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Peter macht mit seinem Sohn Robin Urlaub am Strand. Die Idylle wird jäh zerstört, als dort ein Feuergefecht entbrennt und Robin von einem gewissen Childress entführt wird. Der verzweifelte Peter macht sich auf die Suche, benötigt dafür aber die Hilfe des Mädchens Gillian, die die unheimliche Gabe der Telekinese besitzt und damit nicht nur in der Lage ist, den Vermißten aufzuspüren, sondern auch (zu ihrem eigenen Unwillen) bei höchster Konzentration Köpfe bluten zu lassen...

Wer in seinem Leben schon den ein oder anderen Film von Brian de Palma gesehen hat, dem ist mit Gewißheit schon aufgefallen, daß seine Plots noch nie vor Originalität strotzten. Hin und wieder nimmt er sich eingestandenermaßen Alfred Hitchcock als Vorbild, zitiert einzelne Szenen aus dessen Werken - mit Vorliebe die Duschszene aus „Psycho“ - und baut drumherum seine eigenen Ideen. Im Falle von „Teufelskreis Alpha“ (Originaltitel: „The Fury“) sieht das schon anders aus: John Farris schrieb seinen eigenen Science-fiction-Roman (ohne Hitchcock-Elemente!) drehbuchtauglich um.

Das jedoch ging leider gründlich in die Hose, weil einfach keine klare Linie deutlich wird, wovon die knapp zwei Stunden überhaupt handeln sollen. Deutet das erste Viertel noch auf ein abenteuerliches Drama hin - Peter (Kirk Douglas) begibt sich auf die Suche nach seinem geliebten Sohn (Andrew Stevens) -, so scheint das Skript danach diesen Handlungsstrang fast völlig aus den Augen zu verlieren, und Gillian (Amy Irving, die kurz zuvor schon eine Nebenrolle in „Carrie“ übernahm) wird als neue Hauptfigur, die in einer großen Praxisanlage ihre übersinnlichen Fähigkeiten in geordnete Bahnen zu bekommen versucht, etabliert, ehe sich auf Umwegen beide Geschichten endlich vereinen.

Bis dahin ist das Drehbuch ein wüster Genremix: Die komödiantischen Einlagen sind dabei zwar recht amüsant, aber nur aufgesetzt und folglich absolut deplaziert (Peters Zwischenaufenthalt bei der Familie), genauso wie die nächtliche Autoverfolgungsjagd, die den einzigen Zweck erfüllt, eine Portion Action mit Explosionsgarantie in die Handlung einzubringen. Letztlich sind aber gerade diese Minuten ob ihrer Vorhersehbarkeit das langweiligste am ganzen Film und verleiten zum Vorspulen.

Nach ein bißchen Thriller, Komödie und Action folgt dann der interessanteste und reizvollste Part, der zwar erst auch nicht recht in die Pötte kommt, aber ungefähr bei Halbzeit gehörig an Fahrt gewinnt - nämlich genau dann, als Gillian ihre erste Vision bekommt. Und von da an kann ich de Palma einfach nicht mehr böse sein, denn jetzt gelingt es ihm, die inhaltlichen Unzulänglichkeiten (für alle, die so gerne nach logischen Löchern suchen wie ich, ist dieses Exemplar eine wahre Fundgrube) mit seinem Inszenierungsstil, den er wie wohl nur wenige andere Regisseure beherrscht, mehr als nur auszugleichen und „Teufelskreis Alpha“ zu einem echten Erlebnis zu machen, nämlich indem er seine Bilder sprechen läßt. Er schafft Augenblicke von seltener Faszination.

Besonders beeindruckend geworden ist Gillians Flucht aus der Klinik. Die Szene ist in Zeitlupe gehalten, über die zudem erdrückend laut die aufpeitschende Musik von John Williams eingesetzt wird, wodurch die wundervollen weichen Bilder umso intensiver und dramatischer daherkommen, gerade weil der Kontrast zwischen Sonnenstrahlen und einem tragischen Zwischenfall dermaßen ins Auge sticht. De Palma erreicht bei einigen Sequenzen gar den Surrealismus eines Alptraums, wenn Menschen durch die Luft gewirbelt werden und an Wänden schweben. Spannung und Atmosphäre kommen dabei beinahe zwangsläufig auf.

Den schaurigen Höhepunkt hebt sich de Palma für den Showdown auf. Als der Zuschauer schon mit dem jeden Moment eintretenden Abspann rechnet, bekommt er doch noch einen astrein wirkenden Paukenschlag präsentiert, der einem den Film auch noch über Wochen hinaus in Erinnerung halten wird. Wenngleich filmhistorisch wertlos und zum reinen Selbstzweck auf den bloßen Effekt hin inszeniert - die Szene wirkt, und das nicht zu wenig.

Ebenso bemerkenswert der Umgang mit den einzelnen Figuren. Der Regisseur verzichtet auf ein Friede-Freude-Eierkuchen-Ende. Im Gegenteil: Nicht nur die Bösewichte, sondern auch ein großer Teil der „Guten“ wird die Geschichte nicht überleben, ganz gleich, wer hier Hauptdarsteller ist und wer nicht. Verständlich, daß sich ein solch ungewöhnlicher Schluß eher ins Gedächtnis brennt als ein erfreulicher.

Schauspielerisch ist das alles überaus durchwachsen. Kirk Douglas sehe ich immer wieder gern, hier wird er jedoch, was besonders dem Drehbuch anzulasten wäre, verschenkt und irrt wie Falschgeld durch die Handlung. Ähnliches gilt auch für John Cassavetes (Childress), der zwar von Beginn an das Ekelpaket spielt, das den Tod vollauf verdient hätte, darüber hinaus aber keinen einprägsamen Eindruck hinterläßt. Andrew Stevens war nie der dramatische Mime, Bestätigung findet man in „Teufelskreis Alpha“ - dem nimmt man weder die Rolle des sensiblen Vatersöhnchens (da wird‘s eher unfreiwillig lustig) noch die der apathischen Killermaschine ab. Positiv überraschen kann Amy Irving, und Carrie Snodgress macht als Douglas‘ Filmgeliebte Hester ebenso eine passable Figur.

Fazit: Tja, ein typischer de Palma: Kein Meisterwerk, wieder nichts Bedeutendes innerhalb des Genres, dafür mit etlichen unvergeßlichen Szenen, einem Bilderrausch, der einen gefangen nimmt und erst wieder entläßt, wenn der Abspann vorüber ist. In diesem Fall pfeife ich auf die abstruse Story - solange de Palma mit solch faszinierenden Sequenzen um sich wirft, will ich auch mal die eklatanten Schwächen beiseite lassen. Mein Tip: Einfach Hirn ausschalten, sich berieseln lassen, dann wird man auch gehörig mitfiebern können.
GESAMT: 7/10

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