Begann die Erstverfilmung an den Punkt, wo Frank Castle bereits seit einiger Zeit der „Punisher“ war, so erzählt die Neuversion quasi die Vorgeschichte dazu.
Ex-Soldat und FBI-Undercoveragent Frank Castle (Thomas Jane) hat genug davon im Außendienst zu arbeiten und ständig mit seiner Familie umziehen zu müssen. Er will stattdessen lieber einen wichtigen Bürojob in London beim FBI antreten. Vorher aber übernimmt er einen letzten Einsatz, bei dem er seinen Tod vortäuscht, bei dem aber auch unter anderem Robert 'Bobby' Saint (James Carpinello) ums Leben kommt. Damit beginnt der Film recht atmosphärisch, aber man hätte den Anfang deutlich actionreicher gestalten können.
Unglücklicherweise handelt es sich bei dem Toten um den Sohn des Gangsterbosses Howard Saint (John Travolta), der genau wie seine geliebte Frau Livia (Laura Harring) am Boden zerstört ist. Howard lässt die Hintergründe untersuchen, wobei er keinen Mühen (und auch keine Leichen) scheut und befiehlt Frank töten zu lassen – doch Livia als wütende Mutter fordert den Tod von Castles kompletter Sippe. Mit seinen Fieslingen zeigt die 2004er Verfilmung von „The Punisher“ schon mehr Profil als das Lundgren-Werk, auch wenn es hier nur eine statt zwei Gangsterorganisationen zu bekämpfen gilt.
Saints Befehl wird ausgeführt und eine Familienfeierlichkeit der Castles verwandelt sich in ein Massaker. Frank jedoch, der mitansehen muss wie alle seine Lieben vor seinen Augen sterben, überlebt, wird aber für tot gehalten. Unbemerkt bereitet er sich auf einen Rachefeldzug vor, den er auch nach Genesung und Vorbereitung direkt antritt...
War „The Punisher“ von 89 ein Actionoverkill mit Behelfsstory, so haben sich Stärken und Schwächen 2004 ins Gegenteil verkehrt. Die Story ist auf jeden Fall besser und ist mehr als die Verbindung der Actionszenen. So kommt der Rachefeldzug hier auf ein etwas höheres Maß an Spannung als die Erstverfilmung, auch wenn die Wendungen nur teilweise überraschen. Das Tempo ist recht hoch und es gibt keine Längen; nur vor dem Finale hat „The Punisher“ einen kleinen Hänger.
Das Sammelsurium der Fieslinge ist relativ vielfältig, wobei vor allem zwei engagierte Auftragskiller Abwechslung in die Mafiareihen bringen. Außerdem stimmt sowohl die Psychologisierung der Fieslinge als auch die von Frank Castle. So gewinnen die Figuren gegenüber der Erstverfilmung an Profil und Tiefe. Etwas fragwürdig ist die Aktion Castles sich kurz zu zeigen, nur um das Versagen des Rechtssystems zu zeigen, da er von da immer wieder auf Saints Schergen trifft (in der Erstverfilmung wurde nur gemutmaßt, dass es sich Castle um den Punisher handele). Erfreulich hingegen die Tatsache, dass Castle den Anschlag ähnlich wie z.B. Steven Seagal in „Hard to Kill“ schwerverletzt überlebt und die Kugel nicht wie in Klischeefilmen durch irgendwelche sentimentalen Erinnerungsgegenstände aufgehalten wird.
Allerdings ist „The Punisher“ von 2004 etwas zu weich geraten (im Vergleich zur Erstverfilmung und erst recht zu den Comics). So ist es zwar storytechnisch etwas abwechslungsreicher, dass nicht nur bestraft wird, sondern der Punisher auch mit Sabotage arbeitet. Aber oft wird doch zu liberal gearbeitet (Leibwächter nur beim Duell erledigt usw.), was leider die Kompromisslosigkeit und Härte der eigentlichen Idee verfälscht. Immerhin ist der Film nicht komplett weichgespült: So entscheidet sich Frank für das Leben als Punisher und nicht für einen Neuanfang, wie es im seine Nachbarin Joan (Rebecca Romjin-Stamos) offeriert und auch die Emotionslosigkeit des von Hass zerfressenen Castle ist wie in der Erstverfilmung zu spüren.
Der Look sieht deutlicher edler aus als in der Erstverfilmung, obwohl auch der neue „The Punisher“ mit einem für Hollywood-Verhältnisse schmalen Budget gedreht wurde. Ebenfalls mehr Hollywood ist das Einbringen von Humor, der vor allem durch die Nachbarn Spacker Dave (Ben Foster) und Bumpo (John Pinette), rüberkommt; aber auch einige zynische Situationen und Racheakte des Punisher sorgen für schwarzen Humor. Dies passt meist auch in den Film, nur nach dem humorvollen Fight gegen den Russen wechselt Jonathan Hensleigh zu schnell zu einer derben und sehr ernsten Folterszene, weshalb der Witz an dieser einen Stelle nicht passt.
Eine große Schwäche hat die neue Version von „The Punisher“ allerdings und hierbei handelt es sich leider Gottes um die Action. Denn davon gibt es sträflich wenig: Die sehr kurze Ballerei am Anfang, der Überfall auf die Castles, die beiden Szenen mit den Auftragskillern (Harry Heck und der Russe) sowie der Showdown – das war es bereits und einige dieser Szenen sind relativ kurz. Vor allem der Showdown ist erschreckend schnell vorüber. Dafür ist die Action wunderbar handgemacht und bietet einige Härten in dem bunten Gemisch aus Fights, Shoot-Outs und Verfolgungsjagden. Nur einmal wird CGI verwendet und zwar bei dem brennenden Punisher-Logo; das sieht aber im Gegensatz zu den vergleichbaren Szenen aus „The Crow“ und „Daredevil“ leider scheiße aus.
Thomas Jane erweist sich als hervorragende Besetzung der Titelrolle und holt vor allem schauspielerisch das raus, das Lundgren ihm durch seine hünehafte Größe voraushatte (dennoch sind beide äußerst charismatische Verkörperung des Punisher). Damit erweist er sich als potentieller neuer Actionstar (ein „Punisher“-Sequel mit mehr Action wäre definitiv erstrebenswert). Die Fieslinge sind allesamt ebenfalls sehr gut, wobei vor allem Will Patton überraschend groß aufspielt. Rebecca Romjin-Stamos, Ben Foster und John Pinette machen als moralische Instanz ihre Sache ganz gut und auch die Nebendarsteller spielen ziemlich überzeugend.
Die Story ist besser als bei der Erstverfilmung und die Charaktere kommen besser zur Geltung – aufgrund der geringen Actionmenge unterliegt die Neuauflage jedoch. Es reicht zu 6,5 Sternen meinerseits, was alles andere als schlecht ist, in diesem Falle aber klar hinter den Möglichkeiten und meinen Erwartungen.