„Man on Fire“ ist gewohnt unterhaltsames, wenn auch überraschend ernstes Kino von Tony Scott, der an sich schon beim Original im Jahre 1987 Regie führen sollte, aber wegen zu wenig Hits abgelehnt wurde.
In Lateinamerika häufen sich die Entführungen, wobei korrupte Behörden und das organisierte Verbrechen die Finger gewaltig mit im Spiel haben. Daher haben die meisten wohlhabenden Leute auch Kidnappingversicherungen abgeschlossen, um ihre Liebsten im Falle einer Entführung freikaufen zu können. Diese wenig rosige Situation prägt den Vorspann, den Tony Scott gewohnt hektisch, aber genauso stilvoll inszeniert.
Auch der Ex-Marine John Creasy (Denzel Washington), nach 16 Jahren Militärdienst in allen Formen, kommt nach Mexiko, um seinen alten Kumpan Rayburn (Christopher Walken) zu besuchen. Tony Scotts filmisches Schaffen kennt vor allem zwei Heldentypen: Zum einen den jungen, arroganten Topmann, der erstmal einen Dämpfer braucht, um wirklich siegen zu können („Top Gun“, „Tage des Donners“, „Der Staatsfeind Nr.1“), zum andern den gebrochenen Profi wie die beiden Hauptfiguren in „Spy Game“ oder Joe Hallenbeck in „Last Boy Scout“. Diese Figuren haben es verlernt zu kommunizieren, selbst mit ihren engen Freunden können sie nur schwer reden und Fremde werden meist unfreundlich abgebürstet. Die Einsamkeit, die Trauer und das Versagen mit den eigenen Problemen ins Reine zu kommen enden dabei oft in Alkoholismus und Verwahrlosung – so auch im Falle Creasys, der noch viel fertiger als Joe Hallenbeck ist.
Doch im Gegensatz zu ähnlichen Scott-Charakteren erwacht Creasy nicht durch den Konflikt aus seiner Lethargie, sondern indem er einen Job als Bodyguard für die kleine Pita Ramos (Dakota Fanning) annimmt. Auch wenn er sie anfangs abbürstet, so entsteht doch eine innige Freundschaft und Creasy findet neuen Lebenswillen. Hierfür lässt sich Scott auch glücklicherweise viel Zeit und behandelt dies nicht bloß so nebenbei.
Doch dann passiert das Unfassbare: Als Creasy Pita von einer Klavierstunde abholen will, schlägt eine Truppe von Entführen zu. Creasy kann vier von ihnen töten, aber er wird mehrfach angeschossen und Pita entführt…
Das Script von Brian Helgeland („L.A. Confidential“, „Mystic River“) ist von gewohnt großer Klasse und macht zwar einen Rachefilm aus der Sache, aber einen durchdachten. So ist der Film spannend und unvorhersehbar, denn bei der Aufdeckung der Hintergründe erwarten Creasy und den Zuschauer so einige Überraschungen, auch wenn man die eine oder andere Wendung auch mal vorausahnt. Dabei ist das Tempo des Films eher gemächlich, aber Tony Scotts sehr gute Regie (der Einsatz verschiedenartiger Untertitel, Zeitraffer, ungewöhnliche Kamerafahrten usw.) vermittelt trotzdem immer viel Dynamik und lässt kaum Langeweile aufkommen.
Zudem besitzt der Film auch genug Dramatik um nicht zum simplen „Ein Mann sieht rot“-Abklatsch zu werden. Vor allem die sehr lange Schilderung der Freundschaft Creasys und Pitas zeigt deutlich, wie Pita Creasy neuen Lebensmut gibt und wie er durch ihren Verlust alles wieder zu verlieren droht. So wird sein hartes Durchgreifen in der zweiten Hälfte auch nachvollziehbar, aber Tony Scott kann hier immer noch sehr emotionale Szenen schaffen. Da wäre zum einen der Besuch bei Pitas Eltern, als Creasy der Mutter erschreckende Infos liefert und zum anderen das überraschende, unerwartet traurige Ende (die Szene auf der Brücke ist echt herzzerreißend).
Leider kann die zweite Hälfte nicht absolut den Erwartungen gerecht werden. Creasys Rachefeldzug ist sehr beeindruckend und auch wenn man wenig graphische Gewalt zu sehen bekommt – neben seiner Kaltblütigkeit und Konsequenz sehen die meisten anderen Rächerfilme alt aus. Creasy reißt zynische Sprüche über das Töten, aber wirklich humorig ist der Film nie. Die Action (fast nur Shoot-Outs und ein paar Explosionen) ist wie bei Scott üblich super inszeniert (vor allem Pitas Entführung und Creasys Attacke auf die Wagenkolonne sind echte Highlights), aber es könnte doch irgendwie mehr sein.
Charakterdarsteller Denzel Washington in der Hauptrolle ist ein echter Glücksfall, denn er schafft es alle Facetten der Figur Creasy zu beleuchten. Ebenso klasse und für eine Kinderdarstellerin überragend ist Dakota Fanning, während Christopher Walken zwar gewohnt lässig ist, aber etwas unterbeschäftigt: Außer ein paar Kommentaren zu Creasys Vorhaben hat er wenig vom Stapel zu lassen. Die Nebendarsteller sind ebenfalls ziemlich überzeugend.
Sehr emotionaler Rachethriller von Tony Scott, der gewohnt top inszeniert ist. Nur die Action könnte etwas zahlreicher ausfallen.