Regisseur Vic Armstrong hat nicht nur einen markigen Namen für den B-Movie-Sektor, sondern auch das Talent.
"Joshua Tree" aka "Army of One" aka "Barett - Das Gesetz der Rache" ist ein kleines Highlight aus der Blütephase ruppiger Actionfilme Anfang bis Mitte der 90er, die hierzulande oft nur für die Videotheken gedacht waren. Und da bekanntlich das Oeuvre von Dolph Lundgren arm an wirklich guten Filmen mit ihm als zentrale Heldenfigur ist, zählt der Film mit zu seinen fünf besten und bewegt sich auf dem Level von "Showdown in Little Tokyo", "The Punisher" oder "Dark Angel". Man sieht: Erstklassig ist keiner der Filme, aber eine solide Anhängerschaft unter Freunden zielstrebiger VHS-Unterhaltung ist gesichert.
Lobenswert an "Joshua Tree" ist eine liebevoll gestaltete Atmosphäre, die sich aus den wirklich schönen Naturaufnahmen aus der Wüste und dem gelungenen Score zusammensetzt und nur selten zugunsten der Action abfällt. Diese Atmosphäre gleicht dann die erwartet dünne Figurencharakterisierung etwas aus und man widmet dem Film mehr Aufmerksamkeit als den meisten anderen Genrebeiträgen aus der zweiten Reihe.
Jedoch zieht sich der Film insgesamt etwas zu sehr in die Länge und bei mir entstand der Eindruck, Armstrong hätte seinen Film durchaus um 10-15 Minuten straffen können, um die nicht allzu komplizierte Geschichte um einen verladenen Kleinganoven und kriminelle Cops zu erzählen.
Das gilt nicht nur für Handlungsszenen, auch die vielerorts lobend erwähnte Schießerei in einer Autowerkstatt hätte eine wesentlich effektivere Wirkung gehabt, hätten 10 Automafiasoldaten weniger ins Gras gebissen. Die angenehm blutigen Shootouts in Zeitlupe (Hurra Neunziger!) sind vielleicht willkommen, aber nutzen sich mit der Zeit zunehmend ab. Zudem versucht man ganz offensichtlich, das Maximale aus der Szene herauszuholen und mich beschlich der Eindruck, als hätte mancher Scherge zweimal das Zeitliche gesegnet. Halt nur in verschiedenen Perspektiven. Die Montage der Szene schreit somit nicht unbedingt nach einem Preis für den besten Schnitt. So wird aus dem angedachten Höhepunkt in der Mitte des Films eine dann doch etwas zähe Angelegenheit, die den Spannungsfaden eher erschlaffen lässt als ihn zerreißen zu lassen.
Schauspielerisch gibt Dolph Lundgren das, was man erwartet. Besser als Steven Seagal ist's allemal und das reicht dann auch. Seine Figur ist allerdings gänzlich humorlos angelegt, wodurch die Buddy-Komponente mit dem weiblichen Sidekick permanent ins Leere läuft. Hier hätte man Lundgren etwas ausgeklügeltere Worte in den Mund legen dürfen.
Auf der Bösewichtseite sticht der Name George Seagal (nicht verwandt oder verschwägert) aus dem Cast hervor, der mir vor allem aus "Achterbahn" (1977) und "Kuck mal wer da spricht" (1989) bekannt ist. Hier chargiert der Mann allerdings so sehr, dass seiner Figur alles Bedrohliche verloren geht, auch wenn das Drehbuch wohl einen echt fiesen Antagonisten ermöglicht hätte.
Der Name Beau Starr kam mir hingegen bekannter vor als der Mann selbst. Womöglich hatte ich den Namen schon dutzendfach in diversen TV-Filmen oder Serienvorspännen gesehen und mir wegen des Wohlklangs gemerkt. Hier weiß der Mann, was er kann und was nicht und hält die Füße weitestgehend still und agiert als Stichwortgeber für den in der Rolle dauerbekifften (!) Seagal.
Kristian Alfonso wurde womöglich nur gecastet, weil Cindy Crawford das Budget gesprengt hätte. Als Deputy Sheriff in Zivil ist sie so glaubwürdig wie als Holzfällerin und aus der ihr zugedachten undankbaren Rolle holt sie auch nicht mehr raus als das Papier hergibt. Auch wenn sie mal taff Klischee-Machos zwischen die Beine tritt: Sie darf hier ganz einfach nur Frau sein. Oft angekettet, mal halb ausgezogen, stets fragend und nervend - einfach nur Frau (wie sie ein Drehbuchautor eines schmal budgetierten Actionfilms im Jahr 1993 erdenken würde).
Fazit
"Joshua Tree" hat definitiv seine Qualitäten in Sachen Unterhaltungswert. Bild, Ton und ein solides Grundgerüst an Handlung sind auf gehobenem Videotheken-Niveau. Das Budget gab diverse Sportwagen und deren Attrappen her, die zerlegt werden, Explosionen sind handgemacht und groß, Shootouts sind blutig und einige Figuren sind zumindest nicht ganz Eigenschaftslos. Mit ein wenig Feinschliff und etwas mehr Drive zwischen den Figuren hätte hier wirklich eine Perle des B-Actionfilms entstehen können. So bleibt immerhin ein überdurchschnittlicher Beitrag zum Genre. Wiedersehenswert: Alle fünf Jahre.