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Bud Spencer und Terence Hill sind in die Jahre gekommen. Mitte der 80er befanden sie sich in einer schwebenden Übergangsphase, nur ein kurzer Moment, in dem das Duo die freche Frische der 70er Jahre gegen Reife eingetauscht hatte und trotzdem noch erfolgreich war. Oder sagen wir besser, es fand eine Anerkennung der langjährigen Leistungen durch das Publikum statt, indem etwa der erste Film mit Kollaboration der beiden 1980 als Comedy-Variante unter dem Titel „Zwei vom Affen gebissen“ wiederaufgeführt würde. Ein Zeichen der Beliebtheit und der Etablierung eines ganzen Subgenres im Action-Fun-Sektor.

Es war aber auch ein Zeichen dafür, dass die Spaßorgien kein Novum mehr waren. Sie konnten nicht mehr unbedingt überraschen, sondern vielmehr die vorgeformten Erwartungen der Zuschauer möglichst gut erfüllen. Und da alles ein Ende hat (außer der Wurst, die hat zwei), musste irgendwann die Fluktuationskurve vom Boom in die Depression übergehen. „Vier Fäuste gegen Rio“ steht durch ein gewaltiges, vor Originalität sprühendes Aufbäumen noch kurz vor der Trendwende. Ein letztes großes Feuerwerk, bei dem die Normalität, die Tradition, das Ritual wirklich noch in seiner unberührten Form und ohne Melancholie des Abschieds spürbar waren.

Zu verdanken ist das einmal mehr auch Stammregisseur Enzo Barboni, der diesmal seine bevorzugten Stilmittel voll ausschöpfte und seine beiden Protagonisten gleich doppelt ins Rennen schickte. Und das ist ein unglaublich geschickter Kniff. Es handelt sich hier um ein Konzentrat der wichtigsten Elemente, die die Blütezeit der Spencer/Hill-Ära geprägt hatten. Mit dem transformativen Übergangswestern „Die rechte und die linke Hand des Teufels“ wurden diese Elemente über zwei Stunden erstmals ausgebreitet und verteilt, nun vereinen sie sich wieder in eben dieser Vierer-Konstellation.

Zur Begründung seien kurz einige Punkte angesprochen. Da wäre zum einen mal wieder die gerade bei Barboni beliebte Verwechslungssituation, diesmal allerdings handelt es sich um eine forcierte Verwechslung, die absichtlich inszeniert wird (das lässt sich aus der Story erklären: die Milliardäre und Vettern Sebastiano (Hill) und Antonio Coimbra (Spencer) suchen Doppelgänger, weil sie von Geschäftsleuten mit Gangstermethoden bedroht werden und schicken die wie aus dem Gesicht geschnittenen Elliot (Hill) und Greg (Spencer) ins Rennen, um die Kontrahenten zu verwirren). Eine schöne Sache ist das: zwar bekommt der Zuschauer wieder etwas geboten, das er bereits kennen- und lieben gelernt hat, doch ergeben sich trotz des Altbewährten auch neue Möglichkeiten. Denn wo beispielsweise „Zwei bärenstarke Typen“ darauf baute, dass Spencer und Hill von allen Institutionen befreit agieren konnten, handeln sie nun im Auftrag derer, die sie imitieren.

Das bedeutet natürlich nicht, dass sie sich vorschreiben lassen, wie sie sich verhalten sollen. Und hier sind wir beim zweiten Aspekt: wie immer sind sich Spencer und Hill selbst treu und bleiben es auch. Das wird dadurch verdeutlicht, dass ihnen mit den beiden Millionären ein gesellschaftlicher, wenn auch umstrittener Idealtypus vorgesetzt wird, demzufolge man gute Manieren definieren kann. Dadurch, dass sie ihren Gegenübern auch noch wie aus dem Gesicht geschnitten sind, fungieren diese als eine Art Spiegel in eine mögliche Alternativwelt. Und es ist ungemein sympathisch, dass die bodenständigen Doubles (von Beruf übrigens Stuntman und Saxophonist) das nicht einmal wahrzunehmen scheinen und überhaupt nicht darüber nachdenken, dass es theoretisch möglich wäre, sich von einer neuen Welt so sehr ummanteln zu lassen, dass sich die Persönlichkeit daraufhin ändern würde. Nein, was wären sie ohne ihre Rülpser und ihre Fäuste... nicht auszudenken.

