Soso, das ist nun also der Megasommerblockbuster des Jahres 2004. Mit einem Wahnsinnsbudget von 150 Millionen Dollar ließ Universal Stephen Sommers die Horrormythen Dracula, van Helsing, Mr. Hyde (inklusive Dr. Jekyll), Werwölfe, Frankenstein (inklusive Doc), Igor und die ganze Monsterschar wieder auferstehen. Verspricht an sich eine leckere Prämisse, die Trailer machten auch ordentlich was her und doch ist „Van Helsing“ die bisher wohl größte Enttäuschung des Jahres.
Um es gleich klar zu stellen, Stephen Sommers ist für mich ein Rotes Tuch, ein Stümper wie es ihn in Hollywood kaum einen zweiten gibt, der mit CGI-Effekten hantieren kann, ansonsten aber das Talent eines Filmemachers vermissen lässt. Er kann keine Geschichten erzählen (sowieso keine guten schreiben), keine Spannung erzeugen und erst recht keinen guten Film machen. „Deep Rising“ war noch ein nettes Monster-B-Movie aus Hollywood, während „The Mummy“ und „The Mummy Returns“ nur passables Popcornkino waren. Aber mit seinem neusten Streich schießt er den Vogel ab, verschenkt das Potential dieser historischen Figuren und gibt sich, genau, den Effekten hin, um von einer Actionszene zur nächsten zu rasen. Tempo, Tempo, Tempo heißt die Devise. Dabei bin ich schon mit niedrigen Erwartungen an den Film gegangen….
Nun, der Einstieg darf dabei noch akzeptiert werden. Die erklärende Vorgeschichte um Graf Dracula (Richard Roxburgh, „LXG“, „Mission: Impossible II“) und Dr. Frankenstein (Samuel West) ist dabei vom einzigen interessanten Einfall Sommers geprägt – er stellt sie in schwarzweiß dar. Es blitzt, seltsames Gerät steht in der Gegend herum, Spulen werden aufgeladen – hey sollte „Van Helsing“ wirklich den Retrostil vergangener Klassiker atmen? Nö! hier tut sich schon der erste Abgrund auf, da Oberbösewicht Dracula mit Roxburgh nicht nur komplett fehlbesetzt ist und sein Charisma gegen Null tendiert, sondern, ob gewollt oder nicht, auch etwas extrem Tuntiges an sich hat. Der erste Schritt, um die Karre in den Sand zu fahren. Ihren Beitrag werden später seine Bräute ebenfalls leisten: Ihre Dialoge sind zum Schreien, das Acting mehr als nur nervig.
Viel zu berichten ist storytechnisch nicht, da das Skript gerade weg vom Reißbrett scheint, man den Plot schon aus dem Trailer kennt und es viel mehr im fertigen Film auch nicht zu sehen gibt. Van Helsing (Hugh Jackman) wird während der Jagd auf Mr. Hyde in Paris vorgestellt, darf dabei mit vielen Gimmicks experimentieren, auf die Batman zum Großteil die Patentrechte haben dürfte und Oneliner zum Besten geben, die kein einziges Mal ins Schwarze treffen. Mag sein, dass der faule Apfel hier eine verhunzte deutsche Synchronisation ist, aber ich habe selten so einen platten Antihelden gesehen, der einfach keinen passenden Spruch parat hat. Die aufgesetzten, humorigen Dialoge zwischen den beiden Kontrahenten sind auf dem Niveau von Vorschülern. Mehr als einmal wird deutlich auf wie banale Art und Weise Sommers hier auf Lacher aus ist.
Dabei hat Jackman in der „X-Men“ – Reihe die Rolle des toughen Antihelden doch abonniert. Ihm will ich die fehlende Ausstrahlung weniger ankreiden, Sommers ist es, der im CGI-Kampf gegen Hyde sämtliche Atmosphäre fröhlich über Bord kippt. Jede Aufnahme schreit vor Künstlichkeit und wo Sommers vorangegangene Filme wenigstens hier und da noch „echte“ Stunts zu bieten hatten, wird bei „Van Helsing“ der Rechenknecht ausgepackt, als gäbe es kein Morgen.
Die Vorbereitungen seiner Reise nach Transsylvanien führen mit Carl (David Wenham, „Faramir“ aus „The Lord of the Rings“) einen der nervigsten Charaktere (Den Vogel schießt nachher Draculas Bräutetrio ab) ein. Zum einen ist er mehr als nur die deutliche Kopie eines Gewissens Tüftlers, der einen bekannten MI-6-Agenten mit allerlei Spielereien ausstattet, zum anderen passen auf ihn auch sämtliche Klischees des unbeholfenen Sidekicks, die Helden in solchen Abenteuern zur Seite stehen. Immerhin, ein paar technische Errungenschaften sind ganz spaßig geworden.
