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Es hätte ganz böse daneben gehen können. Russel Crowe als aufrechter Kämpfer befreit einen Amerikaner aus den Klauen böser Guerillas und erobert nebenbei das Herz der schönen Meg Ryan. Oberflächlich stinkt diese Konstellation nach übelsten Hochglanz-Hollywoodtrash, herausgekommen ist allerdings ein überraschend gradliniger und auf Realismus getrimmter Thriller, der Action selten aber dafür umso effektiver einsetzt und sich mit Hurrapatriotismus wohltuend zurückhält. Die (durch den Schneideraum nur noch rudimentär vorhandene) Romanze zwischen Meg Ryan und Russel Crowe wirkt allerdings allzu aufgepflanzt und bremst den Film ein ums andere mal aus.
Als Peter Bowman (David Morse) in Lateinamerika entführt wird, unterstützt der Verhandlungsspezialist Terry Thorne (Russel Crowe), die Ehefrau (Meg Ryan) des Opfers. Beiden kommen sich im Zuge der Verhandlungen allmählich näher, während Bowman den harten Dschungelalltag in den Anden Südamerikas ertragen muss. Als ein Fluchtversuch scheitert, brechen die Entführer unvermittelt alle Lösegeldverhandlungen ab.
Es ist schon ein hartes Brot, an dem David Morse in seiner Rolle als Peter Bowman zu knabbern hat. Erst wird er von Guerillas verschleppt und quer durch die matschigen Anden gescheucht, während hinter seinem Rücken seine Ehefrau Alice mit dem adretten Verhandlungsführer anbandelt. Zur zweifelhaften Legitimation kommt dieser Ehebruch in „Proof of Life“ durch einen Streit zwischen den Ehepartnern am Anfang des Films. Nun, Krach gibt es in den besten Familien - deswegen nutzen Eheleute noch lange nicht eine Notsituation der besseren Hälfte aus, um sie schamlos zu betrügen. So ähnlich muss auch dass Testpublikum gedacht haben, als es allzu heiße Liebesszenen zwischen Meg Ryan und Russel Crowe monierte, woraufhin Regisseur Taylor Hackford den Film kurzerhand umschneiden ließ. Im Endresultat beschränkt sich die Romanze nun auf einen leidenschaftlichen Kuss, aber selbst der kommt dem gebannten Zuschauer noch ziemlich unmoralisch vor. Somit wäre allerdings auch schon die einzige wirkliche Schwachstelle des Films verortet, was Raum und Zeit schafft, sich den Stärken des Films zu widmen.
Da wäre zunächst der gelungene Realismusgrad des Films zu erwähnene. Im Stile von Hightech-Thrillern wie „Die Stunde der Patrioten“ (1992) oder „Das Kartell“ (1994) wird die Action realistisch dargestellt und sparsam aber ungeheuer effektiv eingesetzt. Darüber hinaus sterben löblicherweise die Nebenfiguren ausnahmsweise mal nicht den in Hollywood so beliebten heroischen Opfertod. Etwas inkonsequent erscheint es in diesem Zusammenhang allerdings die altmodische Entscheidung, als Ort des Geschehens einen fiktiven lateinamerikanischen Staates namens „Tecala“ zu konstruieren. Die Regierung von Ecuador wollte wohl niemanden auf dem südamerikanischen Schlips treten, als sie ihre Drehgenehmigung erteilte.
Das ganze Thema wäre ohnehin eine wunderbare Steilvorlage gewesen, um ein patriotisches Feuerwerk im Stile eines Jerry-Bruckheimer-Films abzufackeln. Stattdessen spart sich Taylor Hackford größtenteils politische Statements und konzentriert sich auf den menschlichen Aspekt seiner Geschichte. Das Szenario der durch und durch korrupten Herrscherelite und eines unfähigen Militärs, der Privatisierung des Sicherheitspersonals und marodierender Rebellengruppen, die im Kern gewöhnliche Kriminelle sind, ist dabei gar nicht einmal so weit entfernt von der tatsächlichen Situation in manchen lateinamerikanischen Staaten wie Kolumbien oder aktuell Bolivien. Nur einmal nervt der Film gewaltig mit übertriebenen Amerikanismus, als Russel Crowe ausführen darf, dass die USA das Erdölgeschäft in Lateinamerika mit dem uneigennützigen Zweck betreiben, der Region Stabilität zu bringen – Nun ja.
Unterm Schnitt wird gehobene Thrillerkost geboten, wobei sich der Film manchmal eine Spur zu viel Zeit für alle seine Charaktere nimmt und darüber hinaus die Geschichte aus den Augen verliert.

Daran werde ich mich noch lange erinnern
Die äußerst spannend inszenierte Actionsequenzen

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