Die Buddy-Konstellation gibt sich dabei in der zu diesem Zeitpunkt bereits 17 Jahre andauernden Kooperation lustigerweise derart routiniert, dass sich Spencer und Hill gleich nach ihrem ersten Aufeinandertreffen locker-leicht die Bälle zuspielen – und das, obwohl sie sich laut Skript noch gar nicht kennen. Wenn sie als Elliot und Greg im Büro dem Sekretär der Millionärsvettern gegenübersitzen, Witze auf ihre eigenen und die Kosten des Gegenübers reißen und beide ganz offensichtlich das gleiche Anliegen haben („Wassn mit die Kohln?“), dann nimmt man ihnen nicht ab, dass sie Fremde sind. Das mag als Kritikpunkt herhalten können, ist aber dermaßen drollig, dass man als Spencer/Hill-Fan dafür einfach keinen Punktabzug über das Herz brächte.
Sicherlich hat auch die Synchro-Crew um Rainer Brandt ihren Anteil daran, die mit Wortwitz und eigenwillig-dümmlichen Pointen mal wieder nur so um sich pfeffert. Alleine die stetige Frage, was denn nun mit die Kohln ist, wirft einem nach der x-ten Wiederholung aus dem Sessel, vor allem, weil der Job an sich zu Beginn noch gar nicht zu interessieren scheint. Im späteren Verlauf übertrumpfen sich die Sprüche von mal zu mal gegenseitig, so dass „Vier Fäuste gegen Rio“ zu den wohl größten Sammelsurien an Gags aller Filme gehört. Bemerkenswert dabei ist diesmal das zwar wieder nicht lippensynchrone Zusammentreffen von Wörtern und Mundbewegung, aber dafür Gesichtsausdrücke, die öfter als gewohnt zum Gesagten passen. Während Spencer beispielsweise in „Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle" fröhlich lachend in die tanzende Menschenmenge blickt und im Deutschen sagt „Mann, wär ich doch nicht so fett!“, unterstützt das Gezeigte nun das Gesagte. So darf der snobistische Spencer wunderbar köstlich das Gesicht verziehen und sagen „Hach, wie ordinär!“, als Reaktion auf das erstmalige Zusammentreffen mit seinem Double. Da kriegst du dich nicht mehr ein!

Die Aufeinandertreffen der Zwillingsgesichter bedurften einer technischen Lösung, die nun wirklich nicht allzu ausgereift ausgefallen ist. Es handelt sich hier um simple Bildmontagen, bei der jeweils die rechte und die linke Seite eines Bildes zusammengefügt wurden. Man achte in etwa darauf, dass sich die Zwillinge nie berühren. Dennoch verfehlt das Gezeigte nicht seine Wirkung, denn die Montagen wurden geschickt inszeniert, so auch bei der Szene am Speisetisch, die mal mit Doubles arbeitet, in Totalen dann wieder mit der angesprochenen Montage.
Gerade in der finalen Klopperei erweist sich die verwendete Technik als fantastisch integriert und gewinnt der ansonsten oft sehr gleich ablaufenden Endprügelei eines Spencer/Hill-Films neue Züge ab. Barboni spielt mit den Möglichkeiten, die sich ihm bieten. Ein verlassenes Landhaus dient als Kulisse, die voll genutzt wird. Erwähnenswert ist es, dass auch die Persönlichkeiten der Einzelakteure mit in die Choreographie eingeflochten wurden. So lenkt dann mal der ängstliche Sebastiano die Aufmerksamkeit der Schergen auf sich, rennt wie ein feiger Hase um die Ecke, wo dann der wagemutige Elliot steht und die überraschten Fieslinge ausknockt. Grandios wie nichts anderes ist aber eine spezielle Szene: das versiegelte Haus wird von den Bösewichten belagert. Zwei Bösewichte gehen rein. Man hört kurz nichts, dann eine Schlagkombo, dann bewegen sich Spencer und Hill ganz relaxt und lässig vor die Tür, warten, bis Sekunden später die Bösewichte aus dem Fenster fliegen und genau neben ihnen landen. Einfach nur ein Knaller. Die Soundkulisse hat übrigens ein besonderes Zuckerli zu bieten: auf einen speziellen Schlag von Spencer erfolgt ein Hit-Sound mit dreifachem Echo. Herrlich trashig!

Falls das noch nicht deutlich geworden ist, wir befinden uns übrigens in Rio de Janeiro, was dem Geschehen mal wieder einzigartiges Flair verleiht. Die sich stets wiederholende Titelmusik schmiegt sich da wunderbar ein, wenn sie auch nicht ganz die Ohrwurmqualitäten früherer Filme entfacht. Dennoch, die Drehorte sind teils wunderschön eingefangen, inklusive Karneval und dem dazugehörigen nackten Fleisch. Unter der Sonne Rio de Janeiros lässt es sich ganz besonders ausgelassen abrocken. Für die Motivation zur Schlägerei muss man da nicht lange suchen, zumal Spencer bereits vorher den gesamten Mitarbeiterstab der Millionärsvilla mit seinem Saxophon in Schwingungen gebracht hatte und sich Hill mit seiner „platonischen“ („Was issn platonisch?“ „Das bedeutet, man tut nur so, als ob.“) Freundin vergnügen durfte.

Diese Lockerheit ist es wohl auch, die eine Vorab-Abschiedsmelancholie verhinderte, wie sie dann etwa in „Die Troublemaker“ aufkommen sollte. Dem ist hier glücklicherweise nicht so: Spencer, Hill, Spencer und Hill prügeln sich zu viert mit sichtbarem Frohsinn durch eine Komödie mit Identitätentausch, die unter der sonnigen Atmosphäre ihre volle Power entfaltet. Die Doppelgängergeschichte ist das Gewürz und entpuppt sich zugleich als letzter Zusammenschluss der altbewährten Zutaten, die uns in zwei Jahrzehnten ans Herz gewachsen sind.
Ein letztes Mal strahlt die Sonne mit ganzer Kraft...
8/10

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