Mit „Casshern“ hat es eine weitere Produktion aus Fernost geschafft, auch im Westen für Furore zu sorgen. Ähnlich wie Kerry Conran mit „Sky Captain and The World of Tomorrow” erschuf Regisseur Kazuaki Kiriya eine komplett computergenerierte Welt, in der die Darsteller erst nachträglich eingefügt wurden. Im Gegensatz zum amerikanischen Pendant geht das Rezept hier auf, weil die Schauspieler ein Teil des Films sind und sich nicht wie Fremdkörper einfügen.
In einer postapokalyptischen Zukunft ist die Erde längst der Menschheit zum Opfer gefallen. Ein langwieriger Krieg zwischen einer Allianz asiatischer Staaten gegen Europa fordert nun seinen Tribut. Der Konflikt ist, trotz einiger Widerständler ausgefochten, doch die Umwelt ist der wahre Verlierer. Radioaktive Verseuchungen und vergiftete Böden fördern Mutationen zu Tage. Die japanische Regierung sucht eine Lösung für das todbringende Problem. Als Kotaro Azuma (Akira Terao) eine anzubieten hat, lehnen sie diese ab. Seine entwickelten Nano-Zellen sind ein Universalheilmittel, dass nicht nur Krankheiten, sondern auch schwere Verletzungen wieder heilen kann – ganz zu schweigen von abgetrennten Körperteilen.
Das Militär beginnt sich verständlicherweise für seine Experimente zu interessieren. Als in seinem Labor ein Blitz einschlägt und sich aus den Neo-Zellen seltsame Kreaturen mit übermenschlichen Kräften entwickeln, scheint das Ende der Menschheit eingeläutet. Ausgestattet mit einer Armee von Killerrobotern erklärt diese neue Spezies allen den Krieg. Niemand scheint sie aufhalten zu können.
Es fällt nicht schwer zu glauben, dass „Casshern“ auf einem Manga beruht. So experimentierfreudig, abwechslungsreich und anstrengend, können nur die japanischen Comics sein. Extravaganz wird groß geschrieben. Der Film ist in jeder Sekunde ein optischer Leckerbissen, der sich durch unterschiedliche Stilmittel, extreme Farbgebungen sowie dem Einsatz diverser Filter auszeichnet. Seine CGI-Herkunft sieht man dem Bombast zwar an, jedoch scheint die Künstlichkeit hier gewollt zu sein. Eben um Realismus ist Kiriya nicht bemüht, sondern um abstrakte Unterhaltung, die in ihrer optischen Vielfalt den Augen einiges abverlangt. Wenn es einen realen Anime gibt, dann ist es „Casshern“. Atemberaubende Kamerafahrten, röhrende Musik und ungewöhnliche Schnitttechniken lassen zumindest darauf schließen.
Wirkliche Materialschlachten gibt es nicht, wohl aber überdimensionierte Raumschiffe, seltsame Fluggeräte und Roboterarmeen. Der eigentliche Krieg indes wurde vorher noch antiquiert mit Menschen und Handfeuerwaffen ausgefochten.
Wer möchte, kann dem Plot im Verlauf so einigen Anspruch andichten. Da wird zwar konkret die Zerstörung der Natur durch die Menschen und die damit verbundene eigene Vernichtung thematisiert und das gute alte „Schöpfung wendet sich gegen Schöpfer“ – Prinzip genannt, vordergründig ist „Casshern“ allerdings zwiespältiges Entertainment. Zwiespältig, weil er seine gute und seine schlechte Seite hat.
Die Gute, ist die Action, denn was hier abgeht, spottet jeder Beschreibung. Es gibt nicht sonderlich viele Kämpfe, aber wenn sie unausweichlich sind, ufern sie aus und fallen referenzverdächtig aus. Casshern (Yusuke Iseya), der Retter der Menschheit, selbst mit Neo-Zellen wieder zum Leben erweckt und mit einem Superpanzer ausgestattet, hat hier, im Kampf gegen Neosapiensanführer Barashin (Jun Kaname), die besten Szenen. Anime-like wird durch die Luft geflogen, meterweit gesprungen und bis aufs Blut duelliert. Das geht bisweilen ein wenig fix von statten, macht jedoch unwahrscheinlich was her. So batteln sich die beiden dann zum finalen Showdown vor, wobei der dann etwas enttäuscht.
Das Hauptmanko des Films ist die wirre, löchrige Story, der ich ab und an kaum zu folgen vermochte. Besonders auf Seiten der Neosapiens bleiben bezüglich des im Schnee gelegenen Schlosses mit Roboterfabrik so einige Fragen offen. Sorgfältig konstruierte Geschichten, denen auch der Laie folgen kann, mag nie die Stärke von Mangas gewesen sein, ein Entgegenkommen für Nichtkenner der Vorlage hätte ich mir trotzdem erwünscht.
Fans der Asia-Filmkunst werden die vielen ausufernden Gespräche und Schicksale der nicht gerade kleinen Anzahl diverser, selten unwichtiger, Charaktere vermutlich nicht als so negativ empfinden. Mir ging die ausführliche Gestaltung der diversen Subplots um eine zarte Liebesbeziehung, die verzweifelten Versuche des Professors ein Gegenmittel für seine schwer erkrankte Frau zu finden, sowie die beliebten Motive Wut, Trauer und Rache jedenfalls zu weit. Eine Straffung auf grob zwei Stunden und der Film wäre einer höheren Note näher gewesen. Sicher, Charakterentwicklung muss sein, man ist in Korea und Japan auch sehr darauf fixiert, nur harmoniert sie, jedenfalls in meinen ganz dem westlichen Kino verschriebenen Augen, kaum mit dem Effektbombast.
Fazit:
Die Themen, die "Casshern“ anreißt, sind nicht neu, werden aber immer wieder gern für Fernostblockbuster in neuem Gewand aufbereitet. Da helfen auch die offensichtlichen, wenn auch verfremdeten, Nazisymboliken nicht viel. Mit Effekten und einer unglaublich spektakulären, bisher einzigartigen und abwechslungsreichen, extravaganten Optik punktend, sollte das Ansehen jedoch Pflicht sein. Asienallergiker, wie ich, werden jedoch an der wirren Story und der zu zähen Charakterentwicklung zu knabbern haben. Imposant allemal, nur eben nicht der Ausnahmefilm, zu dem inzwischen so viele Produktionen von dort stilisiert werden.