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Multitalent Frankie Chan ist mitsamt seinem Schnauzbart, einem stilechten Pornobalken, ein stures Kind der Achtziger. Aufgewachsen in einer Welt, die vor lauter Vielfalt noch reich und offen war, übersprudelnd hektisch und bunt, abwechslungsreich geschmacklos aus mehreren Quellen gespeist hat er sich nur dort und nicht darüber hinaus entwickelt. In seinen Filmen wie The Good, The Bad, And The Beauty [ 1988 ] oder The Outlaw Brothers [ 1990 ] ist ein ausgeprägter Sinn für Selbstinszenierung zu vermelden, eine subjektive Philosophie, die weder allgemein gültig noch in sich abgeschlossen ist, sondern nur die gedankenverlorene anything goes Formel als bloße Idee vor sich her trägt; jederzeit bereit, das Wenige an eigenem Konzept über den Haufen zu werfen. Mit voller Wucht ins Getümmel, mit Unreinheiten verdunkelt, ein Herumirren ohne Resultat. Die Drehbücher als Verwirrspiele übertriebener Zumutung, bei denen wohl selbst die Darsteller schlecht begreifen, was im steten Wechsel von Schwerpunkt, Gangart, Stimmung denn überhaupt passiert.

Oh! Yes Sir!!! als marktschreierischer Inbegriff und Paradebeispiel des aufgedreht Unbeständigen, als Ergebnis von etwas scheinbar Zufälligem, ein permanentes, hochtourig pulsierendes Schwanken zwischen Action und Fantasy, zwischen Klamauk und Blut, labil, schwatzhaft, taktlos, zudringlich, gewalttätig. Fun and Fury. Eine von Verstand und Anstand verlassene Einbildungskraft. Ein böses Vergnügen, infantil zynisch funkelnd. Eine ebenso ernste wie kindische und unfertige Flucht in die Subkultur, die als buddy picture verkleidet nur sehr wenig mit der üblichen Polizeiklamotte zu tun hat, sich aber das Ausgangsmaterial und manche Standardsituation ausborgt und sich ansonsten im Suchen und Experimentieren zu ergehen scheint. Das Aushebeln der Konstruktion, ohne aber deren Grundzüge zu missachten. Ein Probieren in innewohnender Spontaneität, ein gewagtes Improvisieren, ein Isolieren, ein Variieren und sehen, was dabei herauskommt; im besten Fall das Unerwartete in einer Sache, das mit dem Essentiellen überein kommt und ihm dadurch eigen wird. Die zweifelhafte Zerstörung jeder Konzeption und Konvention macht trotz vieler Fehlgriffe das hiesige Experiment zumindest zu einem rein spekulativen, dadurch aber auch in jede mögliche Richtung ausbrechenden Vertreter einer Gattung, die sonst schon von vornherein bis aufs Genaueste festgelegt, hier aber willkürlichen, in schlechten Zustand geratenen Einwirkungen ausgesetzt ist:

Bei einem Waffendeal nehmen die beiden Polizisten Power Chan [ Frankie Chan ] und Kid [ Wanda Yung ] einen Mittelsmann [ Mark Houghton ] fest, der prompt auf die Abschussliste seines Auftraggebers [ Fung Hak On ] gerät. Auftragskiller Nine Face Fox [ Vincent Lau ] verkleidet sich mit einer täuschend echten Gesichtsmaske als Power Chan und gelangt so zu der unter Zeugenschutz stehenden Zielperson; nach erledigtem Hit beseitigt er noch die einzige Beobachterin, die Hure Papaya [ Lily Lee ]. Von ihrem Vorgesetzten Officer Lau unter Druck gesetzt werden sich die beiden Cops an die Wahrsagerin Aunt San [ Eric Tsang ], um über allerlei Hokuspokus an die schießwütigen Gauner heranzukommen.

