Zwölf Männer versammeln sich in einem kleinen Konferenzraum, um über das Leben eines achtzehnjährigen Jungen zu entscheiden, dem vorgeworfen wird, seinen Vater erstochen zu haben. Zwölf Männer verschiedener Herkunft, verschiedener Weltanschauung, unterschiedlicher Charakterstärke. Der Fall scheint eindeutig, das Urteil, Tod durch den elektrischen Stuhl, längst festzustehen. Nur einer der Geschworenen zweifelt an der Schuld des Jungen. Er hat keine Beweise für die Unschuld, nur Zweifel. Nach und nach sehen auch die übrigen Männer die Fakten in völlig neuem Licht.
Die Handlung spielt sich fast vollständig in besagtem Raum ab. Es ist ein sehr warmer Tag, der Ventilator funktioniert nicht - die Gemüter der Anwesenden sind dementsprechend aufgeladen. Diese Konstellation ist die Grundlage für ein packendes Kammerspiel, dass allein von der Interaktion seiner Protagonisten lebt. Angefangen beim Skeptiker (Henry Fonda), der sich als anfänglich einziger nicht dem Diktat der Mehrheit beugen will und seine Ansichten auch untermauert, über einen gutmütigen alten Mann, der sich sofort überzeugen lässt, bis hin zu zwei Hardlinern, deren Entscheidungsfindung auf persönlichen Abneigungen und Vorurteilen basiert. Zusammen mit den übrigen Charakteren, die alle noch ihre wichtige Rolle in dieser zermürbenden Auseinandersetzung spielen sollen, ergibt sich eine bedrückende Atmosphäre, die sich im weiteren Verlauf der Diskussion immer weiter zuspitzt und um ein Haar sogar in tätlichen Angriffen endet.
Ob der Angeklagte letztlich schuldig oder unschuldig ist, spielt hier keine Rolle. Es geht darum, dass ein Junge aufgrund von Indizien und zweifelhaften Zeugenaussagen in den Tod geschickt werden soll. Fakten, die nicht eindeutig die Tat belegen, aber den Mühlen der Justiz ausreichen, die Schuldfrage endgültig zu beantworten. Wird der Junge vielleicht nur deshalb verurteilt, weil es schlicht einfacher ist, Menschen aus seinem gesellschaftlich minderbemittelten Stand eines solchen Verbrechens zu bezichtigen? Menschen die sich in ihrer Haut nicht erwehren können, weil ihnen das Geld für einen guten Anwalt fehlt, Menschen denen vor Gericht auch kein Glauben geschenkt wird, weil sie bei den bessergestellten Menschen ohnehin nur als Lügner und potentielle Mörder gelten. Spielt sogar Willkür eine gewisse Rolle bei der Urteilsfindung? Im gleichen Maße wie die anfänglich noch lockere Stimmung im Konferenzraum immer rauer und unbequemer wird, gleicht sich auch das Bild der Geschworenen gegenüber dem Angeklagten und der Welt, aus der er kommt auch nur langsam an das an, was zu einer klaren Entscheidung führen kann. Ein Bild, dass seitens des Richters, Staatsanwalts, selbst des Pflichtverteidigers in der scheinbar sehr schnell und rudimentär durchgeführten Gerichtsverhandlung nicht angenommen wurde und die Schuld des Jungen schon von Beginn an eingeräumt hat.
Obwohl man von dieser Gerichtsverhandlung nichts außer den abschließenden Worten des Richters an die Geschworenen vor deren Beratung zu hören bekommt, erhält man aufgrund der ausführlichen Erzählungen im Verlauf der Handlung einen sehr detailreichen Einblick in eine eigentlich alltägliche Prozedur, deren makabere Routine hier subtil, aber dennoch sehr scharf kritisiert wird. Der starrsinnigste Kopf der Gruppe bringt es mit seinen fadenscheinigen und auf blankem Hass begründeten Argumenten schlussendlich auf den Punkt: Es ist manchmal schwierig, ja unmöglich, sich ein neutrales Bild von jemandem zu machen, den man nicht kennt, über dessen Leben man aber zu entscheiden hat. Eben das große Dilemma des Geschworenenprozesses, bei denen einfache Menschen über andere einfache Menschen erzwungenermaßen urteilen sollen.
Schauspielerisch gehört der Streifen sicherlich zum besten, was Hollywood je zu bieten hatte. Alle Darsteller geben hier grandiose Vorstellungen ab, die der beklemmenden Stimmung in dem engen Raum mehr als zuträglich sind. Ob aufbrausend, sachlich nüchtern, intelligent, unsicher, redegewandt oder einfach nur feige – die Charaktereigenschaften der einzelnen Juroren werden hier perfekt herausgearbeitet und ergänzen sich schließlich zu einer spannenden Runde, bei der besonders interessant zu beobachten ist, welcher der zwölf Männer sich am schwierigsten von einer möglichen Unschuld des Angeklagten überzeugen lässt. Diese finale Überzeugung stellt dann auch den emotional bewegenden Schlußpunkt des Films dar.
„12 Angry Men“ ist ein packend inszeniertes Justizdrama, dass sich in kongenialer Weise allein auf seine Dialoge und die Entwicklung seiner Charaktere innerhalb eines geschlossenen Raumes beschränkt. Es entwickelt sich ein psychisch intensiver Diskurs, dessen eindringliche Thematik auch heute, fast ein halbes Jahrhundert später, nicht einen Funken seiner Aktualität eingebüßt hat.