Die Kritik beruht auf der Limited Uncut Edition von XT-Video in der großen Hartbox!
"Ein Zombie hing am Glockenseil" zählt in Fankreisen zu einem der besten Werke im Schaffen des italienischen Regisseurs Lucio Fulci, der, wie in jedem seiner Filme, auch hier einen Kurzauftritt als amtlicher Leichenbeschauer absolvierte.
Nach "Woodoo - Schreckensinsel der Zombies" und ein Jahr vor "Die Geisterstadt der Zombies" aka "Über dem Jenseits" entstanden, zählt der Zombie, der am Glockenseil hing, zu Fulcis zweitem Film seines dreiteiligen Zombie-Zyklusses, der in den Jahren zwischen 1979 und 1981 entstand.
Mit diesem Schocker sollte er sich endgültig bei seinen Fans in aller Welt etablieren und nicht nur das: er avancierte angesichts der dargestellten Greueltaten zum Schrecken hiesiger Sittenwächter und Zensoren, die sein Werk eifrig beschnitten und gar beschlagnahmten.
Bei einigen damaligen VHS-Veröffentlichungen bezogen sich die Schnittauflagen nicht nur auf alle blutigen Splatterszenen, sondern auch teilweise auf Handlungs- und Dialogpassagen. Zwar liegen heutige DVD-Publikationen des Films komplett ungeschnitten vor (wie diese Fassung von XT), doch mussten die fehlenden Dialogszenen von untalentierten Synchronsprechern nachgesprochen werden, was teilweise nervt und dem ohnehin vorhandenen Trashfaktor zusätzlichen Auftrieb verleiht.
Davon einmal abgesehen ist Fulci natürlich nicht sein durchaus vorhandenes Talent als Regisseur abzusprechen und er beweist in vielen Szenen sein Gespür für Spannung und Atmosphäre. Allerdings sind seit Entstehung seiner größten Erfolge knapp 30 Jahre ins Land gezogen und im Gegensatz zu seinem Debut im Zombie-Genre ("Woodoo") sind die Nachfolgewerke zwar noch immer Kult, aber weniger zeitlos als Fulcis "Schreckensinsel der Zombies", der auch in der dritten, vierten Wiederholung nichts von seinem Charme verloren hat.
Die "Schreckensinsel der Zombies" bietet so viele Ideen, die in "Über dem Jenseits" und "Ein Zombie hing am Glockenseil" allenfalls variiert werden. Gab es in "Woodoo" noch eine einleuchtende, nachvollziehbare Handlung, die keinerlei Fragen offen ließ, so ist das Handlungsgerüst beim "Zombie am Glockenseil" schon so löchrig wie ein Schweizer Käse, wobei manche Szenenwechsel jeglicher Logik entbehren und die Dialoge (in der deutschen Ursprungsfassung noch von versierten Synchronsprechern gesprochen) einzig und allein Kopfschütteln erzeugen.
Auf die Spitze getriebene Brutalitäten (die hier nicht nur von den Zombies begangen werden, sondern auch von einem "Lebenden") dienen lediglich dazu, Ekel zu erzeugen und zu schockieren.
Wer zuvor bereits "Über dem Jenseits" gesehen hat wird ohne Schwierigkeiten erkennen, dass Komponist Fabio Frizzi teilweise ganze Kompositionen aus "Zombie am Glockenseil" für "Über dem Jenseits" wieder verwertet hat, ebenso wie sich vereinzelte Szenen ähneln, in denen beispielsweise Fensterscheiben von Geisterhand zerbersten und Scheiben zu Wurfgeschossen werden.
Auch die Stories von beiden Werken weisen grundlegende Parallelen auf (Bücher, die etwas Unheimliches prophezeien, Häuser bzw. eine Stadt die auf den sieben Toren des Schreckens bzw. auf der Hexenstadt Salem erbaut worden sind).
Vor allem Lucio Fulcis Markenzeichen - unzählige Close-Ups der Augenpartien seiner Darsteller zu zeigen um somit die Angst und die Panik in den Augen zu symbolisieren - wird hier arg auf die Spitze getrieben.
Ebenso negativ fält auf, dass manche Darsteller unnatürlich geschminkt sind, ohne dass es dafür eine Erklärung gibt (eine der Teilnehmerinnen einer Seance in New York, deren Gesichtsfarbe erschreckend grün ist).
Die Maskeneffekte dagegen sind - wie bei Fulcis Zombies typisch - superb und vor allem das Finale in der Gruft des toten Priesters weiss zusammen mit Frizzis Soundtrack wieder zu überzeugen.
Und doch kann ich nicht leugnen, dass für mich "Woodoo" eindeutig zu den besten Werken Fulcis gezählt werden darf.
Auch wenn "Zombie am Glockenseil" und "Über dem Jenseits" wegen ihrer mehr als phantastischen Stories wirken wie ein filmischer Alptraum aus Blut und Gewalt, ist "Woodoo" im direkten Vergleich ideenreicher, vor allem aber auch viel spannender.
Gedärmexzesse und ausgequetschte Gehirne, unheimliche Geräusche im Einklang mit einem ebenso unheimlichen Score, machen noch lange keinen guten Film aus, auch wenn die Nebelmaschine pausenlos im Einsatz ist und für eine bedrohliche Atmosphäre sorgt.
3 von 10 Glockenseile