Logische Abstraktion und logische Determination.
Die ironiegefestigte Verfremdung und damit auch die mutwillige Parodie bzw. Verballhornung des Geschehens ergibt sich schon von den Eckdaten her, den Namen der Figuren und ihrer Besetzung. Waghalsig stupide ist dabei der intern wohl als genialer Geistesblitz betrachtete "Clou" im cross-dressing, im Geschlechterwechsel. Während der Transgender auf Stammtischniveau bei Eric Tsang als kleine, dicke, wenn auch sehr an Tante Droll erinnernde Frau durchaus noch funktioniert und trotz der gewollt falschen Anpassung die Unmittelbarkeit des Seins beibehält, wirkt Wanda Yung als notgeiler männlicher Partner vom ebenso testosteronproduzierenden Power Chan einfach nur lächerlich bis abgestanden. Später, wenn es an die sexuellen gross out jokes und andere niedere Schenkelklopfer geht bisweilen sogar degoutant. Auffallend ärgerlich ist die ordinäre Ausnutzung ihrer Rolle als Objekt nicht nur für allerlei unangenehm unappetitliche Scherze – wie Pestbeulen, abszessartige "AIDS-Hände", ansengendes Haupthaar und Kastration –, sondern auch jegliche Verweigerung einer Gleichberechtigung zum Partner und in dem vorherrschenden Schema von Männlichkeit, Gewalt und sexueller Potenz. Vielmehr wird ihre Person in der normbrechenden Identität noch einmal erneut degradiert, da sie auch als "Mann" genau das macht, was nach der gemeinen Vorstellung eben Frauen so am Besten können, incl. Schnatterienchen-Verhalten und mehrerer Fellatio-Andeutungen. Ein merkwürdiges, bisweilen auch ein fragwürdiges Ritual.

Endgültig aufgehoben wird die genrebedingte Beschränkung von Ausdrucksmitteln, Gewohnheiten, Schablonen im zweiten Akt, über das deutlich hervortretende Fantasyelement; diesmal ohne den Kampf um etwaig unkorrekte Worte und Taten, deren Auslegung oder die Anschauung dahinter, aber wiederum ohne Augenmaß als unentbehrliches Talent. Die Geschichte mit dem Waffenhändler, seiner langsam zersplitternden Gang, dem Killer, der in vielerlei Tarnung erst für und dann auch gegen sie arbeitet und den beiden Cops im Kreuzfeuer wäre in seiner abenteuerlichen Grotesktheit ohne weitere Probleme ausreichend, wird aber mit der Erzählung aus Tausend und einer Nacht nicht nur bis zum Widerspruch, sondern gleich bis zur ungestümen Übersättigung aufgeschwemmt. Eine flache Konsumwelt, schrill herausgeputzt, aber trotzdem um Vorschuss bittend. Immerhin, die kostengünstige Durchführung dessen kann dem geneigten Zuschauer dann gefallen, wenn er den schweren Rückfall in das vorherige Jahrzehnt, die entsprechend mißstimmende Tonlage, die barsche Schnittarbeit nicht nur verdauen, sondern sich damit anfreunden oder dies "erschreckend klein und ruppig hässlich" der Budgetentbehrung gar lieb gewinnen kann.

Chans Regieführung ist genauso, wie er auf der Leinwand wirkt, ein wenig unsympathisch, gewohnt pöbelhaft, ungeschlacht und plump, zwischen größenwahnsinnig / peinlich und naseweis / patzig schwankend, aber mit effektivem Druck auf Vollgaspedal und Geräuschkulisse ohne Rücksicht auf weitere Verluste: Die schon zentral festgelegte Prügelei in der Lagerhalle eröffnet den globgliedrigen Reigen der Actionszenen, zusätzlich gibt es reichlich Stockkampf und kantige Schießereien in und um Hotel- und Wohnzimmer, Kranken- oder Parkhäuser sowie viel Bewegung an frischer Luft, was prompt ebenso anheimelnde Objekte wie Schrottplätze und lieblich verdreckte Häuserdächer anfordert. Optisch ein gleichfalls unwirscher Kollaps in finsterste Zeiten zu vermelden, was die charakteristisch mißgestaltete Ausstattung, die aufgetragenen Klamotten aus dem Vintagefundus und die an allen Orten begleitende Gwailo-Besetzung [ neben Houghton noch Jeff Falcon, Kim Maree Penn und Nick Brandon ] mit einschließt.

Spätestens ab der Hälfte der Neunziger war logischerweise Schluss mit diesen Hin und Her, der lockeren Anschauung voll Ignoranz und Treuherzigkeit zugleich. Die ausweichenden Tagträume in illusionäre Zerstreuungen incl. dem Bilderarsenal voll mit Wucherndem Chaos wurden dem engmaschigen System der Erkenntnis zum Opfer. Nahezu alles, was der Befolgung strikter Prinzipien widersprach hauchte im kantonesischen Kino vor der Jahrtausendwende seinen letzten Atem aus. Eine Wiederbelebung der eskapistischen makes no sense Ware unter künstlich hergestellten Rahmenbedingungen ist ebenso ausgeschlossen wie eine Reanimierung von Chan, der folgerichtig ebenso in das Schwarze Loch der Erinnerungsbücher verschwand wie ein Großteil damals aktiver Filmemacher. Auch wenn die Gerüchte um eine Rückkehr als executive director bei dem noch reichlich dubiosen Armour of God 3: Chinese Zodiac nicht abhallen wollen.

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