Eine sicherlich viel zu grobe Einteilung, dennoch lassen sich die Shawfilme sehr schön nach ihrem Entstehungszeitraum der jeweiligen Dekaden abgrenzen. Da man in relativ kurzer Zeit recht produktiv war und in hehren Massen sein Publikum mit Fourage versorgte, lässt es einfach nach den 60ern, 70ern und eben den 80ern anordnen; ein Blick auf das jeweilige Herstellungsjahr hilft bereits bei der vorausschauenden Einschätzung und Entscheidungshilfe. So sieht Twelve Deadly Coins auch genau nach 1969 aus und hätte in seiner salbadernden Theatralik und Melodramatik im nächsten Jahrzehnt gar kein Raum zum Atmen und Leben mehr. Das gesamte Szenario in seiner bühnengerechten, aufgeblasenen Erzählweise erscheint viel zu unbedarft, ja einfältig für späteres Publikum. Die dramatische Konstruktion wurde sicherlich auch danach noch benutzt, aber bei weitem nicht mit so viel ahnungsloser Naivität nebst Hang zur Albernheit; wobei man natürlich den kulturellen und zeitgeschichtlichen Hintergrund selber noch respektieren muss.
Filme von Gestern - Heute Gesehen.
Die Grundachse ist wie so oft denunzierter Protagonist gegen denunzierender Antagonist. Mutmasslicher Verrat, Verfolgung durch die eigenen Leute, Aufklärung und Wiederherstellung der Reputation auf eigene Faust, gegen alle Widerstände. Dabei bewegt man sich zwar die meiste Zeit in offener Landschaft, dennoch wird die Nähe zum Theaterstück deutlich; das Intrigenspiel der Grundoppositionen von Gut und Böse und seine simple Konfliktstruktur findet Platz auf der kleinsten Plattform:
Yuan Cheng Lieh [ Fang Mian ] und seine Adoptivtochter Yuan Rung Er [ Cheng Lee ] wollen sich an dem Sicherheitschef Yu Jian Ping [ Tien Feng ] rächen. Dazu überfallen sie seine Eskorte und stehlen Soldatengelder. Yus Schüler Qiao Mao [ Lo Lieh ] hat sich dabei mehr als verdächtigt gemacht und ist sowieso vor allem bei Yus eingebildeten Sohn Hua [ Ho Ming Chung ] schon von vornherein unten durch gewesen.
Alleingestellt setzt Qiao Mao alles daran, seine Unschuld zu beweisen.
Hilfreich bei dem Aufbau ist, dass die Personenschar gering gehalten wird und Jeder mit relativ konstanten Eigenschaften vorgestellt wird.
Nur leider bleibt man blass und überschaubar; vor allem der Held Qiao Mao ist ein viel zu edles und gleichzeitiges so teilnahmsloses Wesen, dass man bei seiner Ausdruckslosigkeit schlicht verzweifeln muss. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend sieht er sich selber als Mensch zweiter Klasse und führt sich auch dementsprechend knechtselig auf; kriecht fast bäuchlings vor Lehrmeister und Sohn umher und lässt sich selbst bei Rat und Tat über den Mund fahren. Im Gegenzug ist Hua natürlich derartig von sich eingenommen, dass er sich selbst ohne jede Grundlage eines Beweises für den Grössten hält und schon aus Prinzip deswegen immer das Gegenteil von dem macht, was andere anempfehlen. An derartig gehemmten und ausgebremsten Charakteren mag man sich natürlich nicht den Scharfsinn billig wetzen; sowieso bietet der Film in seiner Aufmachung nicht wirklich viel Facetten und straft in seiner Stereotypie der Spontanität Lügen.
Man weitet sich in der ebenfalls eingeschränkten Laufzeit nie zu einer Armada von Plot heran, wirkt durch verschiedenes Zusammenspiel aber immerhin nicht ganz ausgehöhlt und verfügt durchaus über ausreichend Textmaterial. Zwischendurch gelingen auch einige kleinere Wechsel, die nur immer recht plump in Szene gesetzt oder gar einfach nur durch eine vermeintliche Erörterung "erklärt" werden: Die vermittelten Sinn- und Bedeutungsstrukturen der intentio operis sind zu simpel. Diese Schwierigkeiten im unechten, unfilmischen Erzählen tauchen ebenso wie die vorherrschende Empfindsamkeit auch schon sehr früh auf.
