Review

Es war einmal...eine Zeit in der es noch keine Radios, geschweige denn Fernseher gab. Geschichtenerzähler zogen durch die Lande und erfreuten Jung und Alt mit Fabeln, Märchen und Geschehnissen aus der Fremde.
Die Menschen lauschten gespannt und die Geschichten wurden immer wieder und immer weiter erzählt. Vieles hinzugesponnen, manches weggelassen. Die Gebrüder Grimm griffen eine Vielzahl dieser Märchen auf und sammelten sie.

Jedoch unterschieden sich die Märchen doch stark vor und nach der grimmschen Bearbeitung. Die oftmals warnende Wirkung (z.B. geh nicht vom Weg ab sonst passiert Dir schlimmes) wurde durch eine Vielzahl düsterer Grausamkeiten (z.B. Hänsel und Gretel üben Selbstjustiz und verbrennen die Hexe bei lebendigem Leib) verstärkt; die Gebrüder Grimm strichen viele dieser „Horrorelemente“ und machten Märchen zu dem, als was sie oft heute gesehen werden: Kindergeschichten.

„Snow White : A tale of Terror“, so der amerikanische Titel, geht gottseidank zu den Wurzeln der Märchen zurück und ist ein atmosphärisch dichter und bisweilen sehr heftiger Märchenfilm, der nur so mit Horrorelementen strotzt. Kein Vergleich zu den tschechischen Pedanten, obwohl „Snow White“ auch diesen Regionen gedreht wurde.

Das Intro macht schon den Grundtenor deutlich. In einer verschneiten Waldlandschaft rast eine Kutsche durch das Gehölz. Beherbergend Frederick Hoffmann (Sam Neill) und Gattin, ein glückliches Adelsehepaar das sich vor allem auf die baldige Geburt ihrer Tochter Lilly freut . Bekannterweise verheist der Schrei eines Raben nichts gutes und die Wölfe machen bald Jagd...durch einen Kutschenunfall verursacht erleidet Lady Hoffmann so starke Blutungen, das sie die Geburt ihrer Tochter nicht mehr miterleben wird – in ihren letzten Atemzügen bittet sie jedoch ihren Gemahl die Tochter aus dem Leib zu schneiden – das rote Blut läuft über den weissen Schnee und der Titel wird eingeblendet...

Das Mädchen wächst heran, ihre Aunt „leidet“ unter dem fröhlichen Gemüt der kleinen Lilly. Ein Engelsgesicht zeichnet sich bereits ab, die Kleine ist trotz dem Tod ihrer Mutter voller Lebensfreude, sehr zur Freude ihres Vaters. Doch die beabsichtigte Neuheirat dessen betrübt sie – die (böse) Stiefmutter wird ihre Mama nie ersetzen können. Doch der gemütliche Frederick ist zuversichtlich. Seine Tochter kann er jedoch nicht überzeugen und so wird der Ersteindruck der beiden unterschiedlichen weiblichen Charaktere Anbeginn einer tiefen Feindschaft. Was noch so alles passiert, kennt man aus jedem Märchenbuch, wenn auch in leicht varifizierter Form.

„Snow White“ ist für mich einer der besten Märchenfilme (für Erwachsene). In einer nie gesehenen Intensität wird das Märchen um das Mädchen mit Haaren schwarz wie Ebenholz, Lippen rot wie Blut und einem Gesicht weiss wie Schnee erzählt und kann hier selbst hartgesottene Horrorfreunde vollends überzeugen.

Der Film ist gespickt mit gruseligen Szenen, Highlight sind neben Weavers Hexenmaske die Zauberkünste, welche optisch beeindruckende Auswirkungen haben. So rinnt in einer Szene Sand auf einem in der Sanduhr gefangenen Vogel, währenddessen das Bergwerk in dem Lilly sich mit den „Zwergen“ aufhält zusammenkracht; oder aber die dunkel – ummantelte Weaver wirbelt durch das Schloß, stößt Statuen um – Bäume krachen derweil nieder...einfach nur phantastisch!

Die Kulissen sind überaus stimming und fangen die Märchenatmophäre perfekt ein.
Die Landschaftsaufnahmen fanden in Tschechien statt – wohl kein anderes Land hat einen dermassen Ausstoß an Märchenfilmen, was aufgrund der Landschaft verstehbar ist. Auch Kostüme und Bauten passen sich perfekt an. Neben der tollen Fotografie sind auch Kameraführung und Regieeinfälle immer wieder fasznierend und intelligent gemacht.

Sigourney Weaver ist die absolute Idealbesetzung der bösen Stiefmutter. Ihr schönes Gesicht steht im krassen Gegensatz zu ihren weniger schönen Intentionen und „Snow White“ rückt dafür etwas in den Hintergrund. Monica Keena als erwachsene Lilly ist aber dennoch sehr überzeugend und die bisher mir am „echten“ erscheinendste „Schneewittchen“. Sam Neill als gutmütiger und liebevoller Familienvater spielt auch nicht schlecht, jedoch ist seine Rolle etwas kleiner ausgefallen. Auch Nebendarsteller verblassen etwas neben Sigourney Weaver, was aber nicht weiter schlimm ist, da das Hauptaugenmerk des Filmes die Beziehung zwischen Lilly und Claudia ausmacht.

Die düstere Atmosphäre wird durch einige sehr brutale Szenen (jedenfalls für eine deutsche FSK12 Freigabe) verstärkt, jedoch weidet man sich hier nicht in Grausamkeiten (außer dem Ende), so das vieles etwas abrupt zweideutig endet und wie Moonshade so schön schrieb, Freud jede Menge Freude bereiten würde. Trotzdem ist der Film einfach konsumierbar wie ein Märchenfilm sein sollte, aber dennoch nichts für Kinder ist.

Fazit: „Snow White : A tale of terror“ ist ein Pflichtfilm für Märchenfreunde!

Details
Ähnliche Filme