Das Problem bei The Shadow Whip [ OT ] ist, dass er nur so aussieht, wie man ihn gerne hätte.
Würde das Äussere der in Totalen effektvoll in Szene gesetzten Optik fehlen - über dessen anmutige Pracht als Sujet Das Buschgespenst sicherlich neidisch ist - wäre fast gar nichts mehr vorhanden. Deswegen ist man auch nicht der Weihnachtsklassiker schlechthin und nimmt auch im Schema der Eastern eine höchst mittelmässige Stellung ein. Einzig im Kontext zum sonstigen Schaffen Lo Weis mag dieser quota quickie etwas herausstechen; vor allem, wenn man dessen Ruf enger in Betracht zieht.
Lo war auch unter der Herrschaft der Shaws eher der Agrarier, bestellte dort das Feld aber weitaus geschickter als zu Zeiten der missglückten Jackie Chan Anfänge. Im Nachhinein nimmt Einem sowieso Wunder, wie die Arbeiten aus einer so enganliegenden Epoche derartig unterschiedlich aussehen konnten und wievielen Betätigungen Lo nachging, ohne wirkliche Grundzüge in seiner Filmographie zu hinterlassen. Von schwarzweiss gehaltenem wuxia pian über Cathay Asia Dramen, James Bond artigen Thrillern, Trashkrimis, Kung Fu Filmen und derem Subgenre der Bruce Lee Klassiker hin zu den verbilligten Wald - und - Wiesenkloppern ist ja alles vorhanden, wonach die Zeit gerade gierig war. Die Anpassungsfähigkeit, begründet durch die Verrichtung in verschiedenen Studios mit unterschiedlichen Arbeitskreisen und die wohl darauf berufend weitgehend unauffällige Regieführung ohne nennenswerte Charakteristika zeichnen auch dieses Werk aus; welches vor allem mit einem besseren, weil richtigen Skript so viel mehr hätte erreichen können. Aber da fehlte wohl der Ehrgeiz zu, oder vielleicht auch wirklich das Extraquentchen Talent. Lo ist zwar bei weitem nicht so schlecht wie sein [späterer] Ruf, aber auch nicht wirklich der allergrösste Regisseur aller Zeiten.
In seiner letzten Shawproduktion schafft er es zumindest, die Einführung in klassischer Distanz - Nähe - Relation zu forcieren und ganz nebenbei mit der permanent weissen Schneelandschaft und seiner alpinen Eskalation für wunderbare Bilder zu sorgen. Das winterliche Frostwetter, die unter gefrorenem Niederschlag bedeckten Landschaften und die im Pelz eingemummelten Personen ergeben ein besonders zu dieser besinnlichen Jahreszeit selten so stimmiges Bild ab, dass man allein durch den willkommenen Klimawandel binnen weniger Sekunden eine angenehme Atmosphäre schaffen kann. Perfekt symbolischer Umraum, auf dessen Plateau der Grenzerfahrung und Abgeschiedenheit es zur letzten Entscheidung kommt. Viel mehr als nur eine Augenblicksarchitektur oder ein rein dekoratives Moment, sondern Sinnbild für die menschenleere Unendlichkeit. Dazu noch ein intoniertes Teilstück der Chinesischen Oper und fertig ist die Voraussetzung für einen reich gedeckten Gabentisch. Nur leider sind die Geschenke beinah hohl; nur das umwickelte Papier macht den einredenden Eindruck, dass man sich weiterführende Gedanken um die Bescherung gemacht hat.
Fan Cheng-tian [ Tien Feng ], die "Shadow Whip", hat sich fünfzehn Jahre vor der Vergangenheit in der Einöde versteckt. Doch auch dort steht die Zeit nicht still, jetzt tauchen nicht nur der ihn herausfordernde Wang Jian-xin [ Yueh Hua ], sondern auch Chief Hong Da-peng [ Ku Feng ] mit seinen Serial Trio und altem Rachedurst sowie eine sechzehnköpfigen Banditenbande auf, die ihm alle an den Leib wollen.
Seine Nichte Yang Kai-yun [ Cheng Pei-pei ] stellt sich schützend an seine Seite.
Viel ist das nicht, reicht dann auch nur mit Kraftbeanspruchung über die 75min Laufzeit und dreht sich dabei auch schneeblind schnell im Kreis. Die jeweiligen Oppositionen haben alle dasselbe Ziel, aber selbstverfreilich mannigfache Quellen für das Missverhältnis zu Fan; dafür werden rein konventionelle Bestätigungsverfahren aus vermeintlich früheren Geschehen angewandt. Yang ist zudem erst seine Nichte und wird dann als seine Tochter beschuldigt.
Andererseits wird der Status dieser Streitexistenz unsicher gemacht: Fan gibt sich unschuldig.
Und Yang weist auch alles von sich.
Also ein Ereignis in verschieden zueinander in Widerspruch stehenden Versionen. Denkbar viele Kombinationen von Funktoren, mit denen alle restlichen eliminierbar sind, garniert mit Eiszapfen. Die Abduktion geht von mehreren überraschenden Sachverhalten aus und endet als Hypothese über einen weiteren Sachverhalt, der als die Ursache der früheren gilt. Die Aufklärung dieser im inneren Widerspruch unmöglichen narrativen Welt erfolgt erst im Kampf, dann in einer schön eingravierten Rückblende und final im Showdown.
Damit man im Hin und Her des Varriierens paralleler Situationen nicht die Orientierung verliert und witterungspassend ins weisse Nichts tappst, hat man für zwei Landmarken in der Ungastlichkeit gesorgt. Die Ereignisse treiben von einem grösseren Rasthaus zu einer kleineren Schenke und zurück; hält sich das Handlungsfeld wenigstens ebenfalls einladend klein. Die schon eher undramatische Qualität des Stoffes zumindest in diesem unscharfen Sammelbegriff bietet weniger für einen spannenden plot und schon gar nicht für seelische Verhaltensstudien an; findet also auch nicht statt. Mit klammen Fingern schreibt es sich auch schlecht und hat man entsprechend für mildere Regionen aufbewahrt. Dafür ein Mantel - und - Peitschenfilm im strukturierten Durcheinander, der mit zahlreichen Aufführungen des Ochsenziemers auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt wieder die Erinnerung hervortreibt. Der Umgang mit dem schwerer zu bändigen Instrument gegenüber dem tödlichen Schwert erscheint erst mal chancenlos; aber wenn die Gegner flagelliert, in die Luft gewirbelt und ganze Beine damit abgerissen werden, stellt sich der Nachteil doch als Illusion heraus. Die Action wird weiter vorangetrieben, weil man sich selbst im eigenen Heim partout weigert, Türen und Fenster zu benutzen und stattdessen immer über die Mauern springt - wenn man nicht gleich unleidlich quer durch die Einrichtung prescht. Die kleineren Wire Fu Attacken sind nicht ganz ernstzunehmend; auch Lo's undefinierbare Spielerei am Geschwindigkeitsregler und die Bewegung vor der Kamera statt mit ihr ist kein Indiz für allzu grosses Können.
Letztlich bekommt man einen althergebrachten, aber wenigstens nicht langweiligen Come Drink with Me Aufguss inmitten sagenhaft ästhetischer Eiskristalle. Am Besten mit Grog und Lebkuchen geniessen, dann wird es gleich viel wärmer ums Herz.