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Stephen King erschafft sich so langsam einen egozentrischen, multimedialen Mikrokosmos, bei dem sich die Grenzen zwischen Fantasie und Realität überschneiden. Noch vor nicht allzu langer Zeit hat er den “Jupiter” seines literarischen Schaffens, so Kings eigene Bezeichnung, mit der “Dark Tower”-Reihe vollendet - ein Werk, das jeden Rest seines Lebenswerkes in sich aufsaugt. Speziell Band 7, “Der Turm”, schlug dann mit selbstreferenziellen Hinweisen auf Ereignisse im realen Leben des Meisters um sich, was eine unvermeidliche Verschmelzung von Fiktion und Realität nach sich zog. Demnach könnte man Kings Schaffen in seiner Zielsetzung auch dahingehend interpretieren, dass er stets versucht hat, die in unserer Welt so deutliche Abtrennung zwischen der Wirklichkeit und dem Phantastischen ein Stück weit zu verwischen und die Grenzen zu öffnen - das würde die ständigen Bezüge zur Wirklichkeit ebenso erklären wie die Tatsache, dass seine Geschichten fast ausschließlich in Maine stattfinden, seinem Heimatort.

Doch schon lange erstreckt sich der Mikrokosmos weit über die symbiotische Beziehung zwischen Kings echtem Leben und seinen literalen Ergüssen. Seit den Siebziger Jahren sind auch Kingsche Verfilmungen für Kino und TV so berüchtigt wie umstritten. Der Facettenreichtum seiner Filmadaptionen erstreckt sich über Blockbuster (“Carrie”), cineastische Epen (“Die Verurteilten”), B-Movies (“Thinner”), TV-Zweiteiler (“ES”) und Mini-TV-Serien (“Kingdom Hospital”) - die Qualität erstreckt sich vom größten Schund bis zum unbestrittenen Meisterwerk. Und doch... von den wirklich großen Filmen mal abgesehen, zieht sich eine beharrliche Gleichartigkeit durch den zugegeben meist eher minderwertigen Output der verschiedensten Regisseure, darunter auch King selbst, die eines seiner Werke, fast immer Bestseller, bebilderten. Diese Gleichartigkeit zeigt sich oft in so etwas wie cineastischer Naivität und Unvermögen, die Geschichten von der literalen in die audiovisuelle Form zu übertragen. Möglicherweise ist dies aber nur ein weiterer Hinweis auf das Kingsche Sonnensystem aus in sich abgeschlossenen, aber doch miteinander in Verbindung stehenden Sternengebilden... seinen Geschichten.

1994 entstand unter Lars von Trier in einem anderen, einem parallelen Universum die dänische Miniserie “Riget”, die drei Jahre später zum Zweiteiler ausgebaut wurde. Von Triers Erzählung über ein Krankenhaus, dessen Säulen auf Blut erbaut wurden und indem sich fortan in der Gegenwart die Welten der Geister und der Wissenschaft überschnitten, überzeugte mit seiner eigenwilligen, verschrobenen Atmosphäre die Kritik quasi auf ganzer Linie. Auch Stephen King war unter den Bewunderern, fand er in dem Werk doch vor allem ansprechende Aspekte auf ganz persönlicher Ebene. In der Tat ist es nicht schwer zu erkennen, dass die Essenz von “Riget” sich mit dem Lebenswerk Kings quasi silhouettengleich deckt. Das Krankenhaus symbolisiert einen Austragungsort zwischen der Rationalität der Wissenschaft und der Unerklärlichkeit von Phänomenen aus der Schattenwelt, für welche die Gilde der unbedingten Wissenschaftlichkeit zu blind ist, um sie zu erkennen. Das ist es, was King seit jeher predigt: Er will die Augen der Menschen öffnen, die sich als aufgeklärt betrachten durch ihre wissenschaftliche Überlegenheit. So ist nur zu gut vorstellbar, dass King weniger die technische Umsetzung von “Riget” bewunderte bzw. die Umsetzung im Detail, sondern vielmehr die Grundidee, auf der die Mini-Serie basiert.

