Im Zuge dieser förmlichen Welle an neuen Animes in den letzten Jahren kam ich natürlich auch nicht um Katsuhiro Otomos aufwändig produzierten „Steamboy“ herum. Das Setting klang schon im Vorfeld sehr viel versprechend und der Name Otomo steht (zumindest bei mir) nun mal für die Schöpfung des filmischen Non-Plus-Ultra Erlebnisses. Also schon mal zwei Fakten, die mir vor allem eines sagten: Ansehen. Unbedingt. Also DVD von einem Gleichgesinnten ausgeliehen und zwei Stunden Riesenbugdet rein gezogen.
Vergleiche mit Otomos Endzeit-Neo-Tech Meisterwerk „Akira“ blieben von vornherein außen vor. Auch wenn bei Steamboy fast genauso viel los ist und kaputt geht, klaffen sehr schnell verheerende Abgründe zwischen den beiden Filmen auf. Da wäre schon mal allein die dezente, für viele möglicherweise sogar unwichtige Tatsache, dass das philosophische Niveau eines Filmes wie Akira schon mal nicht im Ansatz erreicht wird. Auch wenn „Steamboy“ nicht ohne Doppelbödigkeit daherkommt, verlaufen die zum Denken anregenden Ansprüche eher im Sande. Zu sehr wird hier nur auf das Thema Wissenschaft gemünzt, was zwar in Bezug auf das Setting (Industriezeitalter, England Ende des 19. Jahrhunderts) sehr passend ist, aber im Vergleich eher dünn geführt wird und zu eingleisig rüber kommt. Da driftet der „Steamboy“ dann doch zu schnell in seine Zerstörungsorgie ab und stützt sich ansonsten auf einen nicht zum ersten Mal gesehenen Generationskonflikt. Schade drum.
Dann wäre da das Optische. Man merkt sehr deutlich, wohin im Film der ganze Kies geflossen ist, und die Animationen (als Kombination aus Zeichentrick- und CGI-Animation, wie später noch eine Prise eindrucksvoller in „Ghost in the Shell 2“ gesehen) können sich durchaus sehen lassen, vor allem die Darstellung der Dampfmaschinen sind durchweg gelungen. Die Charaktere sind ebenfalls prima umgesetzt worden, auch wenn das ein oder andere Klischee leider nicht ausbleibt (wie beispielsweise das der zickigen Adelstochter). Auch sonst merkt man dem Streifen seine japanische Herkunft kaum noch an. Das liegt nicht nur an der Wahl des Schauplatzes und der Begleitmusik – irgendwie ist das Design doch schon sehr europäisch, ich kann mir nicht helfen. Ist vielleicht für viele gar nicht mal so schlimm, ich persönlich war eben davon ziemlich enttäuscht.
Ansonsten sei´s drum, passt schon irgendwie. Das Finale zieht alle Register und es werden dann doch noch ein paar Parallelen zu „Akira“ deutlich – das Maß der Zerstörung und die aufwändige Darstellung kombiniert mit der langen Dauer verweist durchaus auf den Namen des Regisseurs. Irgendwie fehlt leider am Ende die Motivation zum Mietfiebern, aber trotzdem will man unbedingt wissen, wie es weiter- oder zu Ende geht. Atmosphäre geht in Ordnung, viel verdankt der Film in dieser Hinsicht den oben angesprochenen, hervorragenden Animationen der maschinen und der Darstellung der pompösen Gebäude des viktorianischen Zeitalters.
Insgesamt kommt halt doch eine einigermaßen vernünftige Endnote dabei raus, auch wenn ich mir vom japanischen Mastermind lieber wünschen würde, er würde gedanklich in die 80er zurückkehren und noch mal ein so phantastisches Science Fiction Event auf die Beine stellen wie schon 1988. Leider wird´s dazu sicher nicht mehr kommen.