Das man nicht einmal auf eine Liebesgeschichte verzichten kann, beweist leider "Proof of Life". Wenn es nach Regisseur Taylor Hackford (Ray, Dolores) gegangen wäre, hätten wir ein wesentlich ausführlicheres Techtel-Mechtel zwischen Russell Crowe und Meg Ryan gesehen. Aber einige Szenen mussten weichen, trotzdem hat der Film immer noch eine stolze Länge von 130 Minuten. Crow und Ryan fühlten sich bei den Dreharbeiten zueinander hingezogen, wahrscheinlich der Grund warum Ryans Ehe in die Brüche ging. Dem Film tat dies keinen Abbruch, die 65 Millionen Dollar Budget hat Hackford gut untergebracht. Aber er schöpft nicht das ganze Potiential aus, verlässt sich zu sehr auf das dialoglastige Drehbuch von Tony Gilroy (Die Bourne Identität). In einigen Szenen hätte man sich kürzer fassen müssen.
Terry Thorne (Russell Crowe) ist Experte auf dem Gebiet Entführung. In Tecala bekommt er es mit einem besonders schwierigen Fall zu tun. Der Ingenieur Peter Bowman (David Morse) wird von der ELT gekidnappt, eine rebellische Organisation die sich auch durch Drogen finanziert. Terry übernimmt die Verhandlungen auf eigene Faust, denn Peters Firma ist gerade von einem größeren Konzern geschluckt worden und die wollen keine Geld bezahlen. Terry sieht sich mit hartnäckigen Entführern konfrontiert und fühlt sich gleichzeitig zu Peters Frau Alice (Meg Ryan) hingezogen. Währenddessen durchlebt Peter die Hölle.
Hackfords Entführungsthriller ist bei Weitem nicht uninteressant. Wir bekommen hier Einblicke in ein kaum gezeigtes Geschäft, dem Entführungsvermittler. Terry ist Profi auf diesem Gebiet, hat gerade einen gefährlichen Job in Tschetschenien hinter sich. Manchmal hilft reden nicht viel, so muss Terry auch mal mit Gewalt durchgreifen. Die erste Stunde präsentiert sich "Proof of Life"als straight und spannend erzählter Actionthriller. Wir erfahren auch viel über das Schicksal von Peter, der von der ELT in die Berge verschleppt wird. Er muss dort unter menschenunwürdigen Bedingungen leben, ein Fluchtversuch schlägt fehl. Die Kulissen sind dabei sehr authentisch, gedreht wurde in Ecuador. Leider geht Hackford immer mehr die Puste aus. Langsam aber sicher deutet sich ein inniges Verhältnis zwischen Terry und Alice an, aber die Entführung gerät nie in den Hintergrund. Ausser einer Kussszene werden wir komplett verschont. Terry hat auch so genug zu tun, er muss um den Preis verhandeln. Seinen Verhandlungspartner hat er durch einen zu dummen Zufall bald aufgespürt, sowie Peters Standort. So wartet Hackford noch mit einem tollen Actionfinale auf, welches für die FSK 12 Freigabe ganz schön heftig ist. Ein langer Shootout mit schicken Explosionen und einigen blutigen Einschüssen. Ansonsten ist Action kaum vorhanden, ausser beim Auftakt in Tschetschenien. Aber "Proof of Life" will gar kein Actionfilm sein, ist im Genre sowieso sehr unschlüssig.
Viel retten die überzeugenden Darsteller, ganz besonders David Morse als Peter Bowman liefert eine starke Show. Russell Crowe muss sich nicht überanstrengen, weiss sich trotzdem gut zu verkaufen. Meg Ryan macht auch einen guten Job, etwas verschenkt wird David Caruso. Pamela Reeds Charakter Janis Goodman hätte man ganz weglassen können.
"Proof of Life" verhaspelt sich zu sehr in den Genren. Dabei fängt man temporeich und vielversprechend an, doch mittig geht die Luft raus. Das Finale macht dann nochmal richtig Dampf, auch kleinere Wendungen werten die Story auf. Aber insgesamt ist dieser Actionthriller zu lang geworden, lückenlose Unterhaltung kann Hackford nicht servieren, trotzdem kein schlechter Film.