Maria voll der Gnade
Es gibt sie immer wieder, diese Filme der Kategorie " Kleines Filmjuwel abseits des Mainstreams zum für sich entdecken". Dieser hier ist einer davon.
Es geht um ein kolumbianisches Mädchen welches in ärmlichen Verhältnissen leben muss. Um die Familie zu unterstützen hat sie einen Job in einer Blumenfabrik der nicht gerade fürstlich entlohnt wird. Das Leben
ist für sie alles andere als einfach und die neue Erkenntnis ihrer Schwangerschaft trägt nicht gerade zur Besserung bei.
Nachdem sie dann aus dem Job fliegt und auch mit ihrem Freund Schluss ist, fasst sie, Maria, einen folgenschweren Entschluss:
Sie will als "Maultier", als Drogenkurier zwischen den Ländern, arbeiten um mit dem vielen Geld endlich ihr Leben
so zu regeln wie sie es gerne hätte. "Maultiere" müssen dazu mehrere kleine Päckchen voll mit Heroin und ähnlichem schlucken und dann in ihrem Magen in andere Länder, hier die USA, schmuggeln. Die Gefahr, dennoch gefasst zu werden ist hoch, auch droht der Tod wenn auch nur eines dieser Päckchen im Magen aufplatzt.
Doch Maria willigt ein. Zu groß ist der Wunsch ihrem Leben und ihrer Familie zu entfliehen, zu verheißungsvoll die
Aussagen eines anderen "Maultiers" in Amerika sei alles fast schon zu perfekt. So begibt sie sich auf eine Reise die ihr Leben für immer verändern wird.
Das alles wird in sehr nüchternen, eher realistischen Bildern gezeigt, auch aufgrund des hohen Einsatzes der Handkamera.
Es gibt keine besonderen Bild-, Kamera-oder Spezialeffekte zu bewundern. Die Kamera zeigt einfach das was passiert und so wirkt die Inszenierung fast dokumentarisch wie etwas spartanisch.
Und doch genau richtig in seiner Verhaltenheit dosiert.
Auch gibt es keine allzu flächig angelegte Filmmusik welche eine etwaige Spannungskurve oder Dramaturgie
untermalen würde. Die meisten Musikstücke ertönen immer nur situationsbedingt aus irgendwelchen Boxen
in Autos, auf Parties, Kneipen etc.
Da fragt man sich, was den Film so besonders macht. Es ist ganz einfach: Anders als in durchaus vielen anderen
Filmen ist dem Zuschauer das Schicksal der Protagonistinnen alles andere als egal. Mehr noch, der Film
bezieht seine ganz eigene Dramaturgie und Spannung aus dem Mitfiebern und Mitfühlen des Zuschauers mit den Mädchen im Film, die sich immer mehr in schwierige und riskante Stituationen bringen. Man drückt ihnen regelrecht die Daumen, es möge doch bitte alles gut laufen
und manch einen dummen Ausrutscher im Film möchte man am liebsten selber und höchstpersönlich mit einem
"Du blöde Kuh, sei doch endlich still!" bestrafen. Die Charaktere jedenfalls werden einem glaubwürdig und auch wirklich nahegebracht, man lernt sie zu verstehen und kann sich in ihre Lage hineinversetzen.
Und es ist die Stärke des Films sich eben auf jene Charaktere und ihre Schicksale zu konzentrieren.
Dies wäre nicht denkbar gewesen mit Schauspielern die nichts von ihrem Handwerk verstehen würden.
In der Tat versteht , ganz nüchtern und unter Berücksichtung eines bestimmten Faktes, die Hauptdarstellerin tatsächlich nicht soo viel von ihrem Handwerk im Sinne von Erfahrung und Professionalität.
Denn Catalina Sandino Moreno( was für ein Name!) gab hiermit nicht nur ihr Leinwand- sondern auch gleich ihr generelles Debüt als Darstellerin vor irgendeiner Kamera o.ä. . Ja, sie ist eine Laiendarstellerin und wurde zufällig beim Casting entdeckt. Und ähnlich wie für "New World" Q'Orianka Kilcher, erweist sich Moreno als absoluter Glücksgriff für "Maria voll der Gnade". Man mag ihr durchaus anmerken, dass sie noch nicht viel Erfahrung hat,
aber genau diese Unbekümmertheit und Natürlichkeit lassen letztendlich den Charakter und somit auch den Film glaubwürdig als auch lebendig erscheinen. Trotzdem ist ein enormes Talent nicht von der Hand zu weisen:
Ihr Blick schwingt meist zwischen skeptisch und verunsichert hin und her und lässt ihr Inneres sehr gut erahnen.
Und in den Szenen wo wirklich Emotionen gezeigt werden, so kauft man ihr nicht mehr die Darstellung ab, nein:
Wenn sie sich über das erste Ultraschallbild ihres Babys freut, sie aufgrund von Schuld und Trauer anfängt zu weinen oder sie aufbrausend erscheint, dann sehen wir keiner Darstellerin mehr zu
sondern einer echten Person. Es wirkt schlicht und ergreifend echt. Und irgendwie kann man dazu nicht viel mehr sagen und doch ist die Darstellung auch das höchste was man erwarten konnte, nämlich dem Film als Ganzes letztendlich absolut dienlich.
"Maria voll der Gnade" gewann mehrere Preise, darunter den Publikumspreis des berühmten Sundance Festivals.
Catalina Sandino Moreno gewann den Silbernen Bären als beste Schauspielerin und wurde für den Oscar als
beste Hauptdarstellerin nominiert(bei ihrem ersten Film!).
Das alles durchaus zurecht.
Am Ende mag man kurz den Eindruck haben, der Film würde zu früh enden. Doch eigentlich endet er perfekt:
Auf dem Höhepunkt aller Ereignisse. Und der Zuschauer nimmt ein gutes wie optimistisches Gefühl nach Hause.
"Maria voll der Gnade" ist ein wirklich sehr, sehr sehenswertes Coming- of- Age Drama, einfühlsam wie nüchtern erzählt und getragen von gut gezeichneten und klasse gespielten Charakteren. Meine Empfehlung:
Einfach mal entdecken!