Obwohl um Dario Argentos „Vier Fliegen auf grauem Samt“ ein Heidentheater gemacht wird, weil der Film außer als Bootleg auf deutsch schlicht und ergreifend immer noch nicht zu haben ist, fällt das Urteil ziemlich ernüchternd aus. Im Wesentlichen ist es Argentos schwächster seiner frühen Filme, der sogar die relativ unausgegorene „neunschwänzige Katze“ noch leicht unterbietet.
Dabei verspricht der Plot grundsätzlich eine Verbesserung gegenüber dem Vorgänger: ein Musiker bringt halb versehentlich einen Verfolger um und wird künftig von einem anderen Unbekannten verfolgt und mit mysteriösen Hinweisen (plus toter Katze) malträtiert. Dabei ist der Vorfall schiere Konstruktion, das Mordopfer gar nicht tot, sondern von einem richtigen Killer engagiert.
Was relativ beklemmend klingt, erscheint als kompletter Film wie eine enttäuschende Resourcenverschwendung. Geradezu beiläufig und wenig zwingend wird das alles erzählt, zugedeckt von einer widerwärtig aufdringlichen 60‘s-Beat-Mischung, zu der Michael Brandon als Schlagzeuger Roberto auch noch ausgiebig beisteuert.
Brandon als hölzern zu bezeichnen, hieße ihm zuviel Ehre zuteil werden zu lassen, denn dermaßen mimisch unterklassig agierte nicht mal David Hemmings in „Profondo Rosso“ am restlichen Film vorbei.
Auch Mimsy Farmer als strohblonde Gattin kann dem wenig beisteuern, ziemlich eckig ihre Performance als spröde- widerwillige Teilnehmerin an den vielen Freundestreffen in der Heimstatt.
Und als würde sich das alles nicht schon steif genug entwickeln, ist auch sonst alles unter Durchschnitt.
An Argentos sonst so berühmten Kamerafahrten gibt es relativ wenig Tolles zu bestaunen, immer wieder gibt es endlose Sequenzen in der stockdunklen Wohnung, die wenig Atmosphäre aufkommen lassen. Der berühmte, über den Film vergessene, wichtige Hinweis zur Lösung ist dieses Mal ein Traum, der weder großen Bezug zum Fall hat, noch am Ende wirklich erhellend eingesetzt werden kann.
Dazu hat Roberto kaum nachvollziehbare Beziehungen zur Schwester seiner Frau (die Sexszene hätte man sich sparen können, sollte wohl den „swingin‘ style“ symbolisieren) und als Freund pflegt er Kontakt zu einem querphilosophischen Einsiedler namens „God“ aka Godfrey, der geradezu irritierend von Bud Spencer dargestellt wird, welcher sich der Aufgabe aber mit humoriger Würde zu entziehen vermag.
Weiterhin verkommt der Humor zur Lachnummer, wenn etwa Roberto sich im Clinch mit dem Postboten befindet, der ständig wegen falsch ausgelieferter Sexmagazine auf die Mütze bekommt, Godfrey ihm einen schnorrenden Philosophenkumpel an die Hacken klebt oder sich der von ihm zögerlich gewählte Privatdetektiv als alberne Modelltunte entpuppt.
Auch der Gore feiert nicht gerade Urständ, am atmosphärischsten ist noch der Mord an der Haushälterin im Park bei Nacht, der allerdings im Off passiert, aber wenigstens beklemmend umgesetzt wurde. Die übrigen Opfer kommen weder besonders einfallsreich ums Leben, noch kommt die Geschichte voran, so daß Roberto praktisch bis zur Präsentation des Mörders am Schluß nicht weiß, was eigentlich vorgeht, der Zuschauer aber undankbarerweise schon seit der Filmmitte so gut wie alles. Notgedrungen wird die Motivation (leider keinesfalls irgendwie interessant oder ausreichend) eben zum Schluß noch mal in die Kamera gegeifert, wieso der ganze Plan aber so kompliziert aufgezogen wurde, bleibt im Dunkeln.
Allenfalls der Tod des Mörders ist technisch noch interessant in Szene gesetzt, doch das kann den Film auch nicht retten.
In Erinnerung (außer der Parksequenz) bleiben maximal die Trauminszenierung und die eine oder andere Szene der Verlassenheit, kurz bevor der Mörder wieder zuschlägt, wirklich beklemmend ist das aber alles nicht.
Zum Glück verfeinerte Argento später seine Kunst zur Meisterschaft, auch wenn die Giallofans darauf vier Jahre warten mußten. (4/10)