So richtig auf die Nüsse zu gehen beginnt die Chose aber erst in Transsylvanien. Bei der Ankunft versanden Helsings Sätze wieder im nirgendwo, während Carl munter weiter an den Nerven zerrt und bemüht ist seinem Herrn die Bälle zuzuspielen. Zumindest optisch, wohlgemerkt nicht schauspielerisch, klettert der Film von hier an um eine Stufe nach oben, da Kate Beckinsale als Anna Valerious endlich auftritt. Sie hat mit denselben Problemen wie Jackman zu kämpfen, da es unmöglich erscheint sich in diesem Effektoverkill als Schauspieler zu profilieren. So bleibt sie dementsprechend platt und ich nehme als Fazit mit, dass ich mir in Zukunft lieber zwanzig Mal „Underworld“ ansehen werde, wenn ich Becky beim Killen von Vampiren und Werwölfen begutachten will. So, Sabber weg gewischt.
Ab Annas Auftritt ist „Van Helsing“ eine einzige Achterbahnfahrt, ständig ist was los, im Sekundentakt knüppelt sich irgendwas auf der Leinwand, wird geballert, gefallen und geflucht (keine Bange, nicht zu derb). Nur berührt den Zuschauer das Resultat kein bisschen, da den Bildern die Künstlichkeit aus jeder Pore eitert. Effekte um ihrer Selbstwillen – diese Aussage wird immer deutlicher. Spätestens wenn Kutschen grundlos an zu brennen fangen, die Protagonisten wie Pflummis durch das Bild hüpfen, gegen Mauern und Brücken geschleudert werden, wie Tarzan durch Schluchten bügeln (Im Finale hängt immer irgendwo ein Kabel, an das man sich hängen kann) und nicht mal einen Kratzer abbekommen, ist Ärger vorprogrammiert. Dabei trotzt Sommers allen Gesetzen der Logik oder wie ist es zu erklären, dass der Nachwuchs final trotz fehlender Energie nicht „ploppt“? Warum latschen Vampire nun tagsüber durch Rumänien? Weil gerade eine Wolke vor der Sonne steht? Man weiß es nicht…
Frankenstein hat final eine Schlüsselrolle und wird mit den bekannten Attributen ausgestattet (hässlich, aber mit gutem Herz), bleibt aber nur eine Randfigur, deren Tragik nie wirklich erfasst wird. Dreimal „Ich will leben“ zu sagen reicht eben nicht. Das Gleiche gilt auch für die Werwolf-Figuren, aber vielleicht geht der Anspruch auch etwas zu weit, so was in einem Popcornfilm zu erwarten. Aber warum versucht Sommers es dann erst?
Denn ist es herrlich amüsant wie in diesem Overkill versucht wird, den Figuren so etwas von Tiefe zu geben. Da stehen in einer Szene van Helsing und Anna Valerious, vor dem Schloss, um Dracula so richtig den Arsch aufzureißen und auf einmal quatscht Anna los, dass sie noch nie am Meer gewesen ist (Achso…), worauf van Helsing später mit bemüht tiefsinnigen Phrasen zu kontern versucht, was angesichts dieses ähm nicht ganz so anspruchsvollen Films doch kläglich scheitert. Dass Van Helsing eine geheimnisvolle Vergangenheit hat und irgendwann mit Anna ins Geflecht kommt interessiert angesichts der Effekthascherei auch nicht mehr wirklich und wird unter den Teppich gekehrt.
Eins muss ich Stephen Sommers bei all der negativen Kritik dennoch zu Gute halten. Das Design der Schlösser, wie auch der Städte und Dörfer ist weitestgehend gelungen und vermittelt so etwas wie Atmosphäre. Insbesondere die von Blitzen erhellten, in tiefes Schwarz gehüllten Burgen sehen in etwa so aus, wie sie man sich in seinen Albträumen vorstellt. Das war es dann aber auch schon.
Fazit:
Stephen Sommers kredenzt hier nicht den anvisierten Sommerblockbuster, sondern einen seelenlosen, einfallslosen Effektoverkill, bei dem so ziemlich alles schief geht, was schief gehen kann. Die Kreuzung der Mythen ist mühsam (Jaja, ich weiß… tolles Wortspiel…) konstruiert, viele Idee sind zusammen geklaut und die zahlreichen Effekte nicht immer von gleich bleibender Qualität. Pro- wie Antagonisten haben mit sündhaft schlechten Dialogen, zwanghafter Coolness und schwachen Onelinern zu kämpfen. Dabei nimmt der Film sich selbst zu ernst, da die Komik nicht parodiert, sondern auf flache Publikumslacher aus ist. Nervig, verhunzt, langweilig! Schade um die 8 Euro. Achja, kann mir mal jemand erklären wo Dracula seine Ewoks geworben hat?