Review

Genau 10 Jahre bevor Natalie auf den Babystrich mußte, war es Hanna D. Damals zweifellos inspiriert von dem Erfolg der Christiane F. Doch garantiert schon die Beteiligung von Bruno Mattei dafür, daß wir hier eine echte Exploitation vorliegen haben, in der die sozialkritische Tünche sehr dünn ist. Der Regisseur ist mir aus "Heroin im Frauenlager" bekannt, der mehr Giallo als Knastfilm ist, und mit saftigen Sexszenen nicht geizt.

Ein Film über eine minderjährige drogensüchtige Hure lebt natürlich von der Glaubwürdigkeit seiner Hauptdarstellerin. Und hier hat dieser Streifen mit Ann-Gisel Glass eine ganz große Schauspielerin zu bieten, die wenig später mit Jean-Luc Godard und Costa Gavras drehte. Zum Zeitpunkt von "Hanna D." war sie 20 Jahre alt, sieht aber keinen Monat älter als 14 aus. Sie spielt das junge Mädchen in all seiner Widersprüchlichkeit. Sie hat durchaus Gefallen an ihrer Wirkung, die sie auf reife Männer ausübt. Eine sehr sleazige Eingangsszene in einem Zugsabteil zeigt ihre Meisterschaft im Kokettieren und im Aufgeilen der Kundschaft. Sie hat eine sehr negative Beziehung mit ihrer Mutter, die sie ausnutzt und auf sie eifersüchtig ist. Die abgewrackte, ihrer Jugend nachtrauernde Hure wird sehr eindringlich von Karin Schubert verkörpert. Hanna hat auch durchaus Gefühle für Mario, der sie als Pornodarstellerin rauszubringen versucht, für den sie aber schließlich auch anschaffen geht. Der Masochismus in der Beziehung der Nutte zu ihrem Zuhälter wird hier deutlich gezeigt. Warum Axel, der reine selbstlose Liebende, sich sofort in Hanna verliebt, wird hingegen filmisch nicht plausibel gezeigt (von ihrem Schicksal im Drogen- und Prostitutionsmilieu weiß er ja zunächst nichts).

Punkto Sleazefaktor, in Milieuschilderung und in den Hauptpersonen weiß der FIlm also zu überzeugen. Trotzdem hat er natürlich einige Schwächen. So sind ein paar Szenen völlig unglaubwürdig geraten. Z.B. die Selbstmordszene eines Fixers, dann auch wenn Hanna mit Suizid droht, aber von den Erinnerungen an den erfüllten Sex mit Axel überwältigt wird. Schließlich sind auch die Orte des Geschehens nicht immer plausibel. Warum findet der Showdown am Schluß ausgerechnet auf dem Wasser statt? Offenbar nur, damit Mario ertrinken kann - ja der harte Zuhälter ist anscheinend Nichtschwimmer!

Wenn man an einen solchen Film nicht allzu hohe Ansprüche stellt, dann läßt sich sagen, daß dies ein Streifen ist der eine Wiederentdeckung, sprich DVD-Edition, verdienen würde.

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