Die 12 Geschworenen (1957)

Kann ein Film perfekt sein? Nein - da es ein menschliches Produkt ist, jeder Mensch Fehler macht & es immer noch einen Tick besser gehen kann. Aber "12 Angry Men" ist einer der wenigen Filme, denen ich dieses rare Adjektiv zuordnen würde. In diesem kraftvollen & menschlich, psychologisch, ethisch extrem interessanten Court-Room-Drama, geht es nur um 12 Geschworene, die nach einem tagelangen Mordprozess nun in ihrer Kammer, am heißesten Tag des Jahres, über Unschuld oder elektrischen Stuhl eines Angeklagten entscheiden müssen. Der Fall scheint unwichtig, klar & schnell entschieden, 11 der 12 Männer entscheiden sich schnell für schuldig... doch Geschworener Nummer 8 gibt sich nicht so leicht dem Feierabend & den Vorurteilen hin...

"Die 12 Geschworenen" von 1957 ist ein beispielloser Film in mehrfacher Hinsicht. Ein Raum, 12 perfekt gezeichnete, unterschiedliche Charaktere, ein Plädoyer für die Menschlichkeit, die Justiz & die Unschuld. Dieses Stück Filmgeschichte, das nicht umsonst gerade bei Psychologen & Sozialforschern als Lehrbeispiel benutzt wird, ist fast näher an einem Theaterstück oder einem klassischen Kammerspiel als an einem Hollywood-Film. Dieser emotional wachrüttelnde Film ist eine absolute Anomalie in der Traumfabrik & brutal wichtig gewesen. Eines meiner liebsten Dramas & sicher unzweifelhaft, einer der besten Filme aller Zeiten. Ein Crowd-Pleaser, aber ein fordernder, bedachter, nuancierter. Zivilcourage, Mut, Eigenständigkeit, Überzeugungskraft, Lebensmut, Wahrheit - alles in einem Power-Paket. Nur mit Sprache, genialen Darstellern & einem messerscharfen Script, wird hier Mitreißenderes & Involvierenderes geschaffen, als es je Explosion & teure Sets könnten. 

Kein Gesicht samt Charakter der 12 Männer ist nebensächlich, keinen wird man so schnell vergessen. Vor allem Henry Fonda & Lee J. Cobb als totale Gegenpole liefern sich ein Psychoduell für die Ewigkeit. Jede Zuckung, jede Gestik oder Mimik ein angespanntes, wichtiges Detail. Das der Film nie aufklärt, ob der Angeklagte nun schuldig ist oder nicht, nie große Verteidigerreden oder gar Tathergänge zeigt, ist nicht nur mutig & ungewöhnlich, sondern schlicht genial. Wie sehr man sich so auf die eigentlichen Argumentationen, die Gruppe(ndynamik) & das generelle Thema der Unschuldsvermutung konzentriert, ist bis heute unerreicht. Nie stellte man sich selbst mehr die Frage: wie würde ich mich entscheiden? Die Atmosphäre in dem in jeder Hinsicht aufgeheizten Raum kocht, die Spannung ist greifbar & es steht regelrecht ein Leben auf dem Spiel. Nicht mehr, aber verdammt nochmal auch nicht weniger! Ein Film zum Mitdenken, Mitfühlen & Mitentscheiden, wohl Sidney Lumets Bester. Eine filmgewordene Legende & nicht nur Grundkurs Film, sondern Grundkurse Demokratie, Menschlichkeit & eigenständiges Denken!