Einer der einprägsamsten Sätze des Stephen King-Remakes handelt daher auch davon, dass die Menschheit im Siegeszug der Wissenschaft irgendwann dazu neigte, überheblich zu werden... und dass Überheblichkeit zu Blindheit führt. Genau das ist der gemeinsame Nenner, auf dem Lars von Trier und Stephen King operieren.
Ein weiteres Instrument, dessen sich sowohl von Trier als auch King bedienen, ist die ausgeprägte Charakterzeichnung. “Riget” lebte zu großen Teilen von der Anziehungskraft der wundervoll ausgearbeiteten Charaktere, während die Optik dazu tendierte, für sich betrachtet eher trist und fad zu wirken. Speziell Ernst-Hugo Järegård als Dr. Helmer, Søren Pilmark als Dr. Krogshøj und Kirsten Rolffes als Frau Drusse, aber darüber hinaus alle weiteren Antagonisten sprühten vor Individualität. Jeder Schauspieler erschuf im Laufe der insgesamt acht Episoden hervorragend ausgefeilte Charaktere, die jedes Klischee mieden und in ihrer Darstellung schlicht einzigartig waren. Auch das wird King entgegengekommen sein, denn wenn Literaturkritiker, die mit King nicht immer ganz so euphorisch umgehen wie seine Leserschaft, ihm eine überragende Qualität in seinen Romanen zuschreiben wollen, dann ist es die Charakterzeichnung. Kings Horror funktioniert, weil er sich über Figuren ausbreitet, die so glaubwürdig und imaginär stimulierend auf den Leser einwirken, dass sie sich im wahrsten Sinne des Wortes um die Figuren sorgen.

Prinzipiell sind dies also beste Voraussetzungen für eine Adaption der hervorragenden von Trier-Geschichte für den US-amerikanischen Massenmarkt, der “Riget” in seiner Reinform sicher nicht angenommen hätte. So wird “Kingdom Hospital” aus Sicht des ausführenden Mitproduzenten Lars von Trier sowie vor allem aus Sicht der Produktionsfirmen (Touchstone, Sony, für die TV-Ausstrahlung der US-Sender ABC) nichts weiter sein als ein klassisches Remake zum Zwecke der Wiederverwertung guter Ideen aus dem Ausland für den US-Markt, der, was ausländisches Material betrifft, doch eher scheu ist. Leider ging die Rechnung dann nicht ganz auf: Das mit über 37 Millionen Dollar budgetierte und auf Kings Wunsch hin bei Serienstart stark beworbene Projekt fand beim Publikum nicht genug Anklang, damit eine mögliche zweite Staffel in Auftrag gegeben wurde - was durchaus eine Option gewesen wäre, da die dreizehn Episoden der ersten Staffel zwar relativ abgeschlossen daherkommen, eine Fortsetzung aber nicht ausgeschlossen gewesen wäre. So bleibt es jedoch (zumindest vorerst, man weiß ja nie, wie der DVD-Markt die Sachlage ändert) bei der Mini-Serie in Form einer Staffel. Es ist zu mutmaßen, dass trotz der erheblichen Amerikanisierung das Endergebnis immer noch zu abgehoben war für das Mainstreampublikum, denn wenngleich vieles deutlich verharmlost wurde, deuten doch die immer noch skurrilen Ideen ganz klar auf von Triers schräge Vision hin.

Dabei lässt sich die ganze Geschichte eigentlich sehr vielversprechend angehen. Der künstlerisch hochwertige Vorspann, unterlegt von Ivys gleichzeitig gruselig-mystischem wie doch beruhigenden “Worry About You”, brachte seinen Machern eine Emmy-Nominierung ein. Bis hierhin ist die Amerikanisierung zweifellos gelungen - von Pseudo-Grusel manch anderer King-Adaption noch keine Spur. Kings persönliche Verpflichtung gegenüber dem Original scheint sich auszuzahlen, denn hier ist künstlerischer Anspruch zu erkennen, die Geschichte würdevoll dem amerikanischen Publikum zuteil werden zu lassen.

Jener Anspruch ist dann auch in den ersten Minuten der Handlung weiter zu verfolgen, denn Optik und Kameraarbeit bewegen sich auf höchstem Niveau und lassen keinen Grund zur Klage aufkommen. Die erneute Verfrachtung der Geschichte nach Maine hat insofern positive atmosphärische Konsequenzen, als dass die herbstliche Natürlichkeit der Umgebung mehr als sehenswert ist und den Zuschauer zunächst nach mehr gieren lässt.
Für den Einstieg wählte King, der große Teile der Episoden speziell zu Beginn und am Ende schrieb (der Mittelteil wurde überwiegend von Co-Autor Richard Dooling geschrieben), eine persönliche Herangehensweise an die Thematik, indem er die Story entgegen der Vorlage mit einem Autounfall einleitet. Angeblich deckt sich der komplette Unfallhergang mit demjenigen, den King 1999 erlitt, abgesehen von der in der Serie erfolgenden Fahrerflucht, die in Wirklichkeit nicht geschehen ist. Bekanntlich war der schwere Unfall das einschneidendste Erlebnis, das King in seine Literatur hat einfließen lassen, so wie es nun auch bei der TV-Serie der Fall ist. Obwohl das Unfall-Intro diesbezüglich bereits der Höhepunkt ist, treffen wir immer wieder auf kleine Hinweise, die auf den Kingschen Medienkosmos referieren: Seien es King-Bücher, die von Patienten oder Ärzten gelesen werden, sei es die Benennung von Figuren mit Namen aus King-Büchern bzw. aus dem Stab der “Kingdom Hospital”- bzw. “Riget”-Macher oder was auch immer, der King-Fan wird viel zu entdecken haben. Auch wenn die Hinweise manchmal zu offensichtlich erscheinen und auf Dauer nerven (Reporterin: “...Was hier passiert ist, könnte direkt aus einer Stephen King-Geschichte stammen.”), erfreuen die Eastereggs insgesamt durchaus.

