Review


Inhalt:

Japan im Jahre 1862. Der Clan der Tokugawa stellt den Shogun, der das Oberhaupt aller Samurai-Krieger ist, und der als Militär-Diktator mit uneingeschränkter Macht über das "Reich der aufgehenden Sonne" herrscht, wird nur noch 5 Jahre, schwach, von außen bedroht und dem Untergang geweiht, an der Spitze des Landes stehen.
Chaos, Korruption und Brutalität bestimmen diese Zeit.

In der Region Tosa, steht der Ronin Okada Izo (Shintaro Katsu) vor dem sozialen und wirtschaftlichen Nichts. Er muss sein "Samurai-Geburtsrecht" und seine alte Rüstung im Pfandhaus anbieten und verkaufen, sein Charakter ist brüchig und voller Selbsthass.
Der Lehnsherr Takechi Hanpei (Tatsuya Nakadai) bietet ihm eine Stellung als Auftrags-Killer für dessen Tosa-Clan an. Okada soll einem solchen Mord zusehen, daraus "lernen", also sich die Tötungs-Technik seiner designierten "Kollegen" abschauen und zukünftig anwenden. Diejenigen, die der Macht des Clans irgendwie im Wege stehen, werden gnadenlos liquidiert.

Okada wird, als er der beispielgebenden, bestialischen und quälend zähen Tötung von Yoshida Toyo beiwohnt, klar, dass er das gekonnter absolvieren wird.
Und eine Reihe äußerst brutaler Meuchel-Morde steht nun an, Okada wird zu einem Meister seines Fachs und arbeitet seine Aufträge gnadenlos ab.
Genzaburo ist das neue Opfer, stets ist der Schrei "Tenchu!" ("Strafe des Himmels") vom Killer vor dem Mord zu verwenden.
Ein Ermittler, wird denn von Okada mal eben brutal erwürgt.

Okadas ihm gleichgestellter Kollege ist Tanaka Shinbei (Yukio Mishima), beide Männer versuchen, sich gegenseitig zu übertrumpfen.
Okada, ein zerrissener Charakter und dem Alkohol ergeben, findet durch seine Aufgabe etwas Halt und Anerkennung. Seine ihm vom Clan persönlich zugeordnete "Begleit-Dame",  O-Mino (Mitsuko Baisho), sorgt für Ablenkung und sexuell geprägte "Unterhaltung".

Ein weiterer Gefährte ist Sakamoto Ryoma (Yujiro Ishihara), dessen Loyalität indes zweifelhaft ist. Er hinterfragt gegenüber Okada die Morde, und hegt ein gewisses Misstrauen betreffend Takechi Hanpei.
Dies sorgt bei Tanaka Shinbei dafür, Sakamoto als "Verräter" stets in Verdacht zu haben. Doch Okada, voller innerer Zweifel, findet immer mehr Gefallen an den Gedanken Sakamotos: Eines Tages wird der Shogun durch den Kaiser -der als rein religiös-spirituelles Oberhaupt in Kyoto politisch seit 250 Jahren entmachtet ist- ersetzt werden, und dann die Stände der Daimyos und Samurai den Frauen und Männer des Volkes gleichgestellt werden.

Für Takechi Hanpei scheinen Sakamoto, Tanaka und Okada zu Sicherheitsrisiken zu werden. Okada wird ein weiterer Mord befohlen: Doch nicht Sakamoto, wie von Okada befürchtet, soll getötet werden, sondern Anenokoji, der wichtigste Alliierte des Tosa-Clans!
Okada soll aber nicht sein Katana dabei verwenden, sondern das Katana von Tanaka Shinbei und dieses am Tatort zurück lassen.
Okada führt den Befehl zwar aus, versucht aber danach zu entweichen. Die "Ronin-Patrol" -eine Art Militär-Polizei die herrenlose Samurai aufgreift- kann aber Okada stellen und inhaftieren.
Takechi Hanpei verleugnet Okada eiskalt, der daraufhin für lange Zeit im Gefängnis bleiben muss.

1865, drei Jahre sind vergangen und Japan von außen durch holländische und englische Kriegsschiffe bedroht wie aber auch vom innerenen Zerfall gebeutelt.
Takechi Hanpei ist nunmehr selbst eingekerkert, seine Vergehen sind politischer Art, und er wird zum Seppuko aufgefordert werden.
Okada Izo ist hingegen frei, ein neuer Herr versucht ihn zu rekrutieren, doch Okada, geläutert und ein fast in sich ruhender Charakter geworden, misstraut nunmehr allem und jeden.

Okada wendet sich an die Behörden, und gibt alle Verbrechen zu, nennt Namen und Verantwortliche.
Im Wissen, dass auch Takechi Hanpei seinem verdienten Schicksal nicht entgehen wird, sieht Okada seinem Tod -er soll am Kreuz sterben- entgegen.....


Kritik:

Im Jahre 1969, befand sich der herausragende Chanbara-Regisseur Hideo Gosha durch den meisterhaften Streifen "Goyokin" (siehe mein Review auf dieser Website) und diesem ebenso beeindruckenden Film hier, "Tenchu!" (aka "Hitokiri"), auf dem Höhepunkt seines Schaffens, auf dem Zenit seiner Kariere.

