„Proof of Life“ gelang es schon während der Dreharbeiten in sämtlichen Klatschblättern erwähnt zu werden, was nicht an der möglichen Qualität des Films, sondern der Affäre zwischen den beiden Hauptdarstellern Russel Crowe und Meg Ryan (trennte sich danach von Ehemann Dennis Quaid) lag. Der Film selbst hätte die Aufmerksamkeit aber nicht verdient, obwohl er, ungewöhnlich für Hollywood, einen Beruf durchleuchtet, den man bis dahin die meisten Zuschauer wohl nicht mal kannten: den Lösegeldverhandler
Der ist in diesem Fall der männlichste Australienexport seit Mel Gibson: Russel Crowe. Als Angestellter einer Versicherung, darf er gleich im Intro, eine Geisel aus den Händen von russischen Rebellen befreien, vor der Armee flüchten und mutig am Hubschrauber baumeln. Man merkt, er ist ein Mann vom Fach, kein James Bond, aber schon fast ein Jack Ryan. So verwundert es in Folge auch kaum, dass sich Regisseur Taylor Hackford sich optisch an Phillip Noyce Stil aus „Die Stunde der Patrioten“ und vor allem „Das Kartell“ orientiert.
Leider weiss Hackford oder viel mehr das Drehbuch (und dessen Autor wohl auch) nicht so recht was es eigentlich will und vermischt einen Haufen verschiedener Genres und Handlungsstränge zu einem seltsamen, nicht richtig harmonierenden Stückwerk. Die Exposition um Peter Bowman (David Morse) und seine Frau Alice (Meg Ryan) wird zu breit gewalzt, während Terry Thornes (Russel Crowe) privaten Probleme und seine kaum vorhandene Beziehung zu seinem Sohn nur kurz angerissen und aus unerklärlichen Gründen nicht mal am Ende wieder aufgenommen werden.
Als Politthriller funktioniert „Proof of Life“ auch nicht, denn außer reinem Desinteresse an dem Schicksal des nicht versicherten Peter lassen die Konzernbosse, wie die Botschaft nichts von sich hören. Die Darstellung der rein korrupten Regierung Tecalas, sowie der ständig, saufenden, unsympathischen und unzivilisierten Rebellen, die ihr Geld mit Drogenhandel und Geiselnahme verdienen, geriet dabei naiv (stecken natürlich aller unter einer Decke) wie klischeehaft. Überhaupt wird nie politische Brisanz geboten, versuchen irgendwelche Politiker und Militärs sich einzumischen, oder droht ein größerer Konflikt.
Was bleibt also noch? Die Beziehung zwischen Terry und Alice, die alle ihre Hoffnung in die Hände des Profiermittlers legt, der erst zurückgepfiffenen wird, weil der Ehemann nicht mehr versichert ist und letztendlich auf eigene Faust (Motiv darf man sich herbeinterpretieren, war aber wohl die einfache Schwanzsteuerung) mit ein paar alten Freunden in die Sache nimmt? Mag es hinter der Kamera ja gefunkt haben, dass Brandgefahr bestand, vor der Kamera ist davon nicht viel zu merken und wenn, dann etwas unglaubwürdig, da Hackford die heißen Liebesszenen (Watch the Trailer!) gleich nach der Premiere herausschnitt. Ob das den Film besser gemacht hätte, darf man bezweifeln, aber die zusätzliche Laufzeit, hätte dem eh schon zu langen, sentimentalen Werk bestimmt nicht gut getan.
Letztendlich ist aber nicht Russel Crowe das Problem, da dieser den ruhigen, männlichen und sympathischen Alleskönner wie üblich souverän meistert, sondern Meg Ryan, die anfangs zwar die Heilsuse gibt, sich aber überraschend schnell fasst, keine großen emotionellen Schwankungen zu bieten hat und stets wie aus dem Ei gepellt aussieht, während ihr Ehemann von Rebellen in einem an schlechte Vietnamfilme erinnernden Lager gefangen gehalten wird.
Dort wird übrigens recht authentisch das harte Leben Peters geboten (Dreck, Schmutz, Schmodder, ewig schlechtes Wetter, Essen und alles was dazu gehört), aber leider auch ein unfreiwillig komischer Gottfried John als Missionarsrübezahl, der nun schon über ein Jahr auf seine Auslösung wartet und dabei den Verstand zu verlieren beginnt. Neben einer ordentlich inszenierten Flucht, bleibt er, verglichen mit einem gut spielenden David Morse, aber ein Suppenkasper im Rebelleneintopf. Dennoch bleibt die Verschleppung Peters wohl das einzig wirklich Gute, haften Bleibende, weil nah an der Realität.
Nun gut, Thorne kehrte ja eigentlich zurück, um Alice bei den Verhandlungen zu helfen und bringt ihr dazu grundlegende Thesen des Verhandelns bei. Doch so spannend so ein Zocken um ein Leben sein kann, so fade wurde das hier umgesetzt. Außer einem eintönigen „Beträge anbieten“ übers Funkgerät, was so viel Spannung wie die Versteigerung eines Picassos erzeugt, hat Thorne, abgesehen vom Ende, nicht viel zu bieten. Woher also sein ungeheurer Name?
Zurück zum Drehbuch, das wie oben erwähnt, mit der heißen Nadel zusammengestrickt wurde und nicht so recht weiss, wohin es will. Komisch, dass sich niemand fragt, warum man der Charakter Janis nicht gleich aus dem Film gestrichen wurde, da er doch überhaupt keine Funktion, außer Alice ein bisschen Mut einzuflößen. Ein besonders deutliches Anzeichen für Einfallslosigkeit ist, als es dem Ende zugeht, die Tatsache, dass ausgerechnet das Hausmädchen, wie zufällig Thorne auf die richtige Spur führt, so dass der am Ende, zusammen mit ein paar Kumpels megamäßig den großen Otto im Dschungel losmachen kann und uns zum schmalzigen Happy End führt. Mag dieses plötzlich auftretende Kriegsszenario nicht zum Rest des Films passen, sind wir da doch schon dankbar, dass etwas attraktive Unterhaltung geboten wird, wo der Rest nur leidlich spannend wie unterhaltend und durchschaubar wie ein altes Fischernetz bleibt..
Fazit:
Zerfahrenes Geiselszenario, dass Drama, Thriller, Lovestory und Actionfilm sein will, die Richtungen aber nie unter Kontrolle bekommt und daher zu Recht an den Kinokassen floppte. Zu tempolos und vor allem zu lang geriet Hackford das Geschehen, denn in der einen oder anderen Dialogpassage hätte er sich ruhig kürzer fassen können. So bleibt ein unterdurchschnittliches Werk, das zwei gute Schauspieler (Crowe, Morse) zu bieten hat, aber ansonsten, auch dank nervender Klischees und Naivität enttäuscht.