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Ich muss leider gestehen, dass mir “Fist of Fury” kaum mehr im Gedächtnis ist, weshalb Parallelen zum vier Jahre älteren Vorgänger zwangsläufig wegfallen müssen. So sehr wie nirgendwo anders wird in “Meister aller Klassen 3" allerdings Lo Weis Anspruch deutlich, Jackie Chan zu Bruce Lees Nachfolger aufzubauen. Ebenso ist nicht zu übersehen, dass die Formel nie wirklich aufgegangen ist. Man kann keinen Schauspieler mit eigenen Vorstellungen dazu zwingen, in die Fußstapfen seines Vorgängers zu treten. Jackie Chan beweist das mit einer Vorstellung, die einfach nicht zu ihm passt. Sein Erbe der “Fist of Fury”-Reihe ist voller Inkohärenz, gefangen zwischen Komödie und dem Ernst einer gesonnenhaft erzählten Rachegeschichte von landeshistorischen Dimensionen.

Lo Wei ist ausgesprochen darum bemüht, die eigentlich überaus simple Story mit sehr viel Weitsicht zu erzählen. Er steuert unbeirrt und konsequent auf die nicht zu verhindernde endgültige Auseinandersetzung zwischen dem japanischen Besatzer und den chinesischen Rebellen zu. Der klassische Fehler, zu lange bei einer verhältnismäßig unwichtigen Szenerie zu verweilen, unterläuft ihm zu keiner Zeit, statt dessen wirkt jede Szene in Anordnung, Inhalt und Laufdauer verhältnismäßig gut durchdacht. Ein sehr düsterer Prolog leitet richtungsweisend in die Haupthandlung ein, wo fortan typische Muster wie der Aufstieg eines forschen jungen Kerls vom Angeber zum Kung Fu-Meister sinnvoll in den Plot integriert werden. Eigentlich sind die Motive allesamt sehr konventionell, ein Sachverhalt, der jedoch durch Lo Weis ruhige Hand wirksam in den Schatten gestellt wird.

Die andere Seite der Medaille ist der Umstand, dass es schlichtweg an Action mangelt. Ein echtes Dilemma, da man einfach sagen muss, dass zu viele Martial Arts-Sequenzen vor dem Finalkampf immer wieder den Erzählfluss gestoppt hätten, umgekehrt aber gerade diese Sequenzen nun mal besonders von Interesse sind. Wer viele Kämpfe erwartet, wird unter Garantie enttäuscht werden, was sicherlich auch die verhaltene filmhistorische Aufnahme erklärt. Dass dahinter noch eine ansprechende Regieleistung steckt, geht bei oberflächlicher Betrachtung schnell unter, zumal auch dieser Aspekt nicht überbewertet werden sollte, da Lo Wei letztendlich doch nur mit den üblichen Zutaten operiert.

Figuren wie der Großvater der Rebellin, Jackies kauziger Begleiter oder auf der anderen Seite die eindimensional gezeichneten Japaner hätten darüber hinaus allen Anlass dazu gegeben, zwischendurch mal ein wenig die Funken sprühen zu lassen. Man hätte die menschlichen Konflikte weiter ausbauen und mit Kanten versehen sollen, anstatt sie, wie geschehen, mehr oder weniger ohne Effekte verpuffen zu lassen. Die Möglichkeiten zur Betonung werden zu selten genutzt. Zwar bekommt der junge Jackie öfter mal ein paar auf sein loses Mundwerk, dies aber meist im komödiantischen Rahmen. Wünschenswerter wäre es gewesen, die düstere Linie auch im Detail beizubehalten, die im Ganzen (und nicht zuletzt durch den deprimierenden Ausgang) verfolgt wird. Den Einfluss Jackie Chans auf die Comedy kann ich nur erahnen, zu erkennen ist aber ein seltsam unzusammenpassender Bastard aus Bruce Lee und Jackie Chan, stets wechselnd zwischen einem lockeren Spruch und dem nötigen Ernst der Situation.

Endlich dann beim Höhepunkt in Form des einzigen großen Kampfevents am Ende angekommen, wird man doch noch dafür entschädigt, dass man so lange Zeit auf dem Zahnfleisch hat kriechen müssen. Die Bruce Lee-Wiederauferstehung geht weiter - zum einen durch vereinzelt eingestreute Frames mit seinem Antlitz in Reminiszenz an das Original, zum anderen durch Jackies Kampfstil. Die Fights sind recht hart und gut choreografiert, strukturell aber wieder im altbekannten Ablauf: Erst ein paar Sparringspartner als Aufwärmphase, dann die Tochter des japanischen Oberbefehlshabers, die zuvor schon mit ihrer Beintechnik beeindrucken durfte, und dann der Befehlshaber selbst als Krönung, von dem man bis dahin nur Befehle und amüsiertes Gelächter hören konnte.

Zieht man Kappes von der Sorte “Meister aller Klassen 2" zum Vergleich heran, ging Lo Wei mit “Meister aller Klassen 3" (ein inhaltlicher Zusammenhang besteht nicht, den glaubte lediglich der deutsche Verleih zu erkennen) eigentlich schon genau den richtigen Weg als Regisseur. Zumindest dramaturgisch sind ihm keine Fehler vorzuwerfen, obgleich es schön gewesen wäre, hätte er die sich ihm gebotenen Möglichkeiten dazu genutzt, die Materie etwas zu vertiefen. Insgesamt ein erzählerisch nicht zu unterschätzendes, dennoch wenig tiefgehendes Sequel eines Bruce Lee-Klassikers, der auch durch den Hauptdarsteller in Sachen Grundstimmung zu unentschlossen wirkt. Jackie Chan war deutlich erkennbar von Beginn an der falsche Mann für den Job, doch diese Lehre musste Lo Wei dann 1978 selbst durch die Produktionsfirma Seasonal ziehen, die dem neuen Zögling des ehemaligen Bruce Lee-Regisseurs mit “Die Schlange im Schatten des Adlers” und “Sie nannten ihn Knochenbrecher” alle Freiheiten bot, in eine komplett andere Richtung hinein zu arbeiten.

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