Review

Nachdem „The Rundown“ leider nicht den erwarteten Erfolg brachte, soll nun der mit mehrmonatiger Verspätung bei uns anlaufende „Walking Tall“ für den Durchbruch Dwayne Johnsons (aka The Rock) sorgen. Das seinerzeit überraschend erfolgreiche Original entstammt den frühen Siebzigern, zog zwei Fortsetzungen nach sich und brachte es sogar zu einer Mini-Tv-Serie. Es verherrlichte Selbstjustiz, war politisch nicht sonderlich korrekt und hatte dazu noch einen banalen Plot. Eben genau wie die späteren Actionfilme der Achtziger und das macht „Walking Tall“ so außergewöhnlich in der heutigen Filmlandschaft. Ich für meinen Teil habe mich gefreut endlich mal wieder so einen stumpfsinnigen Actioner der alten Schule im Kino sehen zu können – ganz wenig CGI, dafür viel Haudrauf-Action, ohne sich groß um Logik und Tiefgang zu kümmern. Einziges Manko ist, dass die ursprüngliche Fassung nur ein R- oder X-Rating bekommen hätte und nachträglich einige Schnitte für ein PG-13 vorgenommen werden mussten. Doch mit dem Kompromiss wird man als Genrefan heutzutage leben müssen. „Walking Tall“ konnte in Amerika schon mit dieser Freigabe gerade mal sein Budget von 56 Millionen Dollar wieder einspielen und wäre mit einem R-Rating ein finanzieller Flop geworden. Damit tritt er den Beweis an, dass diese Art von Filmen in der heutigen Kinolandschaft nicht mehr gefragt sind. Leider...

Dwayne Johnson zeigt auch hier wieder, dass er das Zeug zum neuen Actionstar hat und Vin Diesel langfristig den Rang ablaufen kann. Seine Mimik ist sparsam, aber er hat, wenn er will, in den richtigen Momenten, die passenden Gesichtsausdrücke parat. Er besitzt unheimlich viel Charisma und den richtigen Sinn für Humor – ist damit den inzwischen abgestiegenen Ex-Stars Steven Seagal und Jean-Claude Van Damme weit voraus. Selbst die kurze Liebesszene in „Walking Tall“ verkommt nicht zur verkrampften Lachnummer. Johnson wurde von Arnold Schwarzenegger in „The Rundown“ das Zepter übergeben und er weiß damit umzugehen. Nicht zuletzt, weil er mit Komikern zusammen arbeiten kann, die stets ein Gegenpol zu ihm bilden. Wem Seann William Scott in „The Rundown“ gefallen hat, der wird Johnny Knoxville in „Walking Tall“ lieben. Dem ehemaligen Jackass-Star kommt sein Talent hier zugute. Mit sichtlichem Spaß gibt er den Trottel, den alten Kumpels Rocks, seinen Handlanger, wenn es ernst wird. Die Sofahüpferei beim Shotgun-Duell mit anschließender Prügelei ist Jackass-like. Seine Sprüche sind frech und provokant und wenn die beiden mit sichtlichem Spaß einen teuren Truck zerlegen, um darin nach Drogen zu suchen und am Ende doch keine finden, kann sich keiner mehr halten. Die Szene, in der Ray Templeton (Johnny Knoxville) im Hintergrund fröhlich mit einer Kreissäge den Truck bearbeitet und Chris Vaughn (The Rock) im Vordergrund mit Killerblick den gefesselten Besitzer anstarrt, ist Komik pur. Knoxville gehört in seiner ersten größeren Rolle nach Miniauftritten wie in „Men in Black II“ neben Johnson zu den Gewinnern dieses Films. Die Chemie zwischen den beiden stimmt absolut.

Warum sich mit David Klass (Kiss the Girls“), Channing Gibson („Lethal Weapon 4“), David Levien („Knockaround Guys“) und Brian Koppelman (Knockaround Guys“) gleich vier Drehbuchautoren am Skript vergingen ist etwas unverständlich, denn das Resultat strotzt nun nicht gerade vor Tiefsinn, Dramatik und Spannung. „Walking Tall“ ist mit seinen gerade mal 80 Minuten ein Musterbeispiel für kurzweilige Action, die unterhalten will. Nicht mehr und nicht weniger hat der Film vor oder will er erreichen. Das verstehen die wenigsten Zuschauer und Kritiker. Vor allem die nicht, die sich über mangelnden Tiefgang, stereotype Charaktere eine vorhersehbare Story das Maul zerreißen. Wer hier einen anspruchsvollen Film erwartet, ist fehl am Platz. Das Ergebnis ist dumm, simpel und oberflächlich – gerade deshalb so liebenswert (jedenfalls für den Genrefan wie mich). Dennoch, die ernsthaften Momente, wie die, als Pete ins Krankenhaus eingeliefert wird, wollen nicht so ganz in den ansonsten locker, flockigen Film passen. Gleiches gilt auch für The Rocks überflüssige Miniaffäre mit seiner Jugendliebe Deni (Ashley Scott). Auch sein Vater (gespielt von John Beasley) wird etwas übergangen.