Schnell jedoch, gar in der ersten Episode schon, macht sich ein altes Problem des für den TV-Markt aufbereiteten King-Materials breit: Es schleichen sich immer wieder unnötige Längen ein, die in dem Versuch entstehen, den Serienfiguren die gleiche Tiefe zu geben wie man es aus einem King-Buch erkennt. Nur ist es leider der fehlenden Qualität der Dialoge und der einmal mehr eher störrischen Regie von Craig R. Baxley anzukreiden, dass dieses Vorhaben nicht funktioniert. Wobei ich Baxley da nur bedingt Vorwürfe machen will, denn als Regisseur einer TV-Serie verfügt er auch nicht über die Mittel der Darstellung, die er in einer Kinofilmproduktion hat, obwohl “Kingdom Hospital” vom Produktionsaufwand her oftmals in die Kinofilmregionen vorstößt. Insofern enttäuscht der Plot mit deutlich zu vielen langatmigen Passagen, die durch Straffung hätten verhindert werden können, gar müssen, denn im Gegensatz zum “Sturm des Jahrhunderts” gehen die Längen hier wirklich zu Lasten der Qualität.

Dabei passiert nicht unbedingt weniger, eigentlich gar noch mehr als in von Triers Vorlage, nur verstand man es dort, die Charaktere weit besser auszufüllen und sie das Gerüst fast alleine tragen zu lassen. Die “Kingdom Hospital”-Pendants sind leider nurmehr blasse Schablonen jener einzigartigen Figuren aus dem “Riget”-Universum. Das gilt gar für den eigentlich sehr ordentlich agierenden Bruce Davison, der als Dr. Stegman ein wenig an seine Anti-Mutanten-Rolle aus den “X-Men”-Filmen erinnert - gegen seinen Vorgänger Ernst-Hugo Järegård sieht er in Sachen Charisma dennoch kein Land, was eigentlich fast komplett auf den Cast übertragbar ist. Lediglich Jamie Harrold trumpft als verliebter Narr auf und zieht zumindest gleich mit seinem Gegenstück aus dem dänischen Original.
Vergleiche müssen sich die Charaktere deswegen gefallen lassen, weil sie in vielen Fällen ganz massiv an den Pendants orientiert sind - zum Teil werden ganze Szenenverläufe kopiert und die Dialoge sinngemäß wiedergegeben. Und im direkten Vergleich fällt immer wieder auf, dass viel von dem schwarzen Zynismus verlorengegangen ist, der “Riget” durchgehend umweht hat. Das mag auf Nicht-Kenner der Ur-Materie nicht einmal so wirken: Isoliert betrachtet strotzt auch “Kingdom Hospital” nur so vor Zynismus und Sarkasmus. Die kultverdächtige Geste des Aufblasens des Daumens wirkt selbstverständlich auch in der King-Version noch, speziell, wenn man sie als neu erachtet - auch, wenn dies wieder eines der Dinge geworden ist, die King-typisch übertrieben wurden. Aber doch bleibt der Eindruck zurück, dass alles viel zu brav und zu sanft bleibt. Ich für meinen Teil konnte mir einen Lachanfall nur in der einen Szene nicht verkneifen, als zuerst Bobby Druse (Del Pentecost), kurz darauf dann Elmer Traff (Jamie Harrold) völlig unabhängig voneinander kreischend vor Angst den Gang entlangrannten, vorbei an der verdutzten Doktorin. Ansonsten gibt’s immer mal wieder ein Schmunzeln, mehr jedoch nur selten.

Wenn King sich dann mal vom Original löst, dann meist dadurch, dass ein Element des Originals bis ins Absurde weiterverfolgt wird. Sah man bei von Trier lediglich, wie Dr. Helmer jeden Morgen seine Radkappen abmontierte, um sie vor dem Kindergesindel zu schützen, das vor dem Hospital lungert, so wird Dr. Stegmans Jaguar im Verlauf der Serie komplett demontiert bis zur Unkenntlichkeit und eine ganze Verschwörungssache daraus gemacht. An diesen Stellen kommt dann auch der zwischenzeitlich auftauchende Episodencharakter der Serie auf, der dann nichts mehr mit der durchdachten Konzeption von “Riget” gemein hat. So werden beispielsweise die beiden an Trisomie 21 leidenden, stets über die Vorgänge im Krankenhaus informierten Tellerwäscher aus ihrer isolierten Kammer herausgenommen, um etwa daran teilzunehmen, Stigmans Auto zu malträtieren - der Sinn der Isolation der beiden und die vollkommene Abschottung von anderen Figuren bei von Triers Variante scheinen die Macher wohl nicht so ganz verstanden zu haben. Auch verfolgt der Plot von “Kingdom Hospital” einfach das Leben von einem der “Zuschauer” auf dem Krankenhausparkplatz weiter. Hier handelt es sich nicht um ein Kind, sondern einen erwachsenen Tunichtgut, der sich mit seinen Kumpels über den Herrn Doktor und seine Probleme mit dem Jaguar lustig macht, der aber eigentlich auch ein gutes Herz hat. Eine Episode handelt dann ganz von ihm und seiner Selbsthilfegruppe, als dem Gruppenleiter etwas Schlimmes passiert. Obwohl im Umkehreffekt auch diese “Ausflüge”wieder auf die seltsamen Vorgänge im Kingdom Hospital zurückzuführen, entfernen sich derartige Handlungsstränge ganz deutlich vom Zentrum des Krankenhauses, wodurch sie klaren Episodencharakter aufweisen - eine Vorgabe, die auch ganz besonders auf die neunte Folge “Nummer 11" mit dem Baseballspieler zutrifft. Dieses Schema wäre wohl im Falle einer Fortführung der Serie über mehrere Staffeln verstärkt verfolgt worden, nachdem die erste Staffel insgesamt dann doch den Fokus auf das direkte Geschehen im Krankenhaus legt. Die Konsequenz dessen ist natürlich eine Verwässerung des intensiven, hochkonzentrierten Konzeptes von Lars von Trier.

Einige neu eingeführte Ideen und Konzepte erweisen sich allerdings auch als äußerst ertragreich - zumindest im Ansatz. Wie sinnvoll es ist, alle zehn Minuten das Geistermädchen einzublenden und ihr damit die Geisterhaftigkeit zu nehmen, sei mal dahingestellt; ihr computeranimierter Freund, der Ameisenbär “Antibus” (im Original “Antubis”), ist allerdings wider Erwarten ein Glücksgriff. Das liegt zum einen an der wirklich gelungenen Animation, was das Design und die Umsetzung betrifft. Die Arbeit der Special Effects-Crew ist fehlerlos, und das Design spielt gleichermaßen mit vertrauten wie unheimlich-unerklärlichen Erscheinungsformen, sprich: Das Vieh sieht aus wie ein Ameisenbär (bzw. wie eine Mischung aus Ameisenbär und Faultier), ist aber doch ganz offensichtlich keines. In diesem Zusammenhang trumpft dann hin und wieder auch die Dialogqualität auf, denn wenn der Patient in den leeren Raum ruft “Wo bist du, du wundervolle Bestie?”, dann trifft das genau das Empfinden des Zuschauers über dieses kuriose Wesen. Zum anderen ist “Antibus” deswegen ein Glücksgriff, weil er tatsächlich mit die beste Charakterzeichnung erfährt. Das Geistermädchen sagt: “Er kann Krankheiten heilen, und er kann töten. Er mag es, wenn man ihn hinter den Ohren krault. Er ist manchmal grausam, aber er kann auch ganz lieb sein.” Die “wundervolle Bestie” ist also offenbar so etwas wie ein Wächter des Gleichgewichts, woraus dann auch sein Leitspruch “Ich tu dir einen Gefallen, du tust mir einen Gefallen” resultiert. In der letzte Folge werden wir frei nach dem “Duddits”-Konzept erfahren, um wen es sich bei dem Ameisenbär wirklich handelt. Auf jeden Fall erscheint die Kreatur unglaublich anziehend, weil ihre Grausamkeit gleichermaßen schockiert, wie ihre Sanftmütigkeit zu Tränen rührt. Wenn das Remake eine sinnvolle Neuerung eingebracht hat, dann diese.

Auch die symbolischen Kellergewölbe hat King auf angenehme Weise ausgeweitet. Kein Wunder, hängt diese Konzeption doch von Beginn an mit dem “passiven Hauptdarsteller” Jack Coleman zusammen, der zu Anfang Opfer des Autounfalls wurde und in seiner Bewusstlosigkeit im Krankenhaus nun durch die brüchigen Gewölbe irrt. Wenn seine Frau am Krankenbett zu ihm spricht, ertönt ihre Stimme für ihn durch einen altmodischen Lautsprecher an den kalten Steinwänden des Horrorszenarios - das hatte schon in dem viel gescholtenen “Dreamcatcher” funktioniert, wo ganz ähnlich die Gehirnwindungen von einem der Freunde symbolisch zu einer Bibliothek umfunktioniert wurden, in der das böse Wesen hauste. Hier haust dementsprechend auch wieder das personifizierte Böse in Form von Kett Turton, der einen leichenblassen konkreten Gegenspieler darstellt, wie es ihn in der Form in “Riget” nicht gegeben hat. So herrlich die Umsetzung der Hospital-Horror-Gewölbe auch sein mag... dass King wieder unbedingt einen greifbaren Bad Guy reinbringen musste, ist nicht unbedingt förderlich für die Qualität der Serie. Erschien das Böse nämlich bei “Riget” viel verstörender in Form einer absurden Kreatur, die eher Mitleid als Furcht erregte, so verliert sich King wieder in Klischees seiner beliebten Gut-Böse-Konstellation. Die Illusion wird perfekt, als sich später sämtliche “gute” Menschen zu einem “Club” formieren und in einem lichteffektetechnischen Finale direkt gegen den Villain antreten - typisch King, auch wenn das Finale mit den sich überlappenden Zeitzonen sicherlich nicht gerade unattraktiv ist.

Was den Horror betrifft, bleibt man klar unter der Erwartungshaltung des Zuschauers. Ein paar Reißzähne gibt es, und was der gescheiterte Baseballspieler in seiner persönlichen Hölle ausstehen muss, ist auch nicht ohne (Frau mit der Spinne im Mund). Ansonsten ist “Kingdom Hospital” Horror, der auch für Zartbesaitete geeignet ist; Spannung kommt kaum auf, ganz zu schweigen von surrealen Situationen wie etwa dem ersten Auftreten von Udo Kier in der realen Welt als verunstaltetes Geschöpf. Vielmehr wird der Horror mit Humor vermischt, sprich ein kopfloser Mann, der zu “Where’s Your Head At” von den Basement Jaxx durch die Gewölbe irrt und seinen Kopf sucht, oder Halluzinationen im OP-Saal, wo plötzlich Insekten im offenen Hirn des Patienten auftauchen. Ein wenig Ironie ist sicherlich nicht verkehrt, ja sogar ratsam, nur wenn darunter die Spannung leidet, so ist das für eine King-Serie, die verspricht eine Horror-Soap zu sein, zu wenig.

So ist am Ende klar zu sagen, dass Lars von Triers Original für Filminteressierte nach wie vor die bessere Wahl ist. Kings Neuinterpretation trumpft zwar mit einigen wenigen positiven Eigenkreationen auf (Antibus, Kellergewölbe), doch insgesamt bleibt “Kingdom Hospital” zu brav, zu konventionell und letztendlich auch zu langatmig. Wann immer spezifische Szenen von “Riget” wieder aufgegriffen werden, steht das Remake als Verlierer da; wenn man sich vom Original löst, besteht die Gefahr, sich zugleich vom Kern der Sache zu lösen und in beliebigen TV-Mystery-Quark überzugleiten. Dazu gesellen sich mal wieder klassische King-Klischees (Baddie vs. Club der mentalen Übergleiter in den swedenborgschen Fluss, möchte man sagen).
Sicher, die vielen Anspielungen auf das Kingsche Universum gefallen, ebenso wie die höchst solide filmtechnische Umsetzung, und auch eines gewissen bissigen Humors entbehrt die Serie nicht. Nur ist das Resultat für Anhänger des Originals zu blass und für das Massenpublikum offenbar immer noch zu abgefahren. Weder Fisch noch Fleisch, muss das Fazit lauten, und ein weiteres Remake begibt sich in die Gesellschaft der Unentschlossenen, die sich für keine Richtung entscheiden konnten. Dem gigantischen Sonnensystem des Stephen King hängen wir jedoch gerne auch diesen Stern an.

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