In starker Bildsprache komponiert, mit einer beklemmend-düsteren Atmosphäre versehen, erzählt Hideo Gosha konzentriert-intensiv in knapp zweieinhalb Stunden Laufzeit die Geschichte eines herrenlosen Samurai, eines aus der Bahn geworfenen Ronin, der voller brüchiger Männlichkeit Halt, Anerkennung und einen Platz im Leben sucht, aber durch brutale Morde, Alkohol-Sucht und Verrat letztlich ein Opfer seiner Selbst und seines Umfeldes wird bzw. ist.
Der Film ist zwar gedehnt, die typisch-gemächliche japanische Erzählweise eben, aber ungemein spannend, fesselnd, präzise in Szene gesetzt -Gosha führt mit überaus feiner Klinge Regie mit dosiertem Timing-, und den Betrachter emotional packend.
Fast ein Meisterwerk wie "Goyokin", mit etwas geraffterer Struktur, wäre es wahrhaft ein weiteres absolutes Meisterstück Hideo Goshas geworden.

Shintaro Katsu -durch die Rolle des "Zatoichi" den er in sage und schreibe 26 Filmen verkörperte, längst eine Legende des japanischen Kinos- spielt diesen Ronin "Okada Izo" voller Hingabe, Können und Intensität.
Diese brüchige Männlichkeit, kaschiert durch brutales Gebaren, sexuelle Ausschweifung und Alkohol, ein Mann der ein Produkt seiner Umwelt ist, die in Chaos und Gewalt versank, das spielt Katsu überzeugend stark.
Natürlich trägt Shintaro Katsu diesen Film maßgeblich, steht seine schicksalhafte Figur im Zentrum dieses Chanbara-Dramas, ein Streifen, der denn weniger ein Actioner als eher ein Melodram ist.
Dieser Mann und sein Weg, dieser verzweifelte Versuch aus den Wirren dieser Zeit, dem Niedergang seines Standes, zu entfliehen, Fuß zu fassen und sich in einem neuen Clan und Umfeld zu etablieren, mit allen Entwicklungen, vom unbeherrschten, dumm-naiven wie brutal-empathielosen Killer hin zum fast geläutert-in sich ruhenden und konsequenten Mann der sein Gewissen entdeckt, das ist starkes Chanbara-Kino ala Gosha. Es ist schwer zu umschreiben und zu analysieren, man muss den Film sehen, der jedem Chanbara-Fan nur ans Herz zu legen ist.

Für den Einfluss auf den Anti-Helden, auf seine Entwicklung und sein Schicksal einwirkend, aber auch für das Geschehen und die Wendungen im Film generell, sind die Figuren um diesen Mann herum maßgeblich.
Und hier sind mit Yujiro Ishihara, Yukio Mishima und vor allem Genre-Grande Tatsuya Nakadai exzellente Darsteller mit von der Partie.
Mishima, fast eine Art Sidekick so scheint es, doch steht er für sich, ist Meuchelmord-Kollege von Katsu, aber vor allem auch der personifizierte ´Wendepunkt´ für die Hauptfigur, als diese ihn in den Abgrund durch den Verrat des Villain reißen soll. Das ist seitens des Scripts und der Regie überaus raffiniert konzipiert.

Yujiro Ishihara hat eine Schlüssel-Rolle hier: Als eine Art "Gewissen" der Killer-Garde des Clans höhlt er diesen von innen aus. Letztlich Verrat. Er weissagt das Ende des Shogunats, sagt die Zeitenwende voraus, und sieht das Ende des Stände-Wesens und die Gleichstellung von Adelsherren und Kriegerkaste mit dem ´gemeinen´ Volk, Männern wie Frauen gleichermaßen.
So hat denn Ishihara hier eine ganz besondere Rolle, die er in ruhig-unaufgeregter Art wie ich finde gekonnt verkörpert.

Und der Villain erst, Genre-Ikone und Chanbara-Legende Tatsuya Nakadai, als brutal-kalter Anführer der Killer-Garde seines Clans. Und er schreckt auch vor Verrat und Intrige nicht zurück. Nakadai spielt das mit all seiner Routine, er, der in zahlreichen Chanbara-Schlachten auf der Leinwand gestählt war.

"Tenchu!" (aka "Hitokiri") ist weniger ein Actioner, aber wenn die Fights kommen, wird es blutig, roh und knallhart.
Da klirren weniger die Katanas, als das schnell-zackig das Ziel getroffen und ´gründlich´getötet wird. Oder es geht fast quälend langsam zu, als das Opfer beim "Beispiel-Mord" für "Okada" nach zähem Kampf im Regen überaus qualvoll zu Tode gemeuchelt wird.
Interessant ist, dass Gosha seinen Chanbara nicht mit einem Endfight beschließt: (Ich darf es vorwegnehmen) Nicht ein zu erwartendes Duell Katsu vs. Nakadai, Gosha findet einen anderen, düsteren, doch auch plausiblen, ja genialen Abschluss seines Films, der diesen Chanbara gelungen ins Ziel bringt.

Solche Filme sind schwer zu beschreiben, schwer zu analysieren.
Aber ich denke, das Wesentliche und die Dinge -wie die Flagge Japans- auf den Punkt bringend, wurde umschrieben.
Jeder Chanbara-Fan, und dieser Streifen gehört eigentlich zum Pflichtprogramm für jeden Anhänger des Genres, sollte sich sein eigenes Bild von "Tenchu!" machen, es lohnt sich.

9/10.

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