“Rocky hinter Gittern”
Frank Leone (Sylvester Stallone) hat nur noch 6 Monate abzusitzen. Er ist ein Mustergefangener - beliebt bei Wärtern und Insassen -, seine Zelle mutet fast schon gemütlich an und draußen wartet eine ihn liebende Freundin. Knastidylle pur. Plötzlich bricht das Grauen über Leones “heile Gefängniswelt” herein in Form einer Zwangsverlegung in ein berüchtigtes Hochsicherheitsgefängnis. Leone glaubt zunächst an einen Justizirrtum, bis er seinem neuen Gefängnisdirektor gegenüber steht. Der sadistische Drumgool (Donald Sutherland) hat noch eine Rechnung mit Frank zu begleichen.
In der Folgezeit versucht Drumgoole mit allen Mitteln körperlicher sowie seelischer Grausamkeit Frank zu provozieren. Dieser soll ausrasten und damit in eine langjährige Haftstrafe - natürlich unter der “Betreuung” Drumgools - getrieben werden.
Der Knastthriller Lock up zeigt Sylvester Stallone in einer Paraderolle. Wie in Rocky (1976), Cliffhanger (1990) und teilweise auch in Rambo (1982) gibt er den äußerlich harten, aber im tiefsten Inneren liebenswerten, gutmütigen und integren Underdog, dem das Leben durch Schicksalsschläge übel mitgespielt hat. Trotz (oder gerade wegen) der widrigen Umstände hat er sich aber seine Kämpfernatur bewahrt und schlägt im entscheiden Augenblick (erfolgreich) zurück.
Man darf bei diesem Film allerdings kein ambitioniertes Gefängnisdrama mit vielschichtigen Charakterzeichnungen oder gar kritischen Untertönen bezüglich des US-amerikanischen Strafvollzugs bzw. Rechtssystems erwarten. Meisterwerke wie Dead Man Walkung (1995), The Green Mile (1999) oder Der Gefangene von Alcatraz (1962) sowie der bis heute beste Beitrag zum Themenkomplex - Die Verurteilten (1994) - übertreffen Lock up an Intensität, Atmosphäre und gesellschaftskritischer Aussage um Längen. Das soll allerdings keine Kritik sein. Lock up ist im besten Sinne altmodisches, geradliniges Actionkino der 1980er Jahre. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Natürlich sind die Figuren klischeehaft gezeichnet, angefangen bei Held und Schurke (aufrechter, charakterfester Gefangener vs. bösartiger, charakterloser Gefängnisdirektor) über das Gefängnispersonal (natürlich gibt es sowohl den sadistischen Aufseher wie auch seinen gutmütigen Gegenpart) bis zu den Insassen (es gibt den brutalen Schläger, den spleenigen Kauz, den weisen und bärenstarken Schwarzen, das junge “Opferlamm” sowie den Sprüche klopfenden Komiker). Auch die Beschreibung des Gefängnisalltags folgt den bekannten, genretypischen Mustern. So bietet der Film u.a. von den Wärtern geduldete Raufereien, brutale Revierkämpfe um Hierarchien unter den Gefangenen sowie die obligatorische Einzelhaft in der Dunkelzelle.
Die Klischee beladenen Rollen sind allerdings optimal besetzt. Oscarpreisträger Donald Sutherland gibt eine gewohnt souveräne Vorstellung als diabolischer Gefängnisdirektor. Gerade durch seine sehr zurückhaltende Darstellung - er begeht hier nicht den Fehler des “Over acting” wie häufig Al Pacino in vergleichbaren Rollen - wirkt sein Drumgool äußerst bedrohlich und gefährlich. Bis zum Ende zittert man mit dem Protagonisten, was ausschließlich Sutherlands famoser Darstellung zu verdanken ist. Auch Stallone spielt seinen Part überzeugend und ist - im Gegensatz zu seinen mimisch extrem limitierten Actionkollegen Schwarzenegger, Van Damme und Seagal - durchaus in der Lage, Frank Leone als mehrdimensionalen Charakter darzustellen.
Bei den Nebenrollen bleiben v.a. Sonny Landham als fieser Schläger, Tom Sizemore als schmieriges Plappermaul sowie John Amos als undurchsichtiger Oberaufseher Meissner im Gedächtnis. Ein Jahr später sollte Amos übrigens fast den gleichen Charakter (Major Grant in Stirb Langsam 2) neben einer anderen Actionikone spielen - nur unter umgekehrten Vorzeichen.
Der Film besitzt durchaus Tempo, ist allerdings mehr Thriller als Actionepos. Die Atmosphäre ist düster und beklemmend, was nicht zuletzt dem authentischen Drehort geschuldet ist. Lock up wurde zu großen Teilen in einem echten Gefängnis - dem East Jersey State Prison -, mit echten Gefangenen als Statisten gedreht. In bester Stallone-Tradition kämpft sich der Held durch widrige Umstände und scheinbar aussichtslose Situationen und muss dabei einiges - vor allem auch körperlich - einstecken. Lock up bietet drüber hinaus ein paar knackige One-Liner und mit dem recht brutalen Footballspiel der Gefängnisinsassen einen veritablen Actionhöhepunkt. Kurz: Der Film macht Spass und erfüllt sämtliche Erwartungen des Genreliebhabers.
Fazit:
Lock up ist ein typischer Stallone-Film der 1980er Jahre. Ohne allzu viel Tiefgang und ohne nervige Zeitlupen- und CGI-Exzesse heutiger Genrevertreter kann man sich an guter, handgemachter - im besten Sinne altmodischer - Action-Thriller-Kost erfreuen. Stallone spielt überzeugend den sympathischen Underdog und hat mit Donald Sutherland einen herausragenden Gegenspieler. Die Gefängnisatmosphäre wirkt aufgrund des authentischen Drehorts düster und realistisch. Kurz: Regisseur John Flynn hat einen schnörkellosen Knastthriller abgeliefert, der auch heute noch bestens zu unterhalten weis.
(8/ 10 Punkten)