Wenn heutzutage ein (jedenfalls fast) neuer Agentenfilm herauskommt, erwarten offenbar alle was bondmäßiges, viel High-Tech, abgedrehte Action und so. Eigentlich Schwachsinn; wenn heute "Polizeifilm" auf dem Cover steht, tauchen da auch längst keine Strahlemänner mit 30 Schießereien pro Tag mehr auf, meist gibt es heutzutage ziemlich realistische Kost mit Korruption und miesen Typen.
Persönliches Pech also, wenn das Update der Erwartungshaltung im Spionagegenre noch nicht stattgefunden hat; wer allen Ernstes diskutiert, ob "Die another Day" oder "XXX" der beste Spionagereißer der letzten Zeit war, ist hier definitiv im falschen Film. Hier wird die Welt halt mal nicht von einem coolen Typen im Alleingang und zwischen zwei flotten Nummern mit heißen Bunnies gerettet, die Agenten haben eben keine Laser-Kulis mit eingebauten Raketenwerfern, und die Lizenz zum Töten ist nicht nur ein Running Gag. Hier ist alles bitterernst - die Protagonisten glauben zwar an ihren "Beruf" und ihre Mission, sind aber doch nur Spielball, und die Regeln sind nicht unbedingt fair. Brisseau (V. Cassel) kommt bei einem dubiosen Auftrag den Amerikanern in die Quere und muss erleben, wie im Gegenzug einer seiner Leute ermordet wird; Barbara (M. Bellucci) wird von den eigenen Leuten mit Drogen in eine Falle gelockt, um im Gefängnis einen weiteren miesen Job auszuführen.
Dass der Film nicht unbedingt vor Action platzt, soweit waren wir ja schon; streckenweise wirkt das fast bemüht, die gewohnten Highlights eben nicht ins Bild zu setzen (eine Schiffsexplosion z.B. findet praktisch offscreen statt) .
Die überschaubaren Actionelemente, die es dann doch gibt - u.a. ein Autobahncrash -, repräsentieren sicher nicht ganz den heutigen Stand der Dinge, sind aber auch nicht so schlecht gemacht, wie hier gelegentlich behauptet wird. Irgendwie realistisch halt. Unspannend ist das Ganze trotzdem nicht, man nimmt sich halt statt dessen etwas mehr Zeit für die Entwicklung der Story. Erstaunlicherweise gelingt dies, ohne in Geschwätzigkeit (einige Szenen sind sogar völlig wortlos und wirken daher umso stärker) und wirre Bilder abzugleiten, wie etwa in dem nicht ganz unähnlichen und seltsamerweise ja hochgelobten "Syriana". Wirkliche Überraschungen hat die Geschichte zugegeben nicht zu bieten, irgendwie weiß man halt, dass die Dinge nicht so sind, wie die Chefs das ihren Untergegebenen erklären. Die erwartete und ansatzweise vorhandene Rachestory bleibt aber ein Nebenkriegsschauplatz - gängige Klischees bedient der Film hier und auch in der - dramaturgisch sicher nicht ganz glücklichen - Gefängnisstory mit Belucci erfreulicherweise nur begrenzt. Wirklich befremdlich ist dann allerdings der Schluss - der Begriff "Antiklimax" ist da noch geprahlt, so unspektakulär ist schon lange kein Film mehr zuende gegangen.
Fazit:
Realistischer, relativ ruhiger Agentenfilm mit der oft zitierten "verhaltenen" Spannung, der das sonst doch eher platte Spionagegenre mal etwas kritisch angeht. Mangels spektakulärer Action für die XXX-Generation offenbar nicht "cool" genug, aber wer schon "Syriana" aufregend fand, dürfte hier in ernsthafte Infarktgefahr geraten. Nur das Ende, das ist schon arg unbefriedigend. France, six points.