Es gibt sie noch, die kleinen einfachen Filme aus Hollywood. Es sind Filme wie der Tante-Emma-Laden von nebenan. Die Auslage ist nicht besonders verlockend, das angebotene Sortiment hält sich in Grenzen, aber dafür bekommt man auch keine Mogelpackung und wird dazu noch freundlich behandelt. Doch stellt das auch die Ansprüche zufrieden ?
Von einer Clooney-Soderbergh Produktion läßt sich einiges erwarten und auch wenn die Schauspieler nicht zur ersten Garde Hollywoods gehören, so weiß man doch, daß John C.Reilly und Maggie Gyllenhaal exzellente Darsteller sind. "Criminal" verzichtet auf jegliche teure Ausstattung oder sonstige Mätzchen, sondern erzählt einfach eine Geschichte über kleinkriminelle Trickbetrüger, die ein größeres Ding durchziehen wollen - ein Film wie die Lightversion von Clooney's "Oceans 11".
Nur wird hier wesentlich stärker auf die Charakterisierung der Hauptperson geachtet, die ständig John C.Reilly als Richard Gaddis im Mittelpunkt zeigt. Der Film beginnt damit, daß er dem mexikanischen Trickbetrüger Rodrigo (Diego Luna) aus der Klemme hilft, um ihn dann gleich als Gehilfen für seine eigenen Betrügereien anzuwerben. Trotz dessen offensichtlichen Talents hält es Gaddis für nötig, Rodrigo in gewisse Mechanismen einzuweihen und anzulernen. Dabei läßt sich "Criminal" viel Zeit für seine beiden Protagonisten, die ungleicher kaum sein könnten.
Reilly ist ideal besetzt mit seinem Knautschgesicht und seiner starken Präsenz. Er gibt den Gaddis als ziemlich eingebildeten, leicht überheblichen Möchtegern-Ganoven, der ständig mit dem Handy telefoniert, weise Ratschläge gibt ,moralische Grundsätze jederzeit über Bord schmeißt und seinen eigenen Anspruch auf ein Luxusleben betont. Dabei wird dem Betrachter schnell klar, daß Gaddis keineswegs so gut ist wie er selbst glaubt und auch die Beziehung zu seiner Schwester Valerie (Maggie Gyllenhaal) verdeutlicht, daß sein Privatleben bestenfalls unausgegoren ist. Reilly ist es zu verdanken, daß dieser Charakter sympathisch bleibt, denn er wirkt gutmütig und authentisch und - so merkwürdig es klingt - ehrlich ,trotz aller Tricks und Täuschungsmanöver auch gegenüber engsten Freunden.
Diego Luna als sein neuer Partner bleibt dagegen blaß. Auch wenn er kleinere kriminelle Energien zeigt, so stellt er sich doch als einen zutiefst moralischen Menschen dar, der das gestohlene Geld nur für die Rettung seines Vaters braucht. Sein Charakter bleibt im Gegensatz zu Gaddis oberflächlich. Immer wirkt er sehr freundlich, fast leise in seinem Auftreten und gibt kaum Einblicke in sein Gefühlsleben.
Als Gaddis plötzlich einen super "Deal" angeboten bekommt, macht er mit ihm gemeinsame Sache. Aber der Trickbetrug läuft immer mehr aus dem Ruder, so daß ständig neue Personen an dem Deal beteiligt sind, bis Gaddis scheinbar die Übersicht verliert und man nicht mehr weiß, wer nun wen reinlegt. Die gesamte Story ist ruhig erzählt und wird auch zunehmend spannender, obwohl dem erfahrenen Seher von Filmen solcher Thematik, klar ist, daß hier wie immer doppelbödig gearbeitet wird und vor allem der Zuschauer hinters Licht geführt werden soll.
Und hier liegt auch die Stärke des Films, die gleichzeitig seine größte Schwäche ist. Die Auflösung ist tatsächlich überraschend und kaum im Voraus zu erkennen, aber sie befriedigt nicht. Sinn eines originellen Plots ist, die zuvor aufgebauten Bindungen und Spannungsmomente, die ja nur aus der Sympathie zu bestimmten Personen entspringen mit denen man mitfiebert, im Nachhinein so aufzulösen, daß sich daraus ein angenehmes Gefühl entwickelt. Zumindest bei einer Komödie, als die der leicht inszenierte Film offensichtlich daher kommt. Doch das Ende hat etwas von einem moralischen Zeigefinger, einer merkwürdigen Wiederherstellung von Recht und Ordnung, die nicht zum vorherigen Geschehen paßt.
Fazit : Klein und einfach bedeutet nicht automatisch gut. Der etwa 80 minütige Film hat aber durchaus seine Qualitäten. Etwa das pronouncierte Spiel von John C.Reilly, den ich immer gerne sehe. Auch bietet die Story, gerade weil sie nicht so groß hinaus will, interessante Einblicke in die alltäglichen Trickbetrügereien und die Betonung auf die Charakterzeichnung der Protagonisten zugunsten von Action oder Brutalitäten läßt den Film weniger oberflächlich wirken als ähnlich konzipierte Filme.
Es ist nicht erstaunlich, daß der Film nicht in die Kinos kam, aber auf DVD macht man damit für einen ruhigen Abend nichts verkehrt. Nur das überraschende Ende wirkt aus meiner Sicht zwar logisch, aber moralisch unpassend und wenig befriedigend (6/10).