Review

Drei unterschiedliche Handlungsstränge rund um Drogen hat Steven Soderbergh für sein zweieinhalbstündiges Werk Traffic – Macht des Kartells entworfen. Alle drei haben miteinander zu tun, laufen jedoch zunächst parallel zueinander, bevor sie sich dann im letzten Filmdrittel ineinander verzahnen. Da hätten wir zunächst zwei mexikanische Beamte (unter ihnen Benicio Del Toro als Javier Rodríguez), die vom korrupten General Salazar benutzt werden, der das Obregón-Kartell zerschlagen will und sich dabei äußerst zweifelhafter Methoden bedient; dann die beiden Drogenfahnder Castro und Gordon aus San Diego, die den Dealer Eduardo (Miguel Ferrer) erwischen und ihn mittels Kronzeugenregelung zum Auspacken gegen seinen Boss Carlos Ayala bewegen wollen, der ebenfalls zum Obregón-Kartell gehört, und schließlich Robert Wakefield (Michael Douglas), der gerade zum DEA-Stabschef ernannt wurde und dabei feststellen muß, daß er in Form seiner minderjährigen Tochter selbst ein riesiges Drogen-Problem hat...

Ein spannendes Thema, ein profilierter Regisseur, eine ganze Riege (teils auch schon damals) hochkarätiger Schauspieler, dutzende Nominierungen (und schlußendlich u.a. auch 4 Oscars) sollten eigentlich für ein ungetrübtes Filmvergnügen stehen, aber leider ist dem nicht so. Und das liegt an zwei Dingen: Zum einen an der recht konventionellen Erzählung der Begebenheiten an sich, die nahezu keine überraschende Wende enthalten, zum anderen an der optischen Präsentation der drei Handlungsebenen: während sich die Szenen mit den Drogenfahndern "normal" abgefilmt präsentieren, liegt über Michael Douglas´ Familientragödie ein kühler Blaufilter, wohingegen die in Mexiko spielenden Sequenzen relativ grobkörnig und mit grellem Gelbfilter daherkommen. Für die normalen Sehgewohnheiten ist dieser permanente Wechsel also durchaus eine Herausforderung, dazu kommt daß die in Mexiko spielenden Szenen fast sämtlichst in nicht-synchronisiertem Spanisch (mit fixen Untertiteln) durchlaufen, was erhöhte Aufmerksamkeit erfordert um nur ja kein Wort zu verpassen, wieso beispielsweise der mexikanische General einen schmächtigen Auftragskiller foltern läßt - all dies zusammengenommen ist kein Vergnügen sondern eher anstrengend.

Inhaltlich bietet die Story aus dem Jahr 2000 leider auch nicht allzuviel Neues, zumindest nichts, was man aus ähnlich gelagerten Filmen nicht schon kennen würde: Der geschnappte Dealer (solide: Miguel Ferrer), der um sein Leben fürchten muß, weil er auspacken will, die Ehefrau (Catherine Zeta-Jones, genauso schön wie emotionslos und daher fad) des inhaftierten Unterboss, die in einem Luxus-Anwesen lebt und tatsächlich nicht zu wissen scheint, womit ihr Mann seine Brötchen verdient hat (wenig reflektiert hier ihr plötzlicher Entschluß, dessen Geschäfte weiterzuführen) sowie die an eine Daily Soap erinnernde Familiensituation des gestressten Richters Wakefield, wo ein langweilig auftretender Michael Douglas die Drogensucht seiner Tochter entdeckt. Etwas klischeehaft die brutale Vorgangsweise der Mexikaner, die ausschließlich schwarzen Drogendealer in den Staaten und das vollkommen unspektakuläre Ende des Films: Papa Wakefield kann seine Tochter gerade noch retten und nimmt an ihrer Therapiestunde teil. Gähn...

Der Plot hätte einige Härte- und Action-einlagen beinhaltet, aber hier blendet die Kamera meist gnädig weg - von der Folterung des schmierigen Auftragskillers gibt es nur kurze harmlose Szenen, und das Thema der Ränkespiele unter Drogenbossen, Unterbossen und Capos sowie deren Ehefrauen kennt man deutlich besser dargestellt aus der etwa zeitgleich gestarteten Serie Sopranos - immerhin darf sich Dennis Quaid als bisherige rechte Hand und nun erhoffter Ayala-Nachfolger Arnie Metzger an Catherine Zeta-Jones heranmachen und des Richters Tochter Caroline prostituiert sich für den nächsten Schuss bei einem schwarzen Drogendealer; die geplante Ermordung des Zeugen mittels einer Autobombe dagegen passiert dann ohne Ton und in Zeitlupe, sie kostet einen Drogenfahnder das Leben, mit Luis Guzmán als Ray Castro übrigens ein Abziehbild von einem Beamten, dessen möchtegern-lustige Sprüche ("Hey, ich möchte einen Witz erzählen...") einem schon nach kürzester Zeit auf die Nerven gehen. Darüber hinaus ist der Titel "Macht des Kartells" etwas irreführend - schließlich ist das Kartell nur an wenigen Stellen wirklich mächtig, z.B. als ein Kartell-Scharfschütze den Auftragskiller erledigt, gerade als dieser den Zeugen erschiessen will - "(Die) Macht der Drogen" wäre, besonders in Hinblick auf das seichte Ende, eine zutreffendere Bezeichnung gewesen.

Soderbergh hat zwar nicht viel "falsch" gemacht, dennoch ist dieser Film schlicht zu kopflastig und durch den erwähnten Einsatz der Farbfiltern/Untertitel anstrengend zu konsumieren. Benicio Del Toro, wegen dessen ansprechender Performance in den Sicario-Franchises (2015, 2018) ich diesen Film sehen wollte (er bekam für seine Rolle hier als Javier Rodríguez immerhin einen Oscar als bester Nebendarsteller) ist freilich nur ein Schatten dessen, was er in den genannten Drogen-Thrillern darstellt. Somit bleibt Traffic ein Film, den man sich garantiert kein zweites Mal anschaut. 3 Punkte.

Details
Ähnliche Filme