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Der 1978 veröffentlichte „Faces of Death“ löste seinerzeit einen internationalen Skandal und eine umfassende Diskussion über Gewaltdarstellung im Film. Der Film rückte zudem das zuvor interessante Genre des Mondofilms in ein noch schlechteres Licht und gab eine neue Dimension des Voyeurismus vor: Plakative Ausbeutung des Todes, alles zum rein kommerziellen Selbstzweck. Tatsächlich hat die Reihe, die dem Original folgte und das Konzept beibehielt, ihren Macher John Allan Schwartz finanziell abgesichert und mit verhältnismäßig wenig Aufwand großen Erfolg erzielen können. Die durchweg negativen Kritikerstimmen taten dem Erfolg keinen Abbruch sondern begünstigten die willkommene Kontroverse. Da nur wenig Material zur Entstehung und Wirkung dieser berüchtigten, größtenteils totgeschwiegenen Filme existiert, rankten sich im Laufe der Jahre viele Legenden.

Die meisten davon handeln von der angeblichen Echtheit der gezeigten Szenen, welche zu großen Teilen inszeniert sind. Da aber schon im Abspann des ersten Teils darauf hingewiesen wird, kann man nicht von Etikettenschwindel reden. Berühmte Szenen wie der Clip um das verspeiste Affenhirn, die Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl oder auch das bizarre Riesenblutegel. In „Faces of Death: Fact or Fiction“ berichtet Schwartz von den schwierigen Umständen, an authentisches Material zu gelangen. Aufgrund von zahlreichen rechtlichen Problemen war es leichter über verschiedene Szenarien Informationen einzuholen und diese möglichst glaubwürdig in Szene zu setzen. Teilweise, beispielsweise beim Affenhirn, gelingt dieses Unternehmen auch hervorragend. Der clever gesetzte Schnitt verbirgt die Künstlichkeit der Szene und die angeekelten Gesichter der Darsteller beim verspeisen des falschen Hirns sind nicht gestellt. Der Geschmack des Affenhirnersatzes muss wohl so übel gewesen sein, dass es der Wirkung der Szene sehr zugute kommt. Solche Anekdoten sind leider zu selten in der selbstverliebten Kurzdokumentation, die sich der Mythen um „Faces of Death“ anzunehmen versucht.

Von einem unabhängigen Team wäre aus dieser Ausgangssituation sicherlich ein interessanter Film entstanden, aber die Doku stammt von Schwartz selbst und ist stilistisch seinen alten Mondofilmen nachempfunden. Schwartz selbst gibt sich also mysteriös, verfremdet, er zeigt nie sein Gesicht und verbirgt sich im Schatten. Sein Blick auf die Filmreihe selbst fällt dabei unangenehm selbstverliebt aus und lässt ironische Distanz vermissen. So versucht der Regisseur seine Shockumentaries immer noch als seriöse Reflektionen über den Tod zu verkaufen, als Warnung, Abschreckung und Mahnmal. In der empfehlenswerten Dokumentarreihe „The Dark Side of Porn“ tritt Schwartz dagegen auf als sympathischer alternder Mann, der scheinbar jede Menge zu erzählen hat über die obskuren Untiefen des Exploitation-Kinos. Umso enttäuschender, dass er sich hier wieder als sein Alter Ego Conan Le Cilaire auf, der zwar niemals als Figur in der Reihe auftrat, dessen Name aber durchgängig als Pseudonym für Schwartz herhielt. Hier versucht er einen ähnlichen Mythos um den Macher der Reihe zu kreieren wie um die Filme selbst, was ihm aber keineswegs gelingt.

Geradezu drollig naiv ist der Versuch im Stil der Mockumentary ein originelles Selbstportrait zu liefern, um diesen Effekt zu verstärken ließ Schwartz auch seine Stimme verfremden und verpflichtete einen Darsteller, der angeblich als medizinischer Experte an „Faces of Death“ arbeitete und mittlerweile durch Krankheit dem Tod selbst angeblich nahe steht. Für einen Todkranken macht er allerdings einen vitalen Eindruck und wenn er berichtet, wie ihm „Faces of Death“ den Tod erst richtig bewusst gemacht und nahe gebracht hat, dann kann man sich entweder an der unfreiwilligen Komik des Gezeigten erfreuen oder einfach verärgert abschalten. Denn letztendlich ist „Fact or Fiction“ nichts weiter als der klägliche Versuch eines abgeschriebenen Filmemachers, für seine antiquierten Gewaltfilmchen noch einmal verzweifelte Werbung zu machen.

Mit weniger als einer Stunde ist die Laufzeit knapp bemessen, die künstlich in die Länge gezogen wird von Filmausschnitten. Teilweise wirklich sinnvoll, beispielsweise um die Schnitttechniken oder andere Details in Erinnerung zu rufen, in der hier gebotenen Ausführlichkeit sind diese Ausschnitte aber schlichtweg prätentiös. Insgesamt also nur interessant wenn man sich intensiv beschäftigen will mit den originalen Filmen, ihren Entstehungen und ihrem Genre. Doch selbst unter Erfüllung dieser Voraussetzungen kann der Zuschauer nur wenig mitnehmen aus der formal uninteressant gestalteten Mockumentary. Beinahe ebenso platt wie die alten Filme, die spärlichen Infos werfen aber zumindest etwas Licht auf die Entstehung eben dieser.

02 / 10

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