Wenn der Film ein Problem hat, dann ist es Regisseur Kevin Bray. Abgesehen von der Ice-Cube-Komödie „All about the Benjamins“ hat er noch nichts Nennenswertes auf die Beine gestellt und das merkt man „Walking Tall“ an. Damit will ich nicht sagen, dass der Film schlecht inszeniert ist, auf keinen Fall, die Actioneinlagen sind nur schlecht gewichtet worden. Der Film bietet davon in der ersten Hälfte etwas wenig und macht dafür in der zweiten dann den großen Otto los.

Die Geschichte des Films ist schnell erzählt und es macht aber der ersten Szene Spaß The Rock bei seiner Ankunft zu beobachten. Er strahlt Energie aus und hat die Aura eines Actionstars. Nacht 8 Jahren bei der Armee muss er feststellen, dass „seine“ Stadt längst nicht mehr die alte ist. Die Haupteinnahmequelle der Gemeinde, das Sägewerk, wurde geschlossen. Stattdessen hat sein alter High-School-Rivale Jay Hamilton Jr.(Neal McDonough, „Timeline“, “Ravenous”) ein Spielcasino eröffnet und verwandelt die Stadt langsam in einen biblischen Sündenpfuhl von Drogen und Prostitution. Das erkennt Vaughn bei seiner Ankunft nicht sofort, will es vielleicht nicht sehen. Er trifft seine alten Kumpels, besucht selbst das Kasino und ertappt die Spielleiter beim Falschspiel. Ohne lange zu fackeln entbrennt eine Schlägerei mit den Türstehern, die er verliert. Es soll die einzige Niederlage in diesem Film bleiben.

Denn als er, wieder genesen, vor Gericht gestellt wird, um für den entstandenen Schaden verurteilt zu werden, hält er ein Plädoyer, dass die Geschworenen beeindruckt. Er wird freigesprochen und zum Sheriff gewählt, schmeißt die Hilfssheriff raus und holt sich dafür den abgewrackten, die Polizei hassenden, Kumpel Ray ins Boot. Dem korrupten Treiben seines Vorgängers ein Ende setzend, sind die Maßnahmen des frisch vereidigten Duos zwar auch alles andere als legal und gesetzeskonform, aber wer schert sich in so einem Film bitte darum.

An den Kloppereien gibt es schon wie in „The Rundown“ nichts auszusetzen. Hier wird weniger auf Wirework gesetzt, die Prügeleien bleiben realistischer und The Rock zeigt das er Profiwrestler ist. Für ein PG-13-Produkt ist „Walking Tall“ recht hart geblieben. Es gibt Knochenbrüche und Blut fließt oder spritzt in den Schlägereien (besonders final) auch mal. Unblutige Shootouts sind ebenfalls zu sehen. Meist sind die Szenen aber sehr schnell geschnitten, was auf das nachträgliche Entfernen einiger expliziter Frames schließen lässt. Hin und wieder (z. B. als The Rock mit einem Cuttermesser gefoltert wird und die Kamera sich nicht heran traut) werden die Kompromisse leider aber auch überdeutlich. Spektakulärer wird es zum Ende hin, als das ganze Sheriffbüro in Schutt und Asche gelegt wird und sein Pick-Up-Truck in die Luft gejagt wird. CGI kommt dabei nur sehr dezent zum Einsatz. Obwohl es in der zweiten Hälfte wirklich zur Sache geht, fragt man sich wo die vielen Millionen hingeflossen sind. Hätte der 30 oder 40 Millionen gekostet, hätte niemand mehr erwartet. Aber in Zeiten wo Filme wie „Hellboy“ gerade mal etwas mehr als 60 Millionen kosten, hätte aus „Walking Tall“ mehr werden müssen.

Fazit:
„Walking Tall“ ist endlich mal wieder ein Selbstjustiz glorifizierender, einfacher Actioner der alten Schule. Sicher, zur Perfektion fehlt ihm einiges. In der ersten Hälfte wird etwas Gesellschaftskritik geübt, anstatt mit Action zu glänzen und damit ist die dramatische Verteilung etwas unglücklich. Das Skript schafft es nicht ganz ernste Szenen mit lustigen Momenten zu koppeln und trotzdem macht der Film enorm viel Spaß, denn mit seinen gerade mal 80 Minuten fällt er sehr kurzweilig aus. Der Soundtrack sorgt für gute Laune und ein nostalgisches Feeling und das Duo The Rock und Knoxville ist ganz klar DAS Highlight des Films. An Action wird einiges geboten, auch wenn das Gezeigte ruhig etwas spektakulärer (vor allem der Schlussfight) und brutaler hätte sein dürfen. Nur wie soll man mit so einer R-Rated-Produktion heute noch Gewinn erzielen? Filme wie „Walking Tall“ sind ein Anachronismus die heute nur noch sehr wenig Anklang finden. Eigentlich schade...

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