Nach ihren Auftritten in der "Stray Cat Rock"-Filmserie verließ Meiko Kaji die Nikkatsu-Studios, die aufgrund von Finanzschwierigkeiten vermehrt Erotikfilme produzierte. So war "Sasori: Scorpion" der erste Film, den Meiko Kaji darauf mit den Toei-Studios drehte - und in dem sie gleich starken Einfluss auf die Gestaltung ihrer Rolle nahm, was sich hundertprozentig auszahlte. Zudem interpretierte sie das Titellied, dessen Text vom Regisseur Shunya Ito verfasst wurde.
Ito, der zunächst wegen ihrer Eigenwilligkeit Schwierigkeiten mit Meiko hatte, sollte bald seine Hauptdarstellerin zu schätzen wissen, und so schufen sie eine brodelnde Mixtur aus sadistischer Gewalt, schmerzvoller Erotik und avantgardistischen Brechungen (Filmsets mit plötzlich sich in Gang setzenden Drehbühnen, Verweise auf das Kabuki-Theater, eine durch eine Glasscheibe von unten gefilmte Vergewaltigung...) Wie später in Lady Snowblood, nur in einem stilistisch völlig entgegengesetzten Gewand, kämpft sich Kajis Hauptfigur Nami Matsushima, Matsu genannt, mit finsterem Blick und ohne viele Worte zu machen, durch eine feindliche Welt, bis sie Rache nehmen kann.
Meiko Kaji verschmilzt dermaßen mit ihrer Rolle, dass sie nie etwas anderes ausstrahlt als den Schmerz und das unbeugsame Bedürfnis nach Rache, das sie - betrogen um ihre Unschuld, ihre Liebe und ihre Freiheit - empfindet. Dass ihre Rolle etwas freizügiger gestaltet ist als in ihren späteren Filmen, wirkt sich nie als erotische Stimulation aus, sondern verstärkt nur den Eindruck der Hilflosigkeit, die durch die Entblößungen ausgedrückt werden. Den Glasboden, über dem Matsu missbraucht wird, verlässt sie nicht, auch als Sugimi, ihr Geliebter, sie höhnisch mit Geldscheinen bewirft. Als sie aufblickt und der Schmerz in ihrem Blick der Rachedrohung weicht, färbt sich der Glasboden glühend rot. Ihre rechte Brust bedeckt sie nach der Vergewaltigung bis zum ersten Racheakt nicht; sie konserviert den Zustand der Vergewaltigung, will jeden Gedanken an Vergebung in sich abtöten. Archaische Erzählmuster werden evoziert, die unweigerlich zu einem blutigen Ende führen, keine Versöhnung zulassen. Wenn Matsu lächelt, dann ist sie am meisten zu fürchten.
Den Gefängnisaufenthalt duldet Matsu mit stummer Gleichgültigkeit. Die Foltern, denen sie ausgesetzt ist, erträgt sie ohne Widerspruch, nur wenn sie eine Gelegenheit zur Gegenwehr sieht, fügt sie ihren Peinigern mit kleinen, fast versehentlich scheinenden Tricks großen Schaden bei. Einer wildgewordenen Mitgefangenen knallt sie wie beiläufig eine Glastür vor den Kopf, worauf ihre Gegnerin sich unter einem schlagartigen Wechsel der Lichtverhältnisse in einen Kabuki-Dämon verwandelt und auf Matsu mit einer Glassscherbe losgeht.
Gewalt ist in diesem Gefängnis omnipräsent. Bei deren Inszenierung wird der Film leider etwas schwach. Schläge und Tritte gehen überdeutlich am Körper vorbei, bei einer Erdrosselung schließen sich die Hände nicht einmal andeutungsweise um den Hals. Das ist so eindeutig, dass es wie Absicht wirkt, trotzdem hätte man da sorgfältiger arbeiten müssen. Aber der Film bietet genug Brutalität, um dennoch alles andere als harmlos zu sein, und setzt sie mit einiger Symbolkraft um - so erscheint sowohl bei der Entjungferung als auch beim finalen Racheakt ein runder, sich ausbreitender Blutfleck als Sonnenkreis der japanischen Flagge und wirft so die Frage auf, ob Matsu eher ein Symbol für die japanische Nation in ihrer schwierigen Lage nach dem Weltkrieg darstellt oder als Opfer der landestypischen sozialpolitischen Strukturen markiert wird.
Trotz der Spannung und der Gewaltlastigkeit des Films kann daher keine Rede von sinnfreier Unterhaltung sein. Shunya Itos Film zeigt das künstlerische Potential, das Genrefilme in der Hand kluger Regisseure besitzen. Und mit Meiko Kaji hat er die Traumbesetzung für die Rolle der Sasori an Bord. So begann eine Filmreihe, die heute mindestens so sehenswert ist wie damals.