Theresa Dunn (Diane Keaton), eine junge Lehrerin für taubstumme Kinder aus einem Vorort von New York, verlässt nach einem heftigen Konflikt mit ihrem tyrannischen Vater ihr streng katholisches Elternhaus, um in der Großstadt ein freies, selbstbestimmtes Leben zu führen. Doch mit der Zeit kristallisiert sich heraus, dass dieses Leben, das für sie auch und v.a. sexuelle Selbstbestimmung bedeutet, riskant ist und auch nicht unbedingt Erfüllung bedeutet...
Was sich im ersten Moment wie ein bizarrer Hybrid aus Melodrama und „Eine Frau geht ihren Weg“-Geschichte anhört, ist ein auf dem gleichnamigen Roman von Judith Rossner basierender Film, den es noch nirgendwo auf DVD gibt. Dies liegt wohl v.a. daran, dass die Lizenzkosten für die gespielten, originalen Disco- und Soulklassiker wohl für den Verleih Paramount offensichtlich für eine DVD-Veröffentlichung zu kostspielig sind.
Mich haben wenige Filme in letzter Zeit so zwiespältig hinterlassen. Der Film hat eindeutig seine großen Pluspunkte, aber auch einige sehr profunde Schattenseiten, die mir den Genuss etwas vermasselt haben.
Zu den Pluspunkten gehören die hervorragende Leistung von Diane Keaton, die als langsam sexuell erwachende Lehrerin perfekt besetzt ist (ganz gegen ihre oft komödiantischen Rollen, für die sie im Jahr vor „Mr. Goodbar“ einen Oscar als Woody Allens „Annie Hall“ ausgezeichnet worden war); außerdem die gesamte Stimmung des Films, eingefangen durch eine hervorragende Kamera (William Fraker), der großartige Soundtrack und das bohrend-verstörende Ende, dessen Bilder man nicht so leicht vergisst. Auch die anderen Schauspieler wie Richard Gere als leicht durchgeknallter Kleinkrimineller Tony, mit dem sie auch ein Verhältnis hat oder Tom Berenger als fieser Bisexueller, sind sehr gut besetzt.
Zu den großen Nachteilen des Films gehört für mich jedoch seine Moral: für ihre Befreiung (räumlich, sexuell, finanziell) bezahlt Theresa einen hohen Preis, für ihre Unlust, eine feste Beziehung einzugehen (z. B. mit ihrem biederen Verehrer James, der sich bei ihrer Familie einschmeichelt), büßt sie sehr viel ein. Ihr Werdegang vom verhuschten Dozenten samt heimlicher Affäre mit einem selbstgefälligen Uni-Professor zu einer promisken, relativ selbstbewussten Frau, die es im Nachtleben krachen lässt ist, durchaus plausibel geschildert, besonders wenn man ihr spießiges Elternhaus betrachtet, und doch kam es mir vor, als wäre ihre Suche nach dem Richtigen (Mr.Goodbar) von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil sie zu kompromisslos vorgeht. Irgendwie schimmerte für mich immer eine 50er-Jahre-Moral in diesem Film durch, der sich zwar durchaus freizügig und offen gibt, der aber dahinter eine konservative Wertvorstellung über die wahre Frauenrolle transportiert und den Film somit abwertet und ihm eine unschöne Wendung mitgibt. Der Film ist ganz sicher auch ein Bild seiner Zeit und der aktuellen Emanzipationsbewegung der Frauen (Theresa guckt in einer Szene interessiert eine Dokumentation im TV über eine Frauendemo), aber dennoch bleibt er auf halben Weg stecken.
Insgesamt ein gemischtes Vergnügen mit Licht- und Schattenseiten, aber da ich Filme, die im New York der 70erJahre liebe (sei es „French Connection“, „Cruising“ etc.), nun mal sehen „muss“, ist „Auf der Suche nach Mr.Goodbar“ unverzichtbar. Dennoch nur eine 5 von mir.