig' überein, sich dem ehemaligen und unehrenhaft entlassenen Soldaten Colonel Pembroke [ James Coburn ] anzuschließen, der im Auftrag von Major Charles Ballard [ Jose Suarez ] ein zuvor aufgegebenes Fort von den Südstaaten durch eine Finte zurückerobern will. Insgeheim geht es ihm (scheinbar) nicht um eine Rehabilitation, sondern dort verstecktes Gold, von dem der jetzige Machthaber Major Ward [ Telly Savalas ] zwar nichts weiß, aber dennoch die in den Bergen gelegene Stätte nahezu einnahmesicher umgewandelt hat.

Einen Grund zu leben, und einen Grund zum Sterben haben die Leute hier, nicht bloß die 'Auserwählten', die je nach Version mal derer 8 im Selbstmordkommando sein sollen und mal 10, sondern die gesamte Bevölkerung. Es herrscht der Krieg, der Bürgerkrieg, zwischen den eigenen Menschen, inmitten im Lande, in der ersten Stadt gibt es nur noch ein Geschäft, das überhaupt noch steht, in der zweiten, die man durchquert, gibt es immerhin noch mehr; darüber hinaus wird nur Elend geboten und der Tod verkauft.

In der vorliegenden 1. Kinosynchronisation, durch das Aventin-Filmstudio München, in der Originalfassung, werden alle drei Darsteller, obwohl mit ungleicher Gewichtung innerhalb des Filmes auf einmal aufgezählt, die drei Namhaften in der Besetzung, Coburn, Spencer, Savalas, zwei Protagonisten, ein Antagonist, der Rest dazwischen gefangen und nur für die Drecksarbeit auch wichtig. Nach der Eröffnung mit der Einspeisung von historischen Bildern kommt die Verkündung, 1862 wird der Ausnahmezustand verhängt, alles ist verboten, nur das eigene Atmen erlaubt, der Rest mit der Todesstrafe belegt. Ein paar Flüchtende sieht man noch, ein paar versprengte Gestalten, der Hunger treibt die Menschen herum, der Magen knurrt, es wird vom Essen fabuliert, "Maiskolben ohne Nelken ist wie eine Frau ohne Titten"; dergleichen Töne fallen später nicht mehr, da wird nur noch vom knusprig gebratenen, aber imaginären Truthahn defiliert.

Ein Coup wird ausgeheckt, nicht das mit dem Fort, nur ein Einbruch in ein Lebensmittelgeschäft, "Aktion Eichhörnchen", ein Mundraub bei helllichten Tage, ein Mann geht rein, einer steht Schmiere; das ist der Plan, doch der Galgenstrick winkt. Die Südstaatler stehen 30 km vor der Stadt, die Nordstaatler sind im Notstand, nur als Soldat lässt sich's noch leben, mit dem Einsatz des eigenen Körpers, dem Tragen der Uniform, die hier keiner der Meute mehr anhat, und die Meisten sowieso noch nicht am Leibe trugen. Viele Vorschläge werden eingangs gemacht, Zusammenarbeiten gesucht, aber paarweise bloß, es geht auch eher langsam, mit einer Milieuschilderung, mit dem Ende der Zivilisation los.

Spencer ist hier zu Beginn und beim glorreichen Finale eher reichhaltig mit den Worten, mittig verstummt er auch zuweilen, die Reise an den Kräften zehrt. Erst redet er sich in sein eigenes Grab, dann wieder daraus heraus, er hat eindeutig die meiste Kommunikation, er nimmt mehrfach unterschiedliche Rollen und Funktionen an, er schlägt sich in Tarnung durch das Dasein durch. Was von dem Erzählten wahr ist und was eher nicht, erfährt man bis zum Abspann nicht, später zählen sowieso nur Taten, die ihn eindeutig auf die Seite der 'Guten' verorten, auch wenn er ebenso am Auslöschen anderer Seelen und am Töten der Gegenüber, oftmals auch nur normaler 'Angestellter' ist.

Der Film ist dabei voll mit schillernden Gestalten, manche gehen auf, manche gehen unter in der Masse, die meisten gehen drauf, im Explosionsdonner, im Kugelhagel, im hinterrücks ausgeführten Meuchelmord. Der Mestize fällt auf, der geschasste Sergeant, der Rest ist eher Natur Mitläufer, schlägt sich auf die Seite der Mehrzahl, hat jeder sein eigenes Verbrechen im Hintergrund, eine letzte Chance eigentlich nicht verdient. Einer hat nur Papiere für Maultiere gefälscht, einer einen Mord begangen, einer die bekannte Plünderei, ein Medikamentendieb und Schwarzmarkthändler, noch ein Mörder, und ein Hochverräter ("Die Neger sind schlimmer als wilde Tiere."), eine Bande voller Abschaum und Bluthunde; die Reise zum Ziel mit Entbehrungen und Gefahren gepflastert, mit Aufstand und Feindschaft in der eigenen Gruppierung, Ein Dreckiger Haufen, angriffslustig, verbal aggressiv, Augen im Hinterkopf muss man hier haben, "Der Weg durch die Sierra ist noch lang. Sehr, sehr lang. Da wird's noch Gelegenheit geben."

Gelegenheiten kommen hier tatsächlich, manchmal droht die Situation zu kippen, der Feind ist und kommt von allen Seiten, die Menschlichkeit dafür umso selten. Spencer, welcher auch bei den Colizzi bspw. eher die gute Seele war, der Partner in der Not, handelt hier als einziger zuweilen altruistisch, als “Kindermädchen“, er geht auch durch die Hölle dafür, später bringt er zum ersten Mal in seinem Leben auch den Tod, er wird in den Krieg mit involviert, vorher war er wahrscheinlich 'Drückeberger', zumindest wurden eingangs vielerlei Märchen geflunkert. Das kann man mehrfach schauen, es gibt verschiedene Dinge zu entdecken, es hat zuweilen auch seine Längen, es wird etwas auf Zeit gespielt, die gekürzte Fassung hat reichlich Tempo wiederzugeben.

Wer den Bedürftigen hilft, kommt von Gott.“, heißt es später, gehandelt wird anders, der Tod kauert und lauert selbst in der scheinbaren Normalität und Helligkeit hier, mitten am Tag in 'gewöhnlicher' Gesellschaft, die letzten Jahre haben alles, selbst den Rest an vermeintlicher Zivilisation verändert. Ein Passierschein wird gefunden, eine Familie von Meuchelmördern, einen 'vergesslichen' Kaufmann, “Gute Reise und Waidmanns Heil!“, es kommt zu Grausamkeiten und Absurditäten, zu Antiautoritären und einem schweren Beben. Das lange letzte Drittel, die Einführung vom tatsächlichen Antagonisten, die Rolle von Savalas (mit zuweilen dem stärksten Eindruck, auf jeden Fall der stärksten Szene des Filmes), ist eher eine Angelegenheit von Konzentration und Fokussierung, es wird hinausgezögert und wie in aller Zeit der Welt manövriert, “Auf alle Fälle müssen wir bis morgen warten.“, es wird um die Alarmanlage herum schwadroniert. Eine “schwere Geburt“, ein Warten und Wache halten und andererseits die Wachen austricksen, ist jeweils das oberste Gebot. Ein Exerzitium der Sorgfalt, Sorgsamkeit, Sparsamkeit, Langsamkeit, bis zum hochexplosiven und rapiden Massentod.



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