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Das Regiedebüt „Sasori – Scorpion“ des Japaners Shun'ya Itô aus dem Jahre 1972 ist ein künstlerischer Exploitation-Film, der „Woman in Prison“- mit „Rape and Revenge“-Motiven vereint und der erfolgreiche Auftakt zu einer mehrteiligen Reihe war. Matsu (Meiko Kaji, die auch das Titellied singt) wird von ihrem Geliebten, dem korrupten Polizeibeamten Sugimi (Isao Natsuyagi), an die Mafia verraten. Vergewaltigt, gedemütigt und tief enttäuscht will sie Rache an Sugimi üben. Doch der Plan misslingt und bringt sie ins Frauenzuchthaus, wo die Misshandlungen und Demütigungen weitergehen…

„Sasori – Scorpion“ gehört keinesfalls zur Riege billiger, schmuddeliger WIP-Flicks, sondern schafft ein wahrlich bedrückendes Ambiente des der Willkür sadistischer Gefängniswärter und den Attacken soziopathischer, unsolidarischer Insassinnen hilflos Ausgeliefertseins, insbesondere nach einem gescheiterten Fluchtversuch Matsus. Tapfer erträgt sie ihre Situation und lässt alles Unrecht über sich ergehen, jedoch nicht, ohne sich Kraft ihrer Intelligenz und ihres Geschicks immer dann zu wehren, wenn es die Situation gerade auf irgendeine Weise erlaubt. Sie wird dadurch zu einem exotischen Fremdkörper in einer Welt von Parasiten, ihr Ziel – die Rache an ihren Peinigern – nie aus den Augen verlierend, unbeugsam, stolz und allen Widrigkeiten zum Trotz nicht kleinzukriegen. Ihre Rolle wird meisterlich von Meiko Kaji gespielt, die nicht nur eine bezaubernde Schönheit ist, sondern ein faszinierendes, subtiles Mienenspiel beherrscht und eine geheimnisvolle, abgründige und doch so aufrechte Aura entwickelt.

Das Gezeigte schürt Emotionen und Empathie mit Matsu, als ohnmächtiger Zuschauer leidet, hofft und hasst man mit ihr. Natürlich darf auch der Sleaze- bzw. Erotikanteil nicht fehlen, dementsprechend bekommt man auch hier reichlich nackte Damenhaut geboten, wobei der Film jedoch stets seinen sinnlichen Stil bewahrt. Diesen möchte ich insofern als künstlerisch bezeichnen, als die Kameraarbeit häufig originell ausfiel, mit artifiziellen Beleuchtungen und Farben gearbeitet wird und sich gar der eine oder andere surreale Effekt wiederfindet. „Sasori – Scorpion“ ist demnach nicht nur aufgrund der Zurschaustellung von Gewalt und Nacktheit ein bildgewaltiger Film, sondern verfolgt einen darüber hinausgehenden Anspruch. Der Revenge-Part, auf den die Handlung hinausläuft, ist nicht bloßes Alibi, sondern eine spürbare Katharsis als Befriedigung für den Zuschauer, die Matsu aus allen Geschlechter-Klischees löst und aus ihr ein emanzipiertes Wesen macht, das am Ende erhobenen Hauptes den Gang zurück in die kalten Betonmauern antreten lässt, gegen deren Schrecken es immunisiert erscheint.

An all diesen filmischen Vorzügen ändert auch das Overacting der Darsteller, insbesondere der Gefängniswärter, nichts, negativ fällt lediglich die schlechte Choreographie vieler Gewalt- und Kampfszenen auf, die ihre Protagonisten beispielsweise nur allzu offensichtlich danebenschlagen lässt und dadurch den sorgsam aufgebauten Realismus gefährdet. Dennoch ist „Sasori – Scorpion“ ein absolut empfehlenswerter, harter, intensiver Film, weitab europäischer, rein selbstzweckhafter Schmuddelproduktionen, der auf das richtige Publikum länger nachwirkt – mein Interesse an der Reihe und ähnlichen Fernost-Produktionen hat er jedenfalls geweckt.

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