Da werden mitten in der Schlacht schmachtende Augenaufschläge zum eigentlichen Kontrahenten geworfen, Zettelchen mit Mitteilungen ausgetauscht, zum Disput angehalten und erst unbekannte Fakten plötzlich als von Beginn an gewusst platziert. Ethische Bindungen von Ehrfurcht und Liebe düpieren Denjenigen, der sich schwer mit Sentimentalität tut und lieber das Recht des Stärkeren und den Vorstoss ambivalenter Figuren sehen mag. Kurze Zeit darauf war anspruchslose, rauhe Ehrlichkeit mehr gefragt als höfische Unterwürfigkeit und falsche Demut. Hier wirkt man ganz einfach geziert und überfeinert. Gestellt. Für den medial versierten, vielleicht auch mit Erfahrung übersättigten Zuschauer sind die Tricks von Regisseur und Autor Chui Chang Wang mittlerweile zu offensichtlich und damit auch hanebüchen. Jetzt, beinahe vierzig Jahre später und um viele Erfahrungen reicher ist es natürlich einfach, eine kritische Anmerkung der reinen Vernunft zu geben und sagen: "Möchtest du das nicht vielleicht ändern ?"
Die moralischen Zärtlichkeiten und Auffassungen von Moral und Tugend lösen jedenfalls mehr unfreiwillige Peinlichkeit aus statt einer sinnlichen Wahrnehmung; keine der Personen spricht und handelt real selbst im weitesten Sinne. Ausserdem sind Präsupposition und Aussagen immer identisch. Das jeweilige Charakterbild entsteht dabei nicht einmal so sehr daraus, was man sagt, sondern wie man es sagt. Man rezitiert, stelzt und wirft Blicke; alles so offensichtlich gekünstelt, dass man sowohl die Anweisungen als auch die Gedanken dahinter auf 100m sehen kann. Dagegen ist eine differenzierte, lebensnahe Figurenzeichnung und die Rationalität des eigenen Verhaltens nicht einmal im Ansatz zu erkennen.
Wenigstens hält man die Bewegung aufrecht und seine Geschichte angenehm flatterhaft; es wird auch ohne grosse Vorrede begonnen und rasch vagabundierend in das Biotop aus richtiger Natur, drapierten Kulissen und gutgestalteten, aber trotzdem sichtbaren Matte Paintings begeben. Mit zunehmendem Fortgang und Verstrickung in diverse Fragestellungen dünnt man bezeichnenderweise mit manchen Tricks und zahlreichen Fallstricken ebenso aus, wie sich das anfangs satte Grün der ökologisch stabilen Laubmischwälder erst zu vertrocknet - gelblichen Wiesen und dann dem Verschanzen in bis auf die Grundmauern kahlen Refugien ausweitet. Die trotzdem grossartigen Bauten einer alten Festung, einer riesigen Steintreppe oder eines verfallenen Tempel als letzte [Zu]Fluchtsmöglichkeit stabilisieren die schwankende Logik noch einmal. Die eingebrachte Action kann aufgrund einer Vielzahl von Szenen, Ideen und auch der Unperfektheit als angenehmer Zwischeneffekt herhalten; selbst die verqueren Trampolinsprünge, teils offensichtlich rückwärts abgespielten Szenen und der seltsame Draht- und Flugeinsatz bereichern diese Auffassung. Im letzten Drittel werden eh alle Bedenken erst im tödlichen Wasserbassin ertränkt und dann noch zusätzlich durch Regenschauer geflutet.
Auch deswegen bekommt man hier den Eindruck, einer untergegangenen und vergangenen Welt begegnet zu sein, die sich noch den Hintergrund einer metaphysischen Harmonie leisten kann. Die Sehnsucht nach Applaus wird bei einer aktuellen Ansicht aber nicht mehr befriedigt.