Im Vorfeld sollte man wissen das es sich hier um eine Jerry Bruckheimer/ Michael Bay Produktion handelt, wer also eine ausgewogene Geschichtsstunde oder einen reinen Kriegsfilm erwarten sollte, wird vielleicht enttäuscht sein.
Rafe (Ben Affleck) und Danny (Josh Hartnett) sind von Kindesbeinen an die besten Freunde. Das Fliegen ist schon damals ihre große Leidenschaft, später in der Army gehören sie zu den Besten. Als Rafe sich während des 2. Weltkrieges für ein waghalsiges Kommando meldet, bleibt sein Freund Danny mit seiner großen Liebe, der Krankenschwester Evelyn (Kate Beckinsale), allein zurück. Als Rafe bei einem Luftgefecht abgeschossen wird gilt er als tot. Durch den gemeinsamen Verlust kommen sich Danny und Evelyn näher, zudem verschärft sich der politische Konflikt zwischen Japan und den USA...
60 Jahre nach dem Angriff auf Pearl Harbor, versuchen sich 2 Produzenten, die bisher eher seichte Unterhaltung produziert haben an einem amerikanischen Trauma. Ausgestattet mit einem gigantischen Budget von über 160 Mio. Dollar, machten sich Bruckheimer und Bay ans Werk einen Jahrhundertfilm zu drehen, das Ergebnis fällt aber durchwachsen aus.
Zuerst einmal ist unübersehbar das der Film für Amerikaner gedreht wurde, eine Art patriotischer Heldenverehrung. Für Außenstehende, besonders Nicht-Amerikaner, ist dieses Nationalbewusstsein jedoch schleierhaft. Die wehenden Fahnen sind dabei noch das geringste Übel. Fakt ist das „Pearl Harbor“ ein einseitiger Film ist, so wird die Gegenseite der Japaner und ihre Motivation den Flottenstützpunkt anzugreifen, kaum beleuchtet. Die Japaner sind die bösen eindimensionalen Invasoren, das Japan durch das Ölembargo wirtschaftlich isoliert war und handeln musste, wird ignoriert. Noch ärgerlicher ist aber das nach dem Angriff auf Pearl Harbor der Film nicht endet wie es sein sollte. Stattdessen werden ein paar Wochen übersprungen und ein Racheakt in Form eines Bombardements von Tokio mit eingebaut. Dann hätte man aber auch historisch konsequent bleiben müssen und den Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki zeigen müssen. So bleibt die Handlung ein Stück amerikanischer Heldenverehrung ohne historischen Sachverstand.
Inspiriert von Titanic, wurde zudem eine Romanze der Hauptcharaktere mit eingestrickt, scheinbar um das weibliche Publikum für einen Kriegsfilm zu gewinnen. Dabei geht das Liebesspiel schon früh auf die Nerven. Als Rafe aus Europa zurückkehrt gibt’s erst mal eine deftige Schlägerei der beiden Freunde, die sich danach aber schnell wieder vertragen... bessere Klischees haben Bay und Bruckheimer scheinbar nicht gefunden. Besonders Milchgesicht Josh Hartnett avanciert zum Waschlappen und sollte lieber noch mal auf die Schauspielschule, seine Rolle als US Soldat nimmt ihm keiner ab. Ben Affleck macht seinen Job auch nur geringfügig besser. Schauspielerisch wird also nur unterstes Mittelmaß geboten, auch ein Cuba Gooding Jr. und Alec Baldwin bleiben weit hinter ihren Möglichkeiten zurück.
Ist die erste Hälfte des Films ein gefühlsduseliger Schmachtfetzen, geht’s dafür in Hälfte Zwei ordentlich zur Sache. Optisch und akustisch ist der Angriff auf Pearl Harbor perfekt in Szene gesetzt. Die Kamerafahrten über den Hafen vermitteln ein beeindruckend realistisches Kriegsszenario und lassen kaum Wünsche offen. Es fehlt zwar an der emotionalen Tiefe eines „Soldat James Ryan“ aber das war auch nicht zu erwarten.
Der Score von Hans Zimmer ist nicht so mitreisend wie z.B. Gladiator, gerade in den ruhigen Passagen aber durchweg stimmig.
Der Gesamteindruck bleibt leider hinter den Erwartungen zurück. Wer einen richtigen Kriegsfilm will, sollte sich „Tora, Tora, Tora“ ansehen. Wer eine historische Aufarbeitung will, dem wäre eine Dokumentation ans Herz zulegen. Wer sich mit seichtem Popcorn-Kino, mäßigen Darstellern und gefühlsbetonter Handlung mit einigen Längen zufrieden gibt, für den ist der Film eine Empfehlung wert. Gesehen haben sollte man „Pearl Harbor“ aber auf jeden Fall, schon allein der gigantische Luftangriff rechtfertigt dies.
7/10 Punkten