Von den frühen 50ern bis Ende der 60er: Disney-Cartoons - etwa die letzten Mickey-Mouse-Streifen von Nichols - (in geringerem Maße auch die längeren Zeichentrickspielfilme) gerieten immer 'eckiger' und in Details immer flächiger anstatt immer detaillierter; zugleich erlebten William Hanna und Joseph Barbera ab 1960 einen Popularitätsschub mit den Serien „The Yogi Bear Show" (1960), „The Flinstones" (1960) & „The Jetsons" (1962) - letztere unter Mitwirkung von Charles A. Nichols, der für Disney zwischen Mitte der 40er und Mitte der 60er hauptsächlich die späten Pluto-Cartoons anfertigte -, die sich auch durch einen stilisierten Zeichenstil auszeichneten, der auf das Eckige, das Kantige abzielte: schon Tom & Jerry, deren Ahnherren Hanna & Barbera waren, gerieten in den 50er Jahren zunehmend markanter, ihre Hintergründe immer abstrakter. Dieser Zeichentrickstil dominierte sicherlich den (amerikanischen) Zeichentrickfilm der späten 50er und frühen 60er Jahre. Zu dessen Vertretern sind neben Hanna, Barbera und Nichols noch Clyde Geronimi, Hamilton Luske und freilich der späte Tex Avery (der nebenbei allerdings noch mit der Medialität des Zeichentrickfilms spielte und experimentierte) zu zählen. Von der früheren Dynamik und den zeitlich daran anschließenden realistischeren Tendenzen eines Ub Iwerks oder eines David Hand war in jener Zeit - und das hatte mitunter auch Budget-Gründe - nichts mehr zu spüren.
Wenn Brad Bird, der mit seinem späteren Erfolg „Ratatouille" (2007) einen modernen Computeranimationsfilm ebenfalls nostalgisch aufladen sollte, seinen Zeichentrick- & Computeranimationsmix „The Iron Giant" an diese Ästhetik anlehnt, dann ist das nicht nur ein Hinweis darauf, dass dieser mitunter als Gegenentwurf zu den Disney-Filmen aufgefasste Streifen letztlich doch auch wieder einige Schnittstellen mit diesen gemeinsam hat (und der Einsatz der Disney-Veteranen Frank Thomas und Ollie Johnston als Sprecher unterstreicht das noch ausdrücklich), sondern vor allem auch eine Folge des Bestrebens, den im Jahre 1957 spielenden und auf eine Vorlage des Jahres 1968 zurückgehenden Film mit einer formalen Gestaltung zu präsentieren, die den späten 50er & frühen 60er Jahren geschuldet ist.
Zu den formalen Charakteristika des Zeichentrickfilms jener Jahre gesellt sich auch noch der Einsatz klischierter Americana jener Jahre, die bisweilen sogar Erinnerungen an die Kitsch-Klassiker Norman Rockwells wecken - vielleicht spielt das Ganze auch deshalb in einem fiktiven Städtchen Rockwell irgendwo in Maine. Inmitten dieser zutiefst amerikanischen Kulisse wird die (auf das moderne Märchen „The Iron Man" des Lyrikers und späteren britischen Hofdichters Ted Hughes zurückgehende) Geschichte von Bird und seinem Drehbuchautor Tim McCanlies nicht bloß nach Amerika verlegt, sondern deutlich an die politische Stimmung jener Zeit angepasst: Die Motive des Außerirdischen und des Sci-Fi-Invasionsfilms bleiben - im Gegensatz zur Vorlage - auf die Figur des Roboterwesens beschränkt... und das, was den Invasionsfilmen der 50er immer schon als Ursache zugrundelag - Antikommunismus & McCarthy-Ära, Rote Angst & Paranoia -, wird ganz direkt in die Geschichte eingebracht. Im Jahr des Sputnikschocks freundet sich der junge Hogarth mit dem riesigen Roboter an, den er in den Wäldern findet. Dumm nur, dass [Achtung: Spoiler!] ein fanatischer Regierungsagent dem Wesen auf der Spur ist und der nationalen Sicherheit wegen dessen Vernichtung fordert. Das gipfelt gegen Ende im atomaren Angriff auf die vermeintliche Bedrohung durch den Metallriesen, der freilich gar keine darstellt - und alles wendet sich zu guter Letzt doch noch zum Guten: Der Regierungsagent entpuppt sich, bevor er zur Rechenschaft gezogen wird, nicht bloß als irrsinniger Fanatiker, sondern auch noch als nur wenig auf das Gemeinwohl bedachter Feigling, das Eisenwesen verhindert (scheinbar auf Kosten des eigenen 'Lebens') die atomare Katastrophe (und überlebt doch noch), und die Mutter des jungen Hogarth findet in dessen erwachsenem Freund, dem Schrotthändler Dean, eine neue Liebe.
Nicht bloß der deutlich hervorgekehrte zeitgeschichtliche Bezug, der Hughes Predigt des Friedens konkretisiert, sondern auch die veränderte Familiensituation verschafft Ted Hughes Stoff in dieser Verfilmung eine stärkere dramaturgische Dichte und Geschlossenheit (die auch Hughes Zustimmung gefunden haben soll): Bird und McCanlies sind auf diese Weise in der Lage, der Freundschaft zwischen Hogarth und dem Roboterwesen eine Funktion zuzuschreiben, die letztlich zu einer intakten Familiensituation führt, die im Film zu Beginn noch nicht gegeben ist. Die nahezu durchgängige Konzentration auf die Figur des kleinen Jungen wirkt aufgrund dieser neu kreierten Geschichte über die Sehnsucht nach Vaterfiguren und die entstehende Bindung zwischen der Mutter und dem Schrotthändler insgesamt geschlossener. (Wenn sie zugleich natürlich auch eine ideale Familiensituation propagiert und in dieser Hinsicht geradezu spielbergsche Ausmaße annimmt.) Zusätzlich zu diesem neuen Spannungsbogen im Mikrokosmos der Familie ist auch der Verzicht auf ein weiteres außerirdisches Wesen von Vorteil: Das Roboterwesen und die vorurteilsbehafteten Menschen geben als Gegensatz genug Reibungsfläche ab und sind keinesfalls auf die Anreicherung über ein weiteres außerirdisches Wesen angewiesen, um die moralischen Fragen nach Vorurteilsdenken, Willensfreiheit und Verantwortungsbewusstsein kindgerecht aufzuwerfen.
Birds Film zeichnet sich durch ein durchdachtes Drehbuch und eine konsequente Stilisierung aus und braucht sich keinesfalls hinter den - zu diesem Zeitpunkt ohnehin schwächer gewordenen - Disney- oder Don Bluth-Filmen zu verstecken. Die moralischen und pädagogischen Aspekte des Films fallen zudem kindgerecht, aber keineswegs simpel aus. Dass die Frage nach künstlicher Intelligenz gar nicht erst gestellt wird, fällt da kaum ins Gewicht - allerdings: Die Idiotie der Prämisse eines außerirdischen Maschinenwesens, das als programmiertes Verteidigungsprogramm seinen freien Willen entdeckt, ist in dieser Darbietung von seltener Blödheit (und wird wohl nur noch von den Prämissen der Filme aus Spielbergs/Bays „Transformers"-Trilogie (2007, 2009, 2011) übertroffen, die diesem Stoff in mancherlei Hinsicht ähneln